Pflegeversicherung erwartet Milliardenloch

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Die gesetzliche Pflegeversicherung wird in diesem und im kommenden Jahr voraussichtlich tiefrote Zahlen schreiben. Schon für 2024 wird laut GKV-Spitzenverband ein Defizit von 1,5 Milliarden Euro erwartet - im kommenden Jahr könnte es noch steigen. Gesetzlich Versicherte müssen sich auf steigende Pflegebeiträge einstellen.

Die gesetzliche Pflegeversicherung wird im Jahr 2024 voraussichtlich ein Defizit von 1,5 Milliarden Euro aufweisen. Das berichtet Gernot Kiefer, stellvertretender Vorstandschef des GKV-Spitzenverbands, laut dpa-AFX bei einer Veranstaltung in Brandenburg. Bereits im ersten Quartal 2024 habe das Defizit 650 Millionen Euro betragen.

Doch für das kommende Jahr ist keine Besserung in Sicht. 2025 könnte das Defizit sogar auf 3,4 Milliarden Euro anwachsen, was einer Beitragsanhebung von 0,2 Prozentpunkten entsprechen würde. Folglich könnte der Pflegebeitrag schon bald angehoben werden müssen. Bereits der Verband der Ersatzkassen Nordrhein-Westfalen (VdEK) hatte im Mai gewarnt, dass ohne eine entsprechende Anpassung die Pflegekassen in finanzielle Probleme geraten könnten. „Die Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit des Gesamtsystems macht nach aktueller Datenlage eine Beitragssatzanhebung voraussichtlich schon zu Beginn des Jahres 2025 erforderlich“, sagte der VDEK demnach der „Rheinischen Post“.

Die Bundesregierung darf per Rechtsverordnung den Pflegebeitrag raufsetzen, wenn die Finanzreserven der Pflegekassen derart schrumpfen, dass sie weniger als eine Monatsausgabe betragen. Das könnte nach den Berechnungen des DEVK-Verbandes bereits im ersten Quartal 2025 der Fall sein. Ähnlich hatte sich bereits der unabhängige Stabilitätsrat geäußert: ein Gremium, das die Haushaltsführung von Bund und Ländern überwacht. „Schon im kommenden Jahr rechne ich mit einer Erhöhung der Sozialversicherungsbeiträge um mindestens einen halben Prozentpunkt“, sagte der Beiratsvorsitzende Thiess Büttner der „Bild“.

Derzeit sehen sich die Pflegekassen mit steigenden Kosten konfrontiert: Über die Ursachen wird gestritten. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte darauf hingewiesen, dass die Zahl der Pflegebedürftigen 2023 stärker gestiegen ist als erwartet: 360.000 Menschen seien neu pflegebedürftig geworden. Er sprach von einem „explosionsartigen Anstieg“. Dem hatten die GKV-Verbände teilweise widersprochen: Der Anstieg habe nur leicht über dem Durchschnitt der letzten Jahre gelegen.

Weitere Gründe sind die steigenden Kosten in Pflegeheimen und bei ambulanten Diensten aufgrund der hohen Inflation. Für Materialien, Medizin und Dienstleistungen müssen auch die Pflegeanbieter mehr bezahlen. Die Inflation trägt zusätzlich dazu bei, dass die Entlastung des Pflege-Eigenanteils für Heimbewohner teurer wird. Je nach Aufenthaltsdauer im Heim erhalten Pflegebedürftige Zuschläge, wenn sie vollstationär betreut werden müssen. Laut einer Studie des Wissenschaftlichen Instituts der PKV (WIP) stiegen die Ausgaben hierfür 2022 von geplanten 2,75 Milliarden Euro auf 3,6 Milliarden Euro. Für 2024 werden Ausgaben von 5,4 Milliarden Euro erwartet. Das WIP warnt, dass ohne Reformen der Pflegebeitrag bis 2040 sich verdoppeln könnte.