Das jüngste Hochwasser in Bayern und Baden-Württemberg wird die Versicherer nach Schätzungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) zwei Milliarden Euro kosten. Doch die Schadensumme könnte sogar noch steigen: Erst, wenn das Wasser der Donau abgeflossen ist, sind genauere Schätzungen möglich.
Das Hochwasser in Bayern und Baden-Württemberg beschäftigte in den letzten beiden Wochen die Republik: Sechs Menschen verloren ihr Leben, Innenstädte wurden überflutet, Häuser, Infrastruktur und Fahrzeuge beschädigt. Bereits bei den dramatischen Bildern war abzusehen, dass der finanzielle Schaden auch diesmal hoch sein wird. Am Freitag hat nun der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) erstmals geschätzt, auch welche Schadensummen sich Privatversicherer werden einstellen müssen.
"Wir erwarten versicherte Schäden in einer Größenordnung von etwa zwei Milliarden Euro", sagte der Hauptgeschäftsführer des GDV, Jörg Asmussen, am Freitag in Berlin. Und schränkte zugleich ein, dass genauere Schätzungen noch nicht möglich seien. “Weil insbesondere an der Donau das Hochwasser noch nicht abgelaufen ist, haftet dieser Schätzung noch eine gewisse Unsicherheit an”, so Asmussen. Nach Ende der Hochwasserlage wolle der Verband daher erneut den Stand der Schäden bei seinen Mitgliedsunternehmen abfragen.
Damit sehen sich die Versicherer mit der dritten Hochwasserkatastrophe innerhalb weniger Monate konfrontiert. Über die Weihnachtsfeiertage traten in Nord- und Mitteldeutschland zahlreiche Flüsse über die Ufer und verursachten Schäden von schätzungsweise 200 Millionen Euro. Ähnlich teuer für die Versicherer waren nach vorläufigen Hochrechnungen des GDV die Überschwemmungen an Pfingsten im Saarland und in Rheinland-Pfalz. Die bislang folgenschwerste Katastrophe war die sogenannte Juli-Flut von 2021, bei der ein versicherter Schaden von neun Milliarden Euro entstand.
"So viel, wie gebraucht wird, wird es am Ende geben"
Die jüngste Hochwasserkatastrophe hat auch die Debatte um eine Pflichtversicherung für Elementarschäden neu befeuert. In Bayern hat die Landesregierung Soforthilfen von 100 Millionen Euro für Betroffene bereitgestellt, aber das dürfte nur ein Bruchteil der Kosten sein. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte kurz vor der Europawahl den Betroffenen zugesagt, dass sie ihre Schäden ersetzt bekommen. „So viel wie gebraucht wird, wird es am Ende geben“, so Söder. Er forderte auch Gelder vom Bund.
Doch werden mit solchen Zusagen nicht Fehlanreize geschaffen, sein Haus nicht privat gegen Elementarschäden zu versichern, wenn Bund und Länder am Ende für Hochwasserschäden zahlen? Bayern ist eines der Bundesländer, in der die private Vorsorge vergleichsweise niedrig ist. Nur 47 Prozent der Immobilien haben nach GDV-Zahlen einen Elementarschutz. Auch Markus Söder hat sich nun für eine Elementarschadenpflicht ausgesprochen. “Ich plädiere nachhaltig dafür, dass wir diese Elementarschadensversicherung haben“, sagte Söder dem „Bayerischen Rundfunk“.
Der GDV signalisiert nun Gesprächsbereitschaft. „Wir stehen bereit für Gespräche mit der Politik“, sagte Asmussen am Freitag. „Für uns ist wichtig, dass wir nicht ausschließlich über Versicherungslösungen diskutieren, sondern dass wir in Deutschland viel mehr tun, um Naturgefahrenschäden zu vermeiden. Dazu gehören zum Beispiel bessere Hochwasserschutzanlagen. Nur so können wir die Spirale aus steigenden Schäden und steigenden Prämien durchbrechen“, so Asmussen.
Nur einen Tag zuvor hatte Oliver Hauner, beim GDV unter anderem für Schadenverhütung verantwortlich, die Politik scharf kritisiert, weil sie nach seiner Ansicht den Hochwasserschutz vernachlässige. "Da muss man schon mal unangenehme Fragen stellen", sagte Hauner am Donnerstag in Berlin. Als Beispiel nannte er Dammbrüche, die nach Einschätzung des GDV vermeidbar gewesen wären: "Ein Deich, der nach zwei Tagen Regenfällen bricht, der nicht überspült worden ist, der nicht durchweicht ist." Deiche müssten gepflegt werden :“Das ist ein Schutzbau, das ist nicht ein Erdwall, der herumliegt, den man zwanzig Jahre vernachlässigen kann.“ Fast zeitgleich bemängelte der GDV, dass rund 300.000 Immobilien in Deutschland in Überschwemmungsgebieten gebaut worden seien.