Abschlusskosten in der Lebensversicherung noch immer hoch

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Abschlusskosten stehen in kaum einem Bereich der Branche so unter Beschuss wie in der Lebensversicherung. Welche Unternehmen aber gaben 2023 besonders wenig, welche besonders viel aus im Verhältnis zu Einnahmen im Neugeschäft? Versicherungsbote stellt Zahlen vor.

Die Abschlusskostenquote gilt als polemische Kennzahl. Hohe Quoten gelten als negativ, da sie auf Missstände wie übermäßige Vermittlungsvergütungen hinweisen könnten – und so dem Ansehen der Versicherer und der Branche schaden. Sie wecken den Verdacht, dass Vermittler ihren Kunden ungeeignete und teure Produkte empfehlen, um höhere Vergütungen zu erhalten. Besonders die Lebensversicherung steht hier in der Kritik. Die Diskussion um den Provisionsdeckel, der zumindest laut Theorie Fehlanreize verhindern und Abschlusskosten senken sollte, zeigt dies deutlich.

Die Debatte über regulatorische Vorgaben bei den Abschlusskosten ist somit auch ein Dauerthema – und wird jedoch oft durch die Vermischung von Zahlen für Lebensversicherungen mit Sparanteil auf der einen Seite sowie Restschuldversicherungen mit ihren exorbitant hohen Vergütungen auf der anderen Seite verzerrt (Versicherungsbote berichtete). Zwar ist es derzeit ruhiger geworden um das hoch emotionale Thema für die Vermittlerschaft. Eine Forderung des Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler (BDVM) zeigt aber, dass die Ruhe trügen kann. So bleiben auch Abschlusskostenquoten der Lebensversicherer weiter unter Beobachtung – eine aktuelle Analyse der Zeitschrift für Versicherungswesen (ZfV) hat nun die Quoten des Geschäftsjahrs 2023 analysiert.

Leichter Rückgang bei hohem Niveau

Und laut Autor Marc Surminski hat sich die Abschlusskostenquote marktweit leicht verbessert; von 4,7 Prozent auf 4,5 Prozent. Diese Verbesserung ist jedoch hauptsächlich auf die steigende Bezugsgröße – die Beitragssumme des Neugeschäfts – zurückzuführen, während absolute Abschlusskosten weiterhin hoch sind. Sie liegen bei 7,9 Milliarden Euro als Summe für die untersuchten Lebensversicherer. Surminski pointiert: Die Branche ist "in Sachen Vertriebskostenbelastung insgesamt nur wenig vorangekommen".

Allerdings streuen Quoten über die Unternehmen hinweg recht stark:

  • Besonders niedrige Quoten finden sich bei myLife Leben mit 0,3 Prozent, HanseMerkur Leben mit 2,9 Prozent, LVM Leben mit 3,2 Prozent und HUK-Coburg-Leben mit 3,3 Prozent.
  • Demgegenüber stehen deutlich höhere Quoten bei Zurich Leben mit 6,0 Prozent, Dialog Leben mit 7,9 Prozent und Ager Leben mit 9,4 Prozent. Diese Spannweite verdeutlicht die Bandbreite der Abschlusskosten in der Branche.

Einige Versicherer haben es jedoch auch geschafft, ihre Abschlusskostenquote merklich zu senken. Ein Beispiel ist die Zurich Leben, die ihre Abschlusskostenquote von 8,3 Prozent auf 6,0 Prozent reduzieren konnte – zwar noch über dem Durchschnitt, aber dennoch ein Erfolg von 2,3 Prozentpunkten. Selbst die Ager Leben lag in 2022 noch bei einer Quote von 11,4 Prozent, weswegen es nun immerhin zwei Prozentpunkte nach oben ging. Dies zeigt, dass gezielte Maßnahmen zur Optimierung des Vertriebsmodells die Kostenstruktur verbessern können.

Digitalisierung hilft, Beratungsaufwand verteuert

Weiter gedrückt werden können Abschlusskosten durch die Digitalisierung. Ein positives Beispiel ist für Surminski die Cosmos Lebensversicherungs-AG: eine überdurchschnittlich gute Quote von 3,7 Prozent erkläre sich unter anderem mit frühen Investitionen in digitale Vertriebskanäle. Dass dem aber auch Grenzen gesetzt sind, zeigt eine weitere Bemerkung des Experten. Denn Quoten von 5,2 Prozent bei der Europa und von 5,3 Prozent bei der Hannoverschen würden zeigen, dass auch Direktversicherer heute nicht mehr automatisch für niedrigere Abschlusskostenquoten stehen würden. Bei der Hannoverschen erkläre sich dies durch das Biometrie-Geschäft über Makler. Höhere Kosten durch anspruchsvollere Produkte führen zu einem Zusammenhang, der nicht vorschnell übersehen werden sollte.

Kennzahlen nicht vorschnell werten

Denn nicht immer ist es im Interesse der Kunden, die Abschlusskostenquote so niedrig wie möglich zu halten. Höhere Abschlusskosten können beispielsweise auf eine intensivere Beratung oder komplexere Produkte hinweisen, während niedrige Kosten oft mit standardisierten Produkten verbunden sind (Versicherungsbote berichtete). Daher sollte die Bewertung der Abschlusskosten stets differenziert erfolgen und sollte zudem auch das Produktportfolio und den Service im Blick behalten, um die tatsächliche Effizienz eines Unternehmens korrekt einzuschätzen.

Die besten und schlechtesten Abschlusskostenquoten

Folgende Lebensversicherer haben in 2023 die niedrigsten und damit besten Abschlusskostenquoten (Abschlussaufwendungen brutto in Prozent der Beitragssumme des Neugeschäfts), wenn man die fünfzig größten Lebensversicherer betrachtet:

  1. myLife Leben: 0,3%
  2. HanseMerkur Leben: 2,9%
  3. LVM Leben: 3,2%
  4. HUK-Coburg-Leben: 3,3%
  5. Ergo Vorsorge Leben: 3,5%
  6. Allianz Leben: 3,6%
  7. Debeka Leben: 3,6%
  8. Cosmos Lebensversicherungs-AG: 3,7%
  9. R+V Leben: 4,1%
  10. Axa Leben: 4,2%
  11. Bayern Versicherung: 4,2%

Folgende Unternehmen hingegen haben hohe Quoten, so dass sie einen vergleichsweise hohen Anteil der Beitragssumme des Neugeschäfts für Abschlussaufwendungen ausgeben (betrachtet wurden auch hier nur die fünfzig größten Lebensversicherer):

  • Ager Leben: 9,4%
  • Dialog Leben: 7,9%
  • VGH: 7,0%
  • Gothaer Leben: 6,1%
  • Zurich Leben: 6,0%
  • SV Sachsen Leben: 5,7%
  • HDI Leben: 5,6%
  • neue leben: 5,5%
  • Baloise Leben: 5,5%
  • DEVK Allgemeine Leben: 5,5%
  • Targo Leben: 5,4%
  • VPV Leben: 5,4%

Eine Auswertung zu aktuellen Kennzahlen der Lebensversicherer und Tabellen mit weiteren Kennzahlen sind auf der Webseite der Zeitschrift für Versicherungswesen verfügbar (kostenpflichtig hinter einer Bezahlschranke).