Rente: Christian Lindner will bei Sozialausgaben sparen

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Über die Interpretation des Gutachtens, das dem Versicherungsboten derzeit noch nicht vorliegt, herrscht innerhalb der Regierung Uneinigkeit. Sollte den beanstandeten Punkten gefolgt werden, müssten konkret acht bis neun Milliarden Euro anders aufgebracht oder eingespart werden. Die SPD und die Grünen sind jedoch überzeugt, dass die angesprochenen Maßnahmen bei Bahn und Autobahn verfassungsrechtlich haltbar sind, wie „Die Zeit“ berichtet. Dabei berufen sie sich auf die juristische Einschätzung des Gutachters Johannes Hellermann, der an einem zweiten, von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen Gutachten mitgewirkt hat. Die Kreditaufnahmen bei der Bahn und der Autobahngesellschaft seien laut Hellermann „nicht schuldenbremsenrelevant“, zitiert ihn die Zeitung. Problematisch sei aus seiner Sicht lediglich die Umwidmung der KfW-Gelder.

Der Haushalt für 2025 hat ein Gesamtvolumen von 481 Milliarden Euro, auch wenn mehrere Positionen auf Kante genäht sind. In diesem Kontext erscheinen die umstrittenen neun Milliarden Euro relativ überschaubar. Dass Christian Lindner nun auf eine Nachverhandlung des Bundeshaushalts drängt, sorgt daher für Irritation bei den anderen Regierungsparteien. Der Verdacht liegt nahe, dass Lindner auf diese Weise Reformen durchsetzen möchte, die ihm bisher innerhalb der Koalition nicht gelungen sind – etwa Änderungen beim sogenannten „Rentenpaket II“ und beim Bürgergeld.

Entsprechend scharf ist die Kritik aus den Reihen von SPD und Grünen. Die ARD Tagesschau zitiert die SPD-Chefin Saskia Esken, die derzeit in Thüringen unterwegs ist, um ihre Partei im Landtagswahlkampf zu unterstützen. In Jena äußerte sie sich zum Vorgehen Lindners: „Das ist rücksichtslos und überschreitet für mich die Grenzen des Erträglichen in einer Koalition.“

Doch wo könnte bei Rente und Bürgergeld überhaupt gespart werden? Die „Frankfurter Rundschau“ weist darauf hin, dass beide Leistungen in ihrer Höhe verfassungsrechtlich geschützt sind und daher nicht einfach gekürzt werden können. Dennoch ist die Rentenversicherung mit 127,3 Milliarden Euro an Zuschüssen der größte Posten im Bundeshaushalt. In diesem Zusammenhang könnten die Rente mit 63 und die Mütterrente zur Diskussion stehen – allerdings ist es unwahrscheinlich, dass solche Maßnahmen mit den Grünen und der SPD durchsetzbar wären.

Zwar möchte auch Bundeskanzler Olaf Scholz Anreize schaffen, damit Menschen länger arbeiten und nicht vorzeitig in den Ruhestand gehen, doch er hat wiederholt betont, dass die SPD ein Ende der Rente mit 63 nicht unterstützen würde. Diese Regelung ermöglicht es Personen, die mindestens 45 Jahre Beitragszeit vorweisen können, vor der Regelaltersgrenze ohne Abschläge in Rente zu gehen. Auch den Vorschlag, das Renteneintrittsalter anzuheben, wies Scholz im Mai als „absurd“ zurück und erklärte, dies sei „nicht der richtige Weg, um einen Haushalt zu sanieren“.

Die „Rente mit 63“ kostet rund 3,5 Milliarden Euro im Jahr. Allerdings ist unklar, wie viel laut Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch die Abschaffung eingespart werden kann, "da schlichtweg unbekannt ist, wie das Rentenzugangsverhalten ohne diese Neuregelung wäre“, zitiert die „Frankfurter Rundschau“ aus einer Stellungnahme des Ministeriums. Mit anderen Worten: Viele würden trotzdem in Rente gehen, aber mit Abschlägen. Die Mütterrente kostet etwa 13 Milliarden Euro jährlich, gegen ihre Abschaffung gibt es aber ebenfalls verfassungsrechtliche Bedenken - zudem würde sich die Zahl der Frauen erhöhen, die es mit Altersarmut bezahlen, dass sie Erziehungsaufgaben wahrgenommen haben.