PKV-Sozialtarife: Steigende Zahlen geben wieder Grund zur Sorge

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Besonders heikel ist der Anstieg der Personen im Notlagentarif, der für Versicherte eingerichtet wird, die ihre PKV-Beiträge über längere Zeit nicht mehr zahlen können. Dieser Tarif bietet nur minimale Leistungen, die sich auf akute Erkrankungen, Schmerzzustände und Mutterschaft beschränken. Für Kinder und Jugendliche werden zudem Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen übernommen. Die Versicherten erhalten hier also eine sehr eingeschränkte medizinische Versorgung, während die Beitragsforderungen weiterhin bestehen bleiben.

Die Anzahl der im Notlagentarif versicherten Personen stieg 2023 um 3,9 Prozent auf 48.910 Personen. Doch diese Zahl gibt nicht das volle Bild wieder. Mehrere große Versicherer haben keine Angaben zu ihren Beständen im Notlagentarif gemacht – in einer von der Zeitschrift für Versicherungswesen abgebildeten Tabelle fehlen Angaben der Axa, der Bayerische Beamten, der Continentale, der HanseMerkur, der Gothaer, der UKV, der Landeskrankenhilfe und der Arag. Dies deutet darauf hin, dass die tatsächliche Zahl der Versicherten im Notlagentarif höher liegt. Die fehlenden Zahlen verweisen zudem auf ein oft beklagtes Transparenz-Problem einiger Anbieter.

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt allerdings, dass die Situation sich zumindest stabilisiert hat: 2017 waren noch 105.800 Personen im Notlagentarif versichert​. Dennoch ist der Anstieg der Sozialtarife in den letzten Jahren alarmierend, da er eine Folge der wirtschaftlich angespannten Lage in Deutschland ist. Insbesondere Selbstständige, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten, müssen ihre regulären PKV-Tarife oft aufgeben und wechseln in den Notlagentarif, um zumindest eine Grundabsicherung zu erhalten.

Schwierige Zeiten für die PKV – ziehen sich vermehrt dunkle Wolken zusammen?

Der erneute Anstieg von PKV-Kunden in den Sozialtarifen zeigt, dass die Branche noch immer vor großen Herausforderungen steht. So ziehen sich laut Marc Surminski "vermehrt dunkle Wolken über der Branche zusammen". Steigende Leistungsaufwendungen in der PKV verschärfen das Problem weiter: 2023 verzeichnete die Branche einen Kostenanstieg um 9,2 Prozent, der vor allem auf die medizinische Inflation und Nachholeffekte aus der Corona-Zeit zurückzuführen ist. Wegen der höheren Leistungsaufwendungen hat sich auch die Schadenquote der Branche erhöht: von 76,5 Prozent auf 79,1 Prozent. Laut Surminski dürften also zum Jahreswechsel 2024/25 bei vielen Versicherern auch "kräftige Beitragsanpassungen anstehen".

Diese Entwicklungen könnten für die PKV besonders brisant werden, da sie mit den anstehenden Wahlen und der erneuten Debatte über die Einführung einer Bürgerversicherung zusammenfallen könnte, pointiert der Experte. Und warnt: "Hoffentlich gibt es hier künftig nicht vermehrt Medienberichte über Kunden, die sich ihre PKV nicht mehr leisten können und nun in den Sozialtarifen mit deutlich reduzierten Leistungen versichert sein müssen. Das gäbe im Wahljahr 2025 keine guten Schlagzeilen für die PKV." Eine umfangreiche Analyse Surminskis zur Entwicklung der "PKV im Jahr 2023" mit vielen Tabellen und Kennzahlen ist hinter einer Bezahlschranke auf der Webseite der Zeitschrift für Versicherungswesen verfügbar.