Wird zur Privaten Krankenversicherung beraten, sollten Alterungsrückstellungen eine zentrale Rolle spielen, findet Versicherungsmakler Alexander Kukovic. Im Gastbeitrag stellt er seinen Ansatz vor, nennt Kriterien zur Tarifauswahl und gibt Tipps für die Beratungspraxis.
Alterungsrückstellungen (ARSt) spielen eine zentrale Rolle in der Privaten Krankenvoll- und auch Zusatzversicherung. Für Berater ist es essenziell, dieses Thema nicht nur gut zu verstehen, sondern auch in der Kundenberatung als starkes Argument für die private Krankenversicherung (PKV) gezielt einzusetzen. Denn die Verzinsung der ARSt beeinflusst maßgeblich die langfristige Beitragsstabilität eines Tarifs und ist somit ein kritischer Faktor in der Vorsorgeplanung ihrer Kunden.
Wird bei einer PKV-Beratung der Fokus auf dahingehend wichtige Kennzahlen gelegt, können Argumente, wie „Die PKV wird im Alter unbezahlbar“ analytisch aufgearbeitet und gegenüber der Gesetzlichen Krankenversicherung verglichen werden.
Drei Kriterien für eine gelungene Tarifauswahl
Eine strukturierte PKV-Beratung bietet Kunden nicht nur einen transparenten Überblick, sondern fokussiert das Gespräch auf rationale Auswahlkriterien:
- Versicherungsbedingungen, die das zu erwartende Leistungsspektrum aufzeigen.
- Tarifkennzahlen, wie das Alter und der Beitragsverlauf seit Auflage, zeigen, ob sich der Tarif bereits nachhaltig bewährt hat.
- Unternehmenskennzahlen, wie Bestandsgröße und Wachstumsrate sowie Nettoverzinsung, veranschaulichen wie solide der jeweilige PKV-Versicherer wirtschaftet.
Je besser die Unternehmens- und Tarifkennzahlen, desto lukrativer die Verzinsung der Alterungsrückstellungen.
Die Bedeutung der Alterungsrückstellungen in der PKV
Im Gegensatz zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), in der das Umlageverfahren angewendet wird, kalkuliert die PKV nach dem Anwartschaftsdeckungsverfahren. Das bedeutet, dass jede Generation selbst für die im Alter steigenden Kosten vorsorgt, anstatt die Lasten auf die jüngeren Versicherten zu verteilen. Diese Eigenverantwortung macht die ARSt zu einem entscheidenden Element für die nachhaltige Finanzierung von Gesundheitskosten im Alter.
Für den Berater ist es daher wichtig, die Tragweite dieser Rückstellungen gegenüber dem Kunden zu betonen und zu erläutern, wie sie zu einer langfristigen Beitragsstabilität beitragen.
Kalkulationsgrundlagen in der PKV – Ein Überblick
Die Beiträge in der PKV werden so kalkuliert, dass sie in den jüngeren Jahren oberhalb der durchschnittlich erwarteten Ausgaben liegen, um in späteren Jahren darunter zu fallen. Der Überschuss in den frühen Jahren wird in den ARSt verzinslich angelegt, um die Differenz zu den später höheren Gesundheitsausgaben auszugleichen.
Diese Struktur der Beitragskalkulation ist von wesentlicher Bedeutung für die Beratungspraxis, da sie die Notwendigkeit einer sorgfältigen Tarifauswahl unterstreicht. Gleichzeitig erhalten Kunden durch das gewonnene Verständnis mehr Sicherheit, selbst im Stande zu sein, die richtige Entscheidung treffen zu können.
Vier wesentliche Zuführungsquellen der Altersrückstellungen
Die „Altersvorsorge“ einer PKV wird aus mehreren Quellen gespeist, die für die langfristige Entlastung der Beiträge sorgen. Es ist wichtig, diese Mechanismen zu verstehen und in der Beratung offensiv zu nutzen:
- Gesamtbeitrag: Ein prozentualer Anteil des Gesamtbeitrags fließt direkt in die ARSt. Je mehr eine PKV also insgesamt kostet, desto größer ist das Potenzial für die ARSt. In der Beratungspraxis ist es deshalb ratsam, Kunden deutlich zu machen, dass eine PKV ihren Preis haben muss, um langfristig genug Rückstellungen aufbauen zu können.
- Überzinsen: Wird am Kapitalmarkt eine höhere Verzinsung als der kalkulatorische Rechnungszins erreicht, fließen 90 Prozent der Überzinsen in die ARSt. Je solider ein PKV-Versicherer wirtschaften kann, desto attraktiver die Verzinsung. Diese Information ist besonders in der Beratung von Vorteil, um die Attraktivität der oft beitragsintensiveren, aber dafür stabileren Tarife hervorzuheben.
- Vererbung: Die ARSt bleiben im Todesfall oder bei Kündigung des Versicherungsverhältnisses im Bestand und entlasten die Beiträge der verbleibenden Versicherten. Hier sollten Berater auf die Übertragbarkeit, ausdrücklich nur eines Teils, der ARSt (von Verträgen, die nach 2009 geschlossen wurden) bei einem Versicherungswechsel hinweisen. Das gemeinsame Ziel von Berater und Kunde sollte vielmehr von Beginn an sein, einen Tarif und Versicherer auszuwählen, die aufgrund der Kennzahlen einen langfristig positiven Ausblick versprechen, so dass ein Wechsel möglichst nicht notwendig sein wird.
- Gesetzlicher Zuschlag: Der zehnprozentige gesetzliche Zuschlag dient der Beitragsentlastung im Alter und endet bereits mit dem 60. Lebensjahr. Dieser Zuschlag sollte als weiterer, wichtiger Mechanismus zur Beitragsstabilität verstanden werden.
- Der Beitragsentlastungstarif – Ein optionaler Baustein: Der Beitragsentlastungstarif (BET) bietet eine flexible Möglichkeit, die Beitragssituation im Rentenalter zu entlasten. In der Beratungspraxis kann dieser Baustein insbesondere für Arbeitnehmer interessant sein, deren Arbeitgeberzuschuss noch nicht vollständig ausgeschöpft ist. An dieser Stelle ist unter anderem darauf hinzuweisen, dass die im BET aufgebauten Rückstellungen in der Regel beim bisherigen Versicherer verbleiben, sollte der Kunde den Anbieter wechseln müssen.
Anders als in der Gesetzlichen Krankenversicherung, können Berater ihren Kunden Mechanismen und zugehörige Kennzahlen transparent aufzeigen, um ihnen die Sorgen hinsichtlich ausufernden Beitragssteigerungen nehmen. Kunden erhalten übergeordnet das Gefühl und die Sicherheit, selbst Vorkehrungen für eine langfristige Beitragsstabilität treffen zu können.
Empfehlungen für die Beratungspraxis
Um Kunden umfassend zu beraten und mit ihnen davon ausgehend eine treue Bindung aufzubauen, sollten folgende Aspekte in den Vordergrund gestellt werden:
- Nachhaltige Tarifauswahl: Betonen sie die Bedeutung einer langfristig stabilen Tarifkalkulation und raten sie zu Tarifen, die sich schon über viele Jahre bewährt haben.
- Intelligenter Tarifaufbau: Nutzen sie aktiv die Option Beitragsentlastungstarif, um zusätzlich Rückstellungen zu bilden. Vermeiden sie Selbstbeteiligungen, die den Gesamtbeitrag senken und somit den ARSt hinderlich sind.
- Langfristige Perspektive: Ermutigen sie ihre Kunden, langfristig zu denken und Tarife zu wählen, die in einer angemessen kalkulierten Beitragshöhe liegen.
- Übertragbarkeit der ARSt: Klären sie die Kunden über die Möglichkeiten und vor allem Einschränkungen der Übertragung von ARSt bei einem Wechsel des Versicherers auf. Filtern sie damit die Angebotsauswahl hin zu den solide wirtschaftenden Gesellschaften.
Durch eine gezielte Aufklärung über die ARSt können Berater mit ihren Kunden weniger emotionale, sondern mehr rationale Gespräche führen. Auf diese Weise können viele Vorurteile entkräftet werden, weil Kunden einen analytischen Überblick erhalten, der ihnen Sicherheit für ihre Entscheidung gibt. Das stärkt sowohl die jeweilige Kundenbindung langfristig und erhöht obendrein noch die Empfehlungsquote.