Dieselgate: Rechtsschutzversicherung muss nach EuGH-Urteil zahlen

Quelle: Mohamed_hassan@pixabay

Der Bundesgerichtshof (BGH) urteilte, dass die Rechtsschutzversicherung die Kosten für die Klage des Klägers übernehmen muss (Az. IV ZR 140/23). Maßgeblich für diese Entscheidung war der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) bereits zugunsten des Klägers entschieden, was die Erfolgsaussichten der Klage erheblich verbesserte. Der BGH stellte klar: „Erfolgt im Deckungsschutzverfahren des Versicherungsnehmers einer Rechtsschutzversicherung nach dem Zeitpunkt der Bewilligungsreife eine Klärung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung zu seinen Gunsten, sind für die Beurteilung des Deckungsschutzanspruchs die Erfolgsaussichten der Klage im Zeitpunkt des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht maßgeblich.“ Diese nachträgliche Klärung der Rechtslage durch den EuGH war ausschlaggebend für den Ausgang des Verfahrens.

Relevanz des Zeitpunkts der letzten Verhandlung

Ein zentraler Punkt des Urteils betrifft die Bedeutung des maßgeblichen Zeitpunkts für die Bewertung der Erfolgsaussichten einer Klage. Der BGH betonte, dass für die Entscheidung über den Deckungsschutz der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht relevant ist. Diese Feststellung unterstreicht, dass spätere höchstrichterliche Entscheidungen, die nach dem Antrag auf Deckungsschutz getroffen werden, dennoch relevant sind, wenn sie die Erfolgsaussichten der Klage deutlich verbessern. In seinem Urteil stellte der BGH klar: „Die Erfolgsaussichten einer Klage sind im Zeitpunkt des Schlusses der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht maßgeblich zu beurteilen.“

Vertrauen in die höchstrichterliche Rechtsprechung

Der BGH stellte weiter fest, dass Versicherungsnehmer darauf vertrauen dürfen, dass ihnen der Versicherer in unklaren Rechtslagen Deckungsschutz gewährt. Insbesondere dann, wenn eine spätere höchstrichterliche Entscheidung die Erfolgsaussichten der Klage verbessert, darf der Versicherungsnehmer nicht für die ursprüngliche Unsicherheit in der Rechtslage haftbar gemacht werden. Der BGH betonte: „Der Versicherungsnehmer darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass ihm der Versicherer in einer für ihn unklaren Rechtslage Deckungsschutz gewährt, insbesondere wenn eine höchstrichterliche Entscheidung die Erfolgsaussichten der Klage gestärkt hat.“

Keine Obliegenheitsverletzung durch den Kläger

Der BGH entschied außerdem, dass der Kläger nicht gegen seine Obliegenheit zur Kostenminimierung verstoßen habe. Der Versicherungsnehmer hat zwar die Pflicht, unnötige Kosten zu vermeiden, doch in diesem Fall urteilte der BGH, dass der Kläger in einer rechtlich unklaren Situation nicht verpflichtet war, seine Klage zurückzuziehen oder zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen wie die Einholung eines Gutachtens zu ergreifen. Die spätere Klärung durch den EuGH bestätigte die Angemessenheit seines Vorgehens. „Eine Obliegenheitsverletzung liegt nicht vor, wenn der Versicherungsnehmer in einer unklaren Rechtslage den Klageweg beschreitet, der sich später durch eine höchstrichterliche Entscheidung als richtig herausstellt“, so der BGH.

Fazit: Ein starkes Signal für Versicherte

Das Urteil des BGH stärkt die Rechte der Versicherungsnehmer in mehrfacher Hinsicht:

  • Erstens stellt das Urteil klar, dass Versicherungsnehmer darauf vertrauen dürfen, dass ihre Versicherung in unklaren Rechtslagen Deckungsschutz gewährt. Selbst wenn die Erfolgsaussichten einer Klage anfänglich fraglich erscheinen, müssen Versicherungen die Kosten übernehmen, wenn spätere Entwicklungen oder Urteile die Erfolgsaussichten verbessern. Dies gibt den Versicherten mehr Sicherheit und ermutigt sie, ihre Rechte ohne Angst vor hohen Kosten zu verteidigen.
  • Zweitens stärkt das Urteil die Position der Versicherten gegenüber Versicherungen, indem es deutlich macht, dass eine vermeintliche Obliegenheitsverletzung nicht automatisch zum Verlust des Deckungsschutzes führt. Der BGH hat betont, dass Versicherte nicht gezwungen sind, in unsicheren rechtlichen Situationen unnötige Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen, wenn eine spätere Klärung durch höchstrichterliche Rechtsprechung ihre Position bestätigt. Dies verhindert, dass Versicherungen ihre Kunden für Entscheidungen bestrafen, die sich im Nachhinein als richtig herausstellen. Das Urteil ist auf der Webseite des Bundesgerichtshofs verfügbar.