Value Investing ist der Gegensatz des Herdentriebs

Quelle: DALL-E

Value Investing ist eine bewährte Anlagestrategie, die auf der Suche nach unterbewerteten Aktien oder Unternehmen basiert. Im Kern dieser Strategie steht die Überzeugung, dass der wahre Wert eines Unternehmens nicht immer im aktuellen Marktpreis der Aktie widergespiegelt wird. Vielmehr geht es darum, Aktien zu kaufen, deren Preis unter dem intrinsischen Wert des Unternehmens liegt. Doch obwohl sich Value Investing langfristig als äußerst erfolgreich erwiesen hat, erfordert diese Strategie Geduld, Disziplin und die Bereitschaft, gegen den Herdentrieb der Märkte zu handeln, betont Harald Sporleder von der Value-Investmentboutique Lingohr Asset Management.

Value Investing basiert auf einer einfachen, aber tiefgründigen Idee: Ein Anleger erwirbt Aktien, die zu einem Preis gehandelt werden, der unter dem tatsächlichen Wert des Unternehmens liegt. Der „wahre“ Wert eines Unternehmens wird dabei anhand fundamentaler Faktoren wie Gewinnen, Cashflows, Vermögenswerten und Zukunftsaussichten berechnet. Das Value Investing wurde maßgeblich von Benjamin Graham geprägt, der als „Vater des Value Investing“ gilt, und von seinem wohl berühmtesten Schüler, Warren Buffett, in die Praxis umgesetzt.

Um solche unterbewerteten Aktien zu identifizieren, analysieren Value-Investoren detailliert die Finanzberichte, Geschäftsmodelle und Wettbewerbsvorteile eines Unternehmens. Dabei nutzen sie oft Kennzahlen wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) oder die Dividendenrendite, um zu bewerten, ob eine Aktie günstig oder überbewertet ist. Ziel ist es, Aktien zu einem Preis zu kaufen, der unter ihrem inneren Wert liegt, und dann auf eine langfristige Wertsteigerung zu setzen, sobald der Markt den „wahren“ Wert des Unternehmens erkennt.

Value Investing erfordert Geduld und Disziplin

Einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren beim Value Investing ist Geduld. Anders als bei kurzfristigen Handelsstrategien, bei denen oft auf kurzfristige Kursbewegungen spekuliert wird, zielt Value Investing auf langfristige Kapitalgewinne ab. Dies bedeutet, dass Anleger bereit sein müssen, ihre Investitionen über Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte, zu halten, um von den Wertsteigerungen der Unternehmen zu profitieren. Häufig dauert es eine geraume Zeit, bis der Markt den wahren Wert eines Unternehmens erkennt und der Aktienkurs entsprechend steigt. Diese langfristige Ausrichtung erfordert einen „langen Atem“ und die Fähigkeit, kurzfristige Marktvolatilitäten zu ignorieren. Während viele Anleger dazu neigen, in Panik zu verfallen und Aktien zu verkaufen, wenn die Märkte fallen, bleiben Value-Investoren standhaft. Sie vertrauen auf ihre sorgfältigen Analysen und warten darauf, dass der Markt die grundlegenden Stärken der Unternehmen erkennt, in die sie investiert haben.

Den Herdentrieb vermeiden: Gegen den Strom schwimmen

Ein zentraler Aspekt des Value Investing ist die Vermeidung des Herdentriebs. Häufig folgen Anleger den aktuellen Markttrends und investieren in Aktien oder Sektoren, die gerade in Mode sind. Dies führt oft zu überhöhten Bewertungen und einer Blasenbildung, die in der Vergangenheit wiederholt zu spektakulären Einbrüchen führte – sei es bei der Dotcom-Blase Anfang der 2000er-Jahre oder der Finanzkrise 2008. Value-Investoren hingegen folgen bewusst nicht den kurzfristigen Markttrends oder dem allgemeinen Marktsentiment. Statt auf populäre oder hoch bewertete Aktien zu setzen, suchen sie nach „verkannten“ Unternehmen, die von der Mehrheit der Anleger übersehen oder unterschätzt werden. Dies bedeutet oft, dass Value-Investoren Aktien kaufen, die sich nicht gut entwickelt haben oder in einer vorübergehenden Krise stecken. Hier gilt es, rational und analytisch zu handeln, anstatt sich von Emotionen oder kurzfristigen Kursbewegungen leiten zu lassen. Ein bekanntes Zitat von Warren Buffett fasst diesen Ansatz treffend zusammen: „Sei ängstlich, wenn andere gierig sind, und gierig, wenn andere ängstlich sind.“ Mit anderen Worten: Value-Investoren kaufen, wenn andere verkaufen, und meiden überhitzte Märkte, selbst wenn diese kurzfristig hohe Renditen versprechen.

Value Investing und Trendfolge: Zwei verschiedene Welten

Im Gegensatz zu trendfolgenden Strategien, bei denen Anleger versuchen, von kurzfristigen Aufwärts- oder Abwärtsbewegungen in den Märkten zu profitieren, geht es beim Value Investing nicht um die Vorhersage von Markttrends. Value-Investoren interessieren sich nicht dafür, ob eine Aktie gerade „in Mode“ ist oder von den Massen gekauft wird. Stattdessen liegt der Fokus auf den fundamentalen Werten des Unternehmens und nicht auf dem, was der Markt kurzfristig über die Aktie denkt. Dies erfordert eine grundlegend andere Denkweise als bei trendfolgenden Ansätzen. Während Trendfolge darauf abzielt, von der „Momentum“ des Marktes zu profitieren, verlässt sich Value Investing auf fundierte Analysen und den Glauben daran, dass der Markt langfristig irrationales Verhalten korrigieren wird. Dies macht Value Investing zu einer besonders robusten Strategie, insbesondere in volatilen oder überhitzten Marktphasen, da der Fokus auf nachhaltigen Werten liegt und nicht auf spekulativen Kursbewegungen.

Value Investing als robuste Langfriststrategie

Langfristig hat sich Value Investing als eine der erfolgreichsten Anlagestrategien erwiesen. Anleger, die diese Strategie verfolgen, setzen auf solide Unternehmen mit nachhaltigen Geschäftsmodellen, die zu einem günstigen Preis erworben werden können. Dieser Ansatz bietet nicht nur Schutz vor überteuerten Märkten, sondern eröffnet auch das Potenzial für erhebliche Kursgewinne, wenn der Markt den wahren Wert dieser Unternehmen erkennt. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, Geduld zu bewahren, diszipliniert zu handeln und sich nicht von kurzfristigen Marktbewegungen oder der allgemeinen Stimmung beeinflussen zu lassen. Value Investing ist nichts für Anleger, die schnelle Gewinne suchen oder den neuesten Trends folgen möchten. Es ist eine Strategie für diejenigen, die bereit sind, langfristig zu investieren, auf solide Analysen zu vertrauen und den Mut haben, gegen den Strom zu schwimmen. Diejenigen, die bereit sind, den nötigen „langen Atem“ aufzubringen und sich nicht von der Masse beeinflussen zu lassen, können mit dieser Strategie nachhaltig Vermögen aufbauen und finanzielle Stabilität erreichen. Aufgrund der zunehmenden Ausprägung von unterschiedlichen Investmentstilen und der Tatsache, dass Politiker und Zentralbanker mehr und mehr Einfluss auf die Richtung der Kapitalmärkte haben, erscheint eine gesunde Mischung der unterschiedlichen Investmentansätze unabdingbar, was im Umkehrschluss auch bedeutet, dass ein Investor um die Positionierung im Value-Segment eigentlich nicht vorbeikommt.