Kleinlein zu Riester-Reform: „Handwerkliche Schwächen“

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Axel Kleinlein, Versicherungsaktivist und ehemaliger Vorstandssprecher des Bund der Versicherten (BdV), kritisiert den aktuellen Gesetzentwurf zur Reform der privaten Altersvorsorge. Kleinlein fordert mehr Transparenz, fairere Wettbewerbsbedingungen für alle Anbieter und eine bessere Berücksichtigung der Lebensumstände der Versicherten. Versicherungsbote stellt Kritikpunkte vor.

Es ist offensichtlich: Die staatlich geförderte Altersvorsorge, allen voran die Riester-Rente, steckt in einer tiefen Krise. Verbraucher meiden die Produkte, während zahlreiche Anbieter den Markt bereits verlassen haben. Berichte über hohe Verwaltungskosten, intransparente Gebührenstrukturen und geringe Rentenleistungen haben das Vertrauen der Versicherten schwer erschüttert. Obwohl die Probleme seit Langem bekannt sind, blieb eine wirkungsvolle Lösung bislang aus. Dies soll sich nun mit dem Gesetz zur Reform der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge (pAV-Reformgesetz) ändern.

Seit dem 30. September ist der Entwurf dieses Gesetzes im Umlauf, um Stellungnahmen aus der Branche und von Experten einzuholen. Jemand, der die Gelegenheit nutzte, ist auch Versicherungsmathematiker Axel Kleinlein. Keineswegs kritisiert er nur, stattdessen gibt es auch lobende Worte. Was aber aus Sicht des ehemaligen Vorstandssprechers des Bunds der Versicherten (BdV) verbessert werden sollte, stellt Versicherungsbote im Folgenden vor.

Die Reformvorschläge des pAV-Reformgesetzes

Der Referentenentwurf des pAV-Reformgesetzes sieht mehrere Maßnahmen vor, die das System attraktiver und kostengünstiger machen sollen. Zu den zentralen Vorschlägen zählen:

  • Eine Grundzulage von 20 Cent pro gespartem Euro, bei einem maximal geförderten Betrag von 3.000 Euro (ab 2030: 3.500 Euro).
  • Renditeorientierte Produkte ohne Garantieanforderungen, die höhere Ertragschancen bieten sollen.
  • Die Einführung von Basisprodukten, die transparent und ohne aufwendige Beratung verständlich sein sollen.
  • Die Senkung von Abschluss- und Verwaltungskosten, die als Hauptursache für das Scheitern der Riester-Rente gelten. Im Entwurf heißt es: „Eine bezahlbare und transparente private Altersvorsorge muss gewährleistet sein, um den langfristigen Interessen der Verbraucher zu entsprechen.“

Axel Kleinlein, der in der Branche als kritischer Verbraucherschützer und ehemaliger Vorstandssprecher des Bund der Versicherten (BdV) sowohl bekannt als auch umstritten ist, erkennt zwar die positive Stoßrichtung der Reformvorschläge an, hält die konkrete Umsetzung jedoch für unzureichend. Seiner Meinung nach geht der Entwurf nicht weit genug, um die grundlegenden Probleme der privaten Altersvorsorge zu beheben. Dabei führt Kleinlein mehrere zentrale Kritikpunkte an.

Schließt die Kostenregelung Produkte aus?

Ein zentrales Ziel des pAV-Reformgesetzes ist es, die Kosten für die Versicherten zu senken und transparenter zu gestalten. Hohe Verwaltungskosten gehören seit Jahren zu den größten Problemen der Riester-Rente, was viele Verbraucher davon abhält, diese Produkte zu nutzen. Die Reform verfolgt die Idee, durch klar definierte Kostenobergrenzen private Altersvorsorgeprodukte attraktiver zu machen.

Im Entwurf des Gesetzes ist jedoch festgelegt, dass in der Auszahlungsphase die Kosten ausschließlich in Bezug auf die ausgezahlten Rentenleistungen abgerechnet werden dürfen, also „Kosten in Prozent der Leistung“. Dies führt zu zwei zentralen Problemen:

  • Erstens betrifft diese Regelung nur Lebensversicherer, deren Produkte darauf ausgerichtet sind.
  • Und zweitens bleiben andere Kostenarten – insbesondere solche, die sich auf das verwaltete Kapital beziehen – unberücksichtigt.

Denn Auszahlpläne, die auf Fonds oder ETFs basieren, berechnen ihre Kosten in der Regel auf Basis des verwalteten Kapitals und nicht auf den Teil, der als Rente ausgezahlt wird. Da der Gesetzesentwurf nur „Kosten in Prozent der Leistung“ erlaubt, würden solche Produkte faktisch ausgeschlossen. Kleinlein fordert deshalb eine Erweiterung der Kostenregelung: „Neben den prozentualen Kosten auf die Leistung muss auch der Ansatz von Kosten auf das verwaltete Kapital ermöglicht werden.“ Nur so könne ein fairer Wettbewerb zwischen Lebensversicherern und anderen Anbietern gewährleistet werden, und die Versicherten hätten eine größere Auswahl an Produkten..

Versteckte Kosten bei Lebensversicherern – weiterhin möglich?

Ein weiteres Problem sieht Kleinlein in den versteckten Kosten bei Lebensversicherern. Diese Kosten sind oft nicht direkt sichtbar, weil sie nicht offen ausgewiesen werden, sondern beispielsweise durch geringere Überschussbeteiligungen oder niedrigere Renditen an die Versicherten weitergegeben werden. Kleinlein erklärt: „Kapitalanlagekosten werden nicht direkt in das Produkt eingepreist, sondern mindern das Kapitalanlageergebnis und somit die gesamte Überschussbeteiligung.“ Er fordert daher mehr Transparenz bei der Kostenstruktur, damit die Versicherten genau wissen, welche tatsächlichen Kosten ihnen entstehen und wie diese ihre Renditen beeinflussen.

Fehlende Transparenz bei der Lebenserwartungskalkulation

Ein weiterer Punkt, den Kleinlein anführt, ist die fehlende Transparenz bei der Kalkulation der Lebenserwartung in Lebensversicherungsprodukten. Er betont, dass Versicherten klare Informationen darüber zur Verfügung gestellt werden müssen, wie ihre Auszahlungen in Bezug auf die Lebenserwartung kalkuliert sind: „Es ist dringend darauf zu achten, dass hinreichend Informationen über die Auswirkung des Ansatzes der Langlebigkeit an die Kunden gegeben werden.“ Ohne diese Transparenz könnten die Versicherten nicht nachvollziehen, welche Lebenserwartung der Berechnung ihrer Rente zugrunde gelegt wurde und wie sich mögliche Anpassungen im Laufe der Zeit auswirken könnten. Kleinlein fordert daher klare Informationspflichten für Versicherer, um sicherzustellen, dass die Versicherten über alle relevanten Faktoren informiert sind.

Kleinleins weitere Kritikpunkte

Neben den unklaren Plänen zur Kostenreduktion äußert Axel Kleinlein in seiner Stellungnahme weitere Bedenken. Insbesondere in folgenden Punkten sieht er erheblichen Nachbesserungsbedarf:

  1. Ein wesentlicher Kritikpunkt Kleinleins betrifft die mangelnde Flexibilität in der Auszahlungsphase. Im aktuellen Entwurf des pAV-Reformgesetzes wird vorgegeben, dass Auszahlpläne mindestens bis zum 85. Lebensjahr laufen müssen. Kleinlein bemängelt, dass dies zu unflexibel ist und die individuellen Bedürfnisse der Versicherten nicht ausreichend berücksichtigt. Insbesondere kritisiert er, dass die Auszahlpläne nicht auf eine potenziell längere Lebenserwartung angepasst werden können: „Ein höherer Gestaltungsspielraum bei Auszahlplänen eröffnet eine bessere Anpassung an die Bedürfnisse insbesondere in Hinblick auf die Langlebigkeit.“
  2. Probleme bei der Verteilung von Garantien: Kleinlein äußert sich ebenfalls kritisch zu den geplanten Garantien im Entwurf. Die Neuregelung sieht vor, dass bei einem Garantieprodukt nur noch 80 Prozent der eingezahlten Altersvorsorgebeiträge garantiert werden müssen. Kleinlein erklärt: „Die Erfahrungen zeigen, dass im Bereich der nichtgeförderten Angebote der Lebensversicherer Angebote mit einer nur 80-Prozent-Garantie höhere Kosten aufweisen als vergleichbare Produkte mit 100-Prozent-Garantie oder vollständigem Verzicht auf Garantien.“ Er fordert daher, dass genau darauf geachtet wird, dass Verbraucher nicht durch den Verzicht auf eine 100-Prozent-Garantie benachteiligt werden. Der Hintergrund ist: Produkte mit einer niedrigeren Garantie, wie der 80-Prozent-Garantie, bieten zwar potenziell höhere Renditen, erfordern jedoch ein aufwendigeres Risikomanagement und zusätzliche Kosten für die Kapitalverwaltung. Diese Kosten können die Produkte trotz der niedrigeren Garantie teurer machen.
  3. Verborgene Abschlusskosten bei Kapitalübertragung: Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Kosten bei einer Kapitalübertragung. Kleinlein kritisiert, dass der Entwurf nicht klar genug verhindert, dass Versicherungsunternehmen bei der Aufnahme von übertragenem Kapital neue Abschluss- oder Vertriebskosten erheben könnten. Dies könnte zu einem erheblichen Nachteil für die Versicherten führen, die beim Anbieterwechsel erneut zur Kasse gebeten würden.
  4. Kleinlein kritisiert letztendlich außerdem, dass der Gesetzentwurf nur Lebensversicherern erlaubt, in der Auszahlungsphase Kapital flexibel in renditeorientierte Produkte anzulegen. Andere Anbieter – wie Fondsmanager oder ETF-Anbieter – werden ausgeschlossen. Diese Bevorzugung der Lebensversicherer führt laut Kleinlein zu einer Wettbewerbsverzerrung und schränkt die Auswahl für Verbraucher ein: „Es verwundert, dass eine solche Flexibilisierung der Kapitalanlage ausschließlich Lebensversicherern vorbehalten sein soll und anderen Finanzdienstleistern verwehrt wird.“ Die Stellungnahme Kleinleins ist auf seiner Webseite verfügbar.