Riester-Rente vs. Lindner-Rente: Im Rechenmodell gibt es einen klaren Sieger

Quelle: DALL-E

Hätte der Hund nicht…oder so ähnlich, heißt im bürgerlichen Sprachgebrauch. Die Tageszeitung "Die Welt" hat sich nun der hypothetischen Frage gestellt, welches Vermögen Sparer aufgebaut hätten, wenn sie zum Start der Riester-Rente bereits in das von Bundesfinanzminister Christian Lindner bevorzugte Modell hätten sparen können. Beim angedachten privaten Altersvorsorgedepot sollen Bürger frei entscheiden können, mit welchen Produkten sie vorsorgen wollen. Es solle jedoch eine Positivliste geben, die vorgibt, in welche Anlageklassen investiert werden kann. Lindner erklärte: „Im Gesetz werden wir eine Positivliste vorgeben, in welcher Anlageklasse investiert werden kann, also zum Beispiel ETFs oder auch in Schuldverschreibungen“. Einzelaktien sollen ebenfalls möglich sein, während Knock-out-Zertifikate, kurz laufende Optionsscheine und Krypto-Assets ausgeschlossen sind. Diese seien „nicht geeignet für ein Altersvorsorgedepot, das öffentlich gefördert wird“.

Bei der Förderung legt der Staat auf jeden selbst eingezahlten Euro 20 Cent drauf, bis zu einem maximalen Eigenbetrag von 3.000 Euro pro Jahr. Für Menschen mit Kindern wird es neben der Grundzulage weiterhin eine Kinderzulage geben. Das Finanzministerium schlägt 25 Cent pro selbst eingezahltem Euro vor, wobei der maximale Eigenbetrag hier 1.200 Euro beträgt und die Zulage pro Kind auf 300 Euro anwächst. Für Menschen mit einem Einkommen bis zu 26.250 Euro soll es zudem 175 Euro Bonus geben, Berufseinsteiger unter 25 Jahren können bis zu drei Jahre von einem 200-Euro-Bonus profitieren.

Ein Steuervorteil kommt hinzu: Der Fiskus greift erst im Ruhestand zu. Das bedeutet, dass alle Erträge während der Ansparphase zunächst im Depot bleiben. Der frühestmögliche Zeitpunkt der Auszahlung soll von 62 auf 65 Jahre erhöht werden, um „Fehlanreize in Richtung auf Frühverrentung“ zu begrenzen. Lindner hofft, dass das Gesetz noch in diesem Jahr beschlossen wird und bis 2025 umgesetzt werden kann. Er räumte jedoch ein, dass nicht alles bis zum 1. Januar 2026 fertig sein könne. Die Vergleichsplattform für die zertifizierten Produkte brauche mehr Vorlaufzeit.

Rechenmodell: Riester-Rente vs. Lindner-Rente

Ein im Sinne des Finanzministers begünstigtes Investment in den Aktienindex MSCI World liegt der Rechnung zugrunde. Denn: Langfristig versprechen Aktien die höchste Rendite unter den liquiden Anlageformen. Die Modellrechnung basiert auf Bloomberg-Daten und nimmt monatliche Einzahlungen von 250 Euro an, was im Jahr 3000 Euro ergibt. Für diese Summe kann die staatliche Förderung von 20 Prozent in Anspruch genommen werden.

Die jährliche staatliche Förderung von 600 Euro wurde in der Modellrechnung zusätzlich zu den selbst erbrachten Raten am Jahresende in den MSCI World investiert. Auf diese Weise hätten Anleger im Laufe der Zeit inklusive staatlicher Zulage MSCI-World-Anteile für 81.200 Euro erworben. Wer mit diesem Geld lediglich „geriestert“ hätte, würde nach 22 Jahren nur wenig mehr als diese Summe besitzen. Mit der Aktienlösung hingegen sieht es anders aus: Dank Börsenaufschwung hätte sich der Wert des Investments bis heute auf 288.500 Euro mehr als verdreifacht.

Um den Zinseszinseffekt voll auszunutzen, müssen Anleger auf ihre Investments im Altersvorsorge-Depot bis zur Auszahlungsphase keine Steuern zahlen. Die „nachgelagerte Besteuerung“ greift erst in der Auszahlungsphase. Derzeit wird dieser Zinseszinseffekt innerhalb von Wertpapier-Sparplänen durch den Fiskus ausgebremst. Auf unterjährige Erträge fallen Abgeltungsteuer und Solidaritätszuschlag an. Selbst wenn Fonds keine Dividenden ausschütten, wird eine Vorabpauschale einbehalten, um die Wertzuwächse zu erfassen.

Zuletzt hatte FDP-Chef Lindner gegenüber der „Rheinischen Post“ erklärt, dass es mit dem Altersvorsorge-Depot sogar möglich sei, als Millionär in Rente zu gehen. Rechnerisch ist die angesprochene Million sicherlich möglich. Ob dies auch wirklich realistisch ist, bleibt abzuwarten. Schließlich bräuchte es einen maximalen Anlagehorizont. Laut Berechnungen des "Handelsblatts" bräuchte es dafür 46 Jahre mit voller Förderung und U25-Bonus. Vorausgesetzt seien bei diesem Modell eine Jahresrendite von sieben Prozent und jährliche Kosten von 0,5 Prozent.

Sollte die Lindner-Rente wirklich kommen, könnte es gleich mehrere große Gewinner geben. Denn insbesondere junge Verbraucher könnten durch die Kraft des Zinseszinseffektes ein auskömmliches Altersgeld erhalten. Aber auch für den Staat könnte das neue Modell ein gutes Geschäft werden. Nimmt man allein die Berechnung aus dem obingen Vergleich zur Hand, dann hätte der Lindner-Sparer einen Gewinn von 207.300 Euro erzielt. Dieser ergibt sich aus den errechneten Vermögen von 288.500 Euro nach 22 Jahren abzüglich der eingezahlten sowie geförderten Summe von 81.200 Euro. Nehmen wir hier den befristeten Auszahlungsplan bis zum vollendenten 85. Lebensjahr zu Grunde, verteilt sich die Summe - sehr vereinfacht gerechnet - auf 20 Jahre. Das wären 10.365 Euro pro Jahr oder 863,75 Euro im Monat. Besteuert werden die Leistungen aus diesen Verträgen nachgelagert während der Auszahlungsphase. Hier greift der individuelle Grenzsteuersatz. Durch die erhöhten Einnahmen dürften viele Rentner mindestens über dem Grundfreibetrag liegen. Werden zu der Berechnung auch die reguläre gesetzliche Altersrente, Bezüge aus der betrieblichen Altersversorgung sowie ggf. Einnahmen aus der Vermietung mit herangezogen, dann dürften die zu erwartenden Steuereinnahmen durch die Einkommensteuer entsprechend höher als bisher sein und den künftig betriebenen Aufwand durch die Förderung durchaus rechtfertigen. Gemessen an den vom Staat bereitgestellten Förderbetrag von 13.200 Euro darf das Altersvorsorge-Depot als langfristige Chance auf ein gutes Investment angesehen werden.

*In einer vorherigen Version hatten wir geschrieben, dass der Gewinn sich einmalig mit der Abgeltungssteuer zzgl. des Solidaritätszuschlags versteuert. Das ist nicht korrekt. Vielen Dank für den Hinweis, Herr Nordhaus.