Milliardenhilfen für Hochwasseropfer zählen in Deutschland zum politischen Ritual nach Katastrophen. Doch Experten plädieren für eine Versicherungsreform nach französischem Modell, um zukünftige Kosten zu reduzieren und einen umfassenderen Schutz zu gewährleisten. Könnte das die Lösung für Deutschland sein?
Die Folgen von Naturkatastrophen sind immens. So plant die Bundesregierung im Haushalt 2024 noch immer 2,7 Milliarden Euro für Opfer der Hochwasser-Katastrophe im Ahrtal ein. Bereits im Sommer 2021 bewilligte die damalige Regierung ein Nothilfepaket mit einem Umfang von 400 Millionen Euro. Das veranlasste seinerzeit den Bund der Steuerzahler (BdSt) zu einer Mahnung: „Die Soforthilfen für die Hochwasser-Opfer sind wichtig, sie sollten unbürokratisch ausgezahlt werden. Allerdings muss sichergestellt werden, dass die Fluthilfen zielgerichtet sind und nur bei den Betroffenen ankommen – mögliche Betrugsfälle müssen im Nachhinein auf jeden Fall aufgeklärt werden. Mittelfristig muss man klären, welche Schäden Versicherungen tragen können. Wir müssen das Versicherungswesen so fit machen, dass solche Schäden versicherbar sind und nicht alles vom Staat beglichen werden muss“, so BdST-Präsident Reiner Holznagel 2021 gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Die Zielsetzung des BdST-Präsidenten könnte man heute noch immer genauso formulieren. Und genau darin liegt ein Problem. Auch beim nächsten Hochwasser wird es Staatshilfen, Notfall-Pakete und Steuererleichterungen geben. Dabei könnte die Kernforderung von Holznagel umgesetzt werden, wenn sich deutsche Politiker die französische Lösung zum Vorbild nähmen. Auch diese Forderung ist nicht neu und wurde 2021 von Dr. Carsten Zielke in die Debatte eingeführt (Versicherungsbote berichtete).
In der jüngsten Publikation des Versicherungsanalysten (‚Deutsche Sachversicherung - Im Zwang der Klimarisiken‘) wird erneut auf das französische Modell eingegangen. Jakob Thevis, stellvertretender Vorstand des Zentrums für Europäischen Verbraucherschutz, erklärt dessen Funktionsweise in einem Gastbeitrag. Dieses System gibt es bereits seit 40 Jahren im Nachbarland. Seit seiner Einführung musste der französische Steuerzahler nur einmal mit 263 Millionen Euro eingreifen, so Thevis. In seinem Beitrag umreißt er, wie das funktioniert.
So ist die Elementarschadenversicherung integraler Bestandteil von Sachversicherungen wie Hausrat-, Gebäude- und Kfz-Versicherungen. Die Prämien werden durch gesetzliche Vorgaben festgelegt (12 % der gesamten Versicherungsprämie für Gebäude- und Hausratsversicherungen und 6 % der Beiträge für Kfz-Versicherungen), wodurch eine hohe Versicherungsdichte ohne aufwendige Risikobewertung erreicht wird. Der Staat unterstützt die Versicherer durch einen Rückversicherer mit Staatsgarantie. Die durchschnittlichen Kosten für eine Elementarschadenversicherung betragen nur 26 Euro im Jahr und decken 98 % der Haushalte ab.
Dieses System wird ergänzt durch Präventions-Pläne, die auf kommunaler Ebene ausgearbeitet werden. Die so entwickelten Präventions-Maßnahmen werden wiederum vom Staat finanziell gefördert.
Zielke schlägt zudem vor, das französische Modell zur Grundlage eines europaweiten Systems zu machen, das auch die Herausgabe von Katastrophenbonds mit einschließt.