Erhöhte Wiederanlagequote auslaufender Lebensversicherungen dank Weiterbildung

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Die Beratung von 50plus-Kunden ist auch kommunikativ anspruchsvoll, meint Ronald Perschke, Vorstand des Bildungsdienstleisters Going Public! Im Gastbeitrag erklärt er, woran das liegt und warum es sich dennoch lohnt, diese Zielgruppe konzeptionell zu beraten.

89 Milliarden EUR wurden laut GDV im Jahr 2022 von Lebensversicherungen ausgezahlt – Tendenz weiter steigend. Über 86% davon in Form von Einmalzahlungen. Assekurata geht von einer Wiederanlagequote von 12 bis 13% aus. Dieser niedrige Wert zeigt das ganze Dilemma: Kunden sehen ihren Lebensversicherer offensichtlich nicht als geeigneten Partner zur Gestaltung Ihrer Ruhestandseinkommen. Was sind die Gründe bei Kunden und Vermittlern und was kann der Vermittler daran ändern?

Der Wiederanlagewert ist bei einigen Maklern und ungebundenen Vertrieben selbstverständlich höher. Denn dort ist Wiederanlage auch dann gegeben, wenn der Bestand gehalten werden kann, wenn auch bei anderen Anbietern. Es gibt hierzu leider keine klaren Daten, doch dürfte auch diese Form der Wiederanlagequote im Durchschnitt kaum über ein Drittel betragen.

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Alle diese Werte sind jedenfalls zu niedrig

Die Wiederanlagequote – in welche Produkte auch immer – sollte eigentlich immer Richtung 100 Prozent gehen. Denn warum sollte ein Kunde der mit seinem Berater zufrieden ist und zu diesem eine gute Vertrauensgrundlage hat, das Geld „abziehen“. Der eigentliche Ablauf des Vertrages ist zwischen Kunde und Berater nur ein Gesprächsanlass, emotional ist das Geld schon lange vorher auf dem Konto des Kunden „angekommen“. Darauf muss die Kundenbeziehung eingestellt werden und der Berater auf Grundlage einer langfristig aufgebauten Kundenbeziehung durch eine ganzheitliche Beratung zur Ruhestandsplanung aufsetzen. Durch ein paar nette Schreiben, „mindestens zwölf bis 24 Monate vor Ablauf“ und „tollen“ Produkten, den Kunden, der nach Jahrzehnten häufig enttäuscht und konzeptionell unberaten ist, zu halten, ist natürlich aussichtslos.

Eine Simon-Kucher-Studie hat vor einigen Jahren deutlich gemacht, dass viele Vermittler sich scheuen, Kunden anzusprechen, zu denen sie keinen Kontakt haben, was bei Wiederanlagekunden häufig der Fall ist. Menschlich verständlich, denn so gerät man nicht in die Gefahr, die meist unter den Erwartungen gebliebenen Auszahlungen erklären zu müssen.

Doch rational betrachtet, macht das keinen Sinn: Es ist doch viel aufwändiger und teurer, ständig Neukunden zu akquirieren und den Kundenbestand nicht zu pflegen. Außerdem werden auf Dauer „einfache Themen“ im Produktverkauf online abgewickelt. Komplexere, emotionale und auch lukrativere Themen werden von qualifizierten Beratern und Verkäufern bearbeitet werden müssen, denn das kann ein Kunde mit geringer finanzieller Bildung nicht alleine leisten. Der Kunde braucht hierbei Hilfe. Das kann man leicht aus den Guthaben von über einer Billion auf Girokonten ablesen, die mit Zinsen deutlich unter der Inflation Netto-Kaufkraftverluste und damit Reduzierung des Lebensstandards bewirken.

Wie können Kundenvertrauen und Wiederanlagequote erhöht werden?

Hier muss man natürlich als Vermittler selbst in Ausbildung und das richtige Netzwerk investieren, um dem Kunden gegenüber als konzeptioneller Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen. Es muss wieder stärker eine mittelfristige Beratungsstrategie aufgebaut werden. Es ist beispielsweise erschreckend, dass Versicherer immer noch das nächste „beste Produkt“ vermarkten, große unbesetzte Themen wie Einkommensstrategie im Ruhestand im Kontext von langer Lebenserwartung, also garantiertes lebenslanges Einkommen durch eine Rente, nicht angegangen werden.

Die Lösung ist eine ganzheitliche Ruhestandsplanung, die, um ehrlich zu sein, nur ein kleiner Teil der Berater regelmäßig praktiziert. Es ist eine komplexe Kundensituation, mit vielen bereits getroffenen Entscheidungen, Themen über Generationen hinweg, Emotionalität, umfassende Produkt-, Rechts- und Steuerthemen etc.. Aber dafür super lukrativ. Rund vier Millionen Haushalte verfügen über genügend Finanzmittel, damit sich die Beratung auch für den Vermittler lohnen kann. 75% des gesamten deutschen Vermögens befindet sich in den Händen der Zielgruppe 50plus.

Und: Kunden, die eine solche konzeptionelle Beratung erhalten, wechseln nicht mehr leichtfertig ihren Berater, da sie eine vergleichbare Qualität der Dienstleistung nicht so einfach an anderer Stelle erhalten.
Drei Dinge sind im Rahmen einer Ruhestandsberatung besonders wichtig:

  1. Nicht auf Produktverkauf abzielen, sondern auf konzeptionelle Beratung und langfristige Kundenbindung. Dadurch eröffnet sich auch die Möglichkeit, über Honorare die schleichenden Provisionsverluste auszugleichen. Und Produktbedarf und damit auch Produktvermittlungen ergeben sich dann i.d.R. in der Folge der konzeptionellen Beratung ohnehin.
  2. Aktives Zuhören als Grundlage der Ist-Analyse der Kundensituation nutzen. Dadurch ergeben sich die Beratungsbedarfe und dann mittelbar auch der Produktverkauf.
  3. Besonders sensibel und empathisch auf die Zielgruppe eingehen. Viele Themen wie Tod, Pflege, Vererben/Verschenken sind sachlich und familiär anspruchsvoll und bergen „Fettnäpfchen“, die es zu meiden gilt.

Die drei Aspekte zeigen, dass die Beratung von 50plus-Kunden auch kommunikativ anspruchsvoll ist, weshalb z.B. in dem durch die Hochschule Kaiserslautern gemeinsam mit der GOING PUBLIC! Akademie für Finanzberatung angebotenen Studiengang zur Ruhestandsplanung auch ein spezielles Kommunikationsmodul integriert ist.