Viele Bundesbürger würden die Flexibilisierung der staatlich geförderten Altersvorsorge begrüßen. Besonders die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Garantieformen zu wählen, stößt auf Zustimmung. Derweil setzt die große Mehrheit der Deutschen weiterhin auf garantierte Leistungen.
Anfang Oktober legte das Bundesministerium der Finanzen (BMF) einen Gesetzentwurf zur Reform der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge vor. Nach einer Anhörung der Verbände soll der Entwurf nach der Ressortabstimmung im November der Regierung vorgelegt werden, um dann ins parlamentarische Verfahren zu gehen. Es bleibt also noch Zeit, den Entwurf bei Bedarf zu optimieren.
Das Deutsche Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung (DIVA) und der Deutsche Unternehmensverband Vermögensberatung (DUV) wollten wissen, wie die Bundesbürger zu den vorgelegten Plänen stehen. Eine Blitzumfrage des Marktforschungsinstituts INSA-CONSULERE wurde durchgeführt, um diese Frage zu klären.
Der Referentenentwurf sieht in der Ansparphase bis zum Rentenbeginn im Vergleich zum bisherigen Riester-Sparen deutlich mehr Freiheiten vor. Die verpflichtende Bruttobeitragsgarantie wird durch chancen- und risikoreichere Ansparformen ergänzt. Künftig soll es staatliche Förderung auch für Sparformen mit einer 80-Prozent-Beitragsgarantie sowie für solche ganz ohne Garantien, wie etwa reine Aktienfonds, geben.
Die Umfrageergebnisse zeigen, dass die Regierung mit dieser Flexibilisierung auf dem richtigen Weg ist: 42,6 Prozent der Befragten wollen weiterhin voll auf Sicherheit setzen und sich für die 100-Prozent-Garantie entscheiden. 36,3 Prozent bevorzugen die 80-Prozent-Garantie, während 21,1 Prozent bereit wären, auf jegliche Garantie zu verzichten. Frauen und Personen ab 50 Jahren zeigen eine ausgeprägtere Sicherheitspräferenz und würden eher die 100-Prozent-Garantie wählen.
"Es ist rundum zu begrüßen, dass die Politik mit der Aufweichung der Bruttobeitragsgarantie endlich die staatlich geförderte private Altersvorsorge aus dem viel zu engen Korsett der Zinsabhängigkeit in die Kapitalmärkte entlassen will. Über 10 Jahre Niedrigzins sind der Hauptgrund dafür, dass das Riester-Sparen nicht mehr funktionieren konnte. Jetzt sollen die Bürger selbst wählen können, und das ist gut so. Denn wie die Ergebnisse zeigen, sind die Präferenzen für Sicherheit, Risiko und Rendite bei den Menschen höchst unterschiedlich. Warum also sollte der Staat alle in eine festgelegte Sparform hineinzwingen, die sich darüber hinaus auch noch als viel zu zinsabhängig herauskristallisiert hat?", meint Prof. Dr. Michael Heuser, wissenschaftlicher Direktor des DIVA.
In der Verrentungsphase sieht der Referentenentwurf ebenfalls mehr Flexibilität vor: Die Menschen sollen weiterhin eine zu 100 Prozent lebenslang garantierte Rente wählen können, aber auch eine Rente mit 80-Prozent-Garantie und 20 Prozent variabler Rente. Neu ist der Ansatz, anstelle der lebenslangen Rente einen zeitlich begrenzten Auszahlplan wählen zu können, bei dem die monatlichen Zahlungen – garantiert oder variabel – mindestens bis zum 85. Lebensjahr kalkuliert sein müssen.
Die Umfrage zeigt, dass 84,6 Prozent der Befragten die lebenslange Rente favorisieren, 60,1 Prozent sogar mit einer 100-Prozent-Garantie. Auch hier ist der Anteil der Frauen und Älteren höher. Dazu Heuser: "Die Unterschiede in der Sicherheitsorientierung, jeweils in der Anspar- und Verrentungsphase, sind signifikant unterschiedlich. Das zeugt durchaus von Sachverstand. Denn in jüngeren Jahren, also in der Ansparphase, kann mehr ins Risiko gegangen werden. Im Rentenalter hingegen sollte Kapital, das für den Lebensunterhalt benötigt wird, nicht mehr allzu riskant angelegt sein. Dass es mit rund 15 Prozent aber durchaus einen nennenswerten Bevölkerungsanteil gibt, der auch in der Rente noch von den Chancen der Kapitalmärkte profitieren und deshalb den Auszahlplan favorisieren würde, zeigt, dass das BMF auch hier auf dem richtigen Weg ist."
Ein weiteres Ziel des Referentenentwurfs ist die Schaffung besserer Vergleichbarkeit der staatlich geförderten Produkte. Deshalb soll es in der Ansparphase nicht mehr möglich sein, das Risiko der Erwerbsminderung abzusichern (Beitragsbefreiung). Für die Verrentungsphase soll es nur noch die Option einer 10-jährigen Rentengarantiezeit geben, also eines zeitlich befristeten Übergangs der Rentenansprüche auf den Partner im Todesfall.
Hier verfehlt das BMF jedoch die Sichtweise der Bürger: Eine deutliche Mehrheit (58,7 Prozent) würde gerne einen kleineren Teil der monatlichen Sparbeträge zur Absicherung von Erwerbsunfähigkeit verwenden. Bei der Rentengarantiezeit sprechen sich knapp 44 Prozent für Produkte aus, die zugunsten einer höheren monatlichen Rente auf eine garantierte Absicherung des Lebenspartners verzichten. Über 13 Prozent derjenigen, die in einer Partnerschaft leben, haben Interesse an einer Hinterbliebenenabsicherung mit lebenslanger Auszahlung.
"Der Entwurf des BMF ist gut und absolut zeitgemäß, denn mit ihm wird die staatlich geförderte private Altersvorsorge endlich kapitalmarktfähig, und jeder kann nach eigener Façon vorsorgen. Als Verband kritisieren wir am Entwurf vor allem die Regelung zur Kinderzulage, die für Geringverdiener deutlich schlechter als bisher wäre. Gerade diese Gruppe muss aber im Fokus stehen. Und schaut man auf die Meinungen der Bürger, ist es ein Fehler, die Absicherung der Erwerbsunfähigkeit nicht mehr zuzulassen. Die neue Vielfalt der Produkte macht Vergleiche sowieso schwierig. Das Transparenzargument geht deshalb ins Leere. Und die 10-jährige Rentengarantiezeit scheint ein in der Höhe willkürlich festgelegtes "Feigenblatt" zu sein. Folgt man dem Wunsch der Bürger, wird sie mehrheitlich nicht gebraucht. Stattdessen sollte man für Paare die Chance einer Rente auf verbundene Leben als Option vorsehen", so Dr. Helge Lach, Vorsitzender des DUV.