BGH: Kunden haben kein Widerrufsrecht bei Honorarvereinbarung zwischen Tür und Angel

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Das Berufungsgericht hatte noch geurteilt, dass die Frau nicht zahlen muss, und den Widerruf für wirksam gehalten. Auch wurde die entsprechende Vertragsklausel des Maklers in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen für intransparent gehalten und damit für unwirksam. Laut diesen Bedingungen solle die Differenz der Jahresselbstbehalte von der Differenz der Beitragsprämien "abgezogen" werden, was zu einem negativen Betrag führe; in krassem Gegensatz dazu habe der beklagte Makler die beiden Differenzen aber bei seiner Vergütungsberechnung addiert und damit gezeigt, dass er die Allgemeinen Geschäftsbedingungen entgegen ihrem Wortlaut zu seinem Vorteil auslege.

Bereichsausnahme vom Widerrufsrecht gilt auch für derartige Vermittlerverträge

Der Bundesgerichtshof traf eine gegensätzliche Entscheidung. Die Richter in Karlsruhe hoben die Urteile der Vorinstanzen auf und wiesen den Fall zur erneuten Verhandlung an das Landgericht zurück. Sie stützten ihre Entscheidung auf die sogenannte Bereichsausnahme im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 312 Abs. 6 BGB). Diese Regelung betrifft spezielle Verträge, bei denen das allgemeine Verbraucherschutzrecht, insbesondere das Widerrufsrecht, nicht gilt.

Die Bereichsausnahme soll sicherstellen, dass in Fällen, in denen der Verbraucherschutz durch andere Maßnahmen ausreichend gewährleistet ist oder ein Widerrufsrecht logistisch oder wirtschaftlich unpraktikabel wäre, dieses Recht nicht zur Anwendung kommt. Dies dient der Effizienz und Praktikabilität im Geschäftsverkehr.

Der BGH betonte, dass diese Bereichsausnahme auch für Vermittlerverträge im Bereich der Versicherungsvermittlung gilt, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden. Daher sind die üblichen Widerrufsrechte gemäß § 312g BGB in diesem Fall nicht anwendbar. Es besteht keine europarechtliche Verpflichtung, ein Widerrufsrecht für solche Verträge vorzusehen.

Gemäß der EU-Richtlinie 2002/65/EG über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen müssen die Mitgliedstaaten lediglich ein Widerrufsrecht für Versicherungsvermittlungsverträge im Fernabsatz gewährleisten, was in Deutschland durch das Versicherungsvertragsgesetz umgesetzt ist. Das Widerrufsrecht für Versicherungsverträge bleibt somit auf Abschlüsse über Internet, Post und Telefon beschränkt. Für Verträge, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, besteht keine solche Verpflichtung.

Mehr Rechtsklarheit für Beratungsgespräche bei Kundenbesuchen

Dieses Urteil hat bedeutende Auswirkungen auf die Praxis der Versicherungsvermittlung. Versicherungsvermittler und Honorarberater können nun sicherer davon ausgehen, dass Vermittlungsverträge, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, nicht mehr widerrufen werden können. Das erhöht die Planungssicherheit für Vermittler und ihre Geschäftsmodelle erheblich, da viele Beratungs- und Vermittlungsgespräche außerhalb von Büros stattfinden, oft direkt beim Kunden zu Hause. Hätte der BGH anders entschieden, wäre es möglich gewesen, dass Vermittler und Berater solche Gespräche stark einschränken müssten, um rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden.

Für Verbraucher bedeutet dies, dass sie bei solchen Abschlüssen besonders genau prüfen sollten, welche Verpflichtungen sie eingehen, da ein nachträglicher Widerruf nicht mehr möglich ist. Eine gründliche Beratung und klare Vertragsdokumentation durch die Vermittler wird daher im Kundeninteresse umso wichtiger. Gleichzeitig wirft das Urteil Fragen zum Verbraucherschutz bei Honorarberatungen auf: Während Versicherungsverträge gemäß § 8 VVG (Versicherungsvertragsgesetz) binnen 14 Tagen widerrufen werden können, gilt dies für parallel abgeschlossene Honorarvereinbarungen nicht. Kunden müssen also das Honorar zahlen, selbst wenn sie sich kurzfristig vom Versicherungsvertrag zurückziehen.

Ein weiterer Punkt, den der BGH ansprach, war die Transparenz der Vertragsbedingungen. Die vom Beklagten verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zur Berechnung der Jahresersparnis wurden als intransparent eingestuft. Der BGH betonte, dass AGB klar und verständlich formuliert sein müssen. Dies betreffe insbesondere die Berechnung der Vergütung, die aus der Differenz der monatlichen Prämien vor und nach der Vertragsumstellung sowie der Differenz der Jahresselbstbehalte ermittelt wird. Hier hat die klagende Frau also zumindest gute Chancen, weniger Honorar bezahlen zu müssen. Der Fall wird nun erneut vom Landgericht Traunstein verhandelt, wobei die Hinweise des BGH zu berücksichtigen sind.