Das Bundesjustizministerium lehnt eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden weiterhin ab. Damit stellt sich Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) gegen die Bundesländer, denn der Bundesrat hatte eine solche Pflicht explizit gefordert. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schaltet sich ein: Der Bund präferiere eine Angebotspflicht, aber keine Pflichtversicherung.
Nach Hochwasserkatastrophen wie jüngst in Süddeutschland vollzieht sich bisher ein beinahe eingeübtes Ritual: Sind hohe Schäden absehbar, springen Bund, Länder und Kommunen mit Soforthilfen ein und bieten im Anschluss weitere finanzielle Unterstützung, die aber in der Regel nicht ausreicht, um die enormen Kosten auszugleichen. Am Donnerstag haben sich nun Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ministerpräsidenten der Länder im Bundeskanzleramt getroffen, um über eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden zu beraten. Der Bundesrat hatte eine solche Versicherungspflicht gefordert. Während 99 Prozent der Immobilien in Deutschland durch eine Wohngebäudeversicherung geschützt seien, sei weniger als die Hälfte auch gegen Elementarschäden wie Hochwasser versichert, so hatte die Länderkammer bemängelt.
FDP lehnt Versicherungspflicht ab
Zu einer Einigung kam es am Donnerstag aber nicht, wie ZDF Heute berichtet. Denn die Bundesregierung stellt sich quer. Vor allem der federführend zuständige Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) ist gegen eine solche Pflichtversicherung, wie er bereits im Vorfeld der Gespräche deutlich machte. „Die aus dem Länderkreis geforderte Pflichtversicherung würde das Wohnen in Deutschland teurer machen, eine große Bürokratie nach sich ziehen und den Staat nicht aus der finanziellen Haftung nehmen“, sagte Buschmann am Donnerstagabend. Und ergänzte: „Uns verbindet, dass wir den Schutz vor Elementarschäden und ihren Folgen verbessern wollen, beim Weg sind wir uns nicht einig“.
Etwas detaillierter hatte sich Buschmann gegenüber Medien bereits vor dem Treffen geäußert. Eine Pflichtversicherung wäre Buschmann zufolge "mit ganz schwierigen Konsequenzen verbunden." Es bestehe die Gefahr, "dass wir möglicherweise Menschen aus ihrem Elternhaus vertreiben, die sich die Versicherungsprämie nicht mehr leisten können“. Eine Durchschnittsprämie, die die Kosten für alle finanzierbar halte, sei hingegen nur zu finanzieren, „wenn es einen staatlichen Einheitsversicherer gäbe“. Ein zu konstruierender Risikostrukturausgleich sei „unglaublich bürokratisch, unglaublich kompliziert“, warnte der Jurist.
Aber tatsächlich besteht bereits heute das Problem, dass Hauseigentümer in gefährdeten Regionen kaum bezahlbaren Versicherungsschutz finden. „Die Versicherungswirtschaft nimmt exponierte Lagen entlang fließender Gewässer sehr selektiv in ihre Policen auf, was zu deutlich unterdurchschnittlichen Versicherungsraten in den höheren ZÜRS-Zonen führt“, erklärte Carina Götzen, Aktuarin bei der Beratungsgesellschaft Meyerthole Siems Kohlruss, in einem Interview mit dem Versicherungsboten. In der Zürs-Zone 3 (mittleres Risiko, Überschwemmungshäufigkeit einmal in 10 bis 50 Jahren) liegen die Prämien für Elementarschutz oft deutlich über 2.000 Euro pro Jahr, während sie in der ZÜRS-Zone 4 (hohes Risiko, Überschwemmungshäufigkeit mehr als einmal in 10 Jahren) sogar über 3.000 Euro betragen können. Die Versicherungswirtschaft besteht darauf, die Risiken angemessen kalkulieren zu dürfen, und argumentiert, dass in Überschwemmungsgebieten erst gar nicht gebaut werden sollte.
Olaf Scholz plädiert für Angebotspflicht der Versicherungswirtschaft
Eine Art Kompromiss hat nun Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach dem Treffen vorgeschlagen: eine Angebotspflicht für Versicherer. Diese ist von einer Pflichtversicherung zu unterscheiden: Details sind unklar, aber die Idee sieht vor, dass die Versicherer auf die Hauseigentümer zugehen und ihnen Elementarschaden-Schutz anbieten. Das soll sowohl für Bestands- als auch Neuverträge gelten. "Alle müssen ein Angebot kriegen“, sagte Scholz. Es ist zu erwarten, dass die Versicherer hierbei auch die Höhe der Prämie nach Risiko festlegen dürfen.
Den Länderchefs aber reicht das nicht. "Freiwilligkeit wird das Problem der mangelnden Versicherungsabdeckung nicht lösen. Wir halten eine Pflichtversicherung weiter für richtig“, zitiert ZDF Heute den hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein (CDU). Die Versicherungsquote steige nur um zwei Prozent pro Jahr und damit zu langsam. „Und am Ende zahlt natürlich immer die Zeche der Steuerzahler, egal ob es ein Steuerzahler ist, der eine Versicherung hat oder der keine Versicherung hat. Und das ist aus unserer Sicht falsch“, so Rhein. Bundesregierung und Länder wollen aber im Gespräch bleiben, weitere Treffen seien anberaumt.