„Die Zukunft der bKV wird stark von ihrer Anpassungsfähigkeit abhängen"

Quelle: Sarah Hoch@Gothaer

Die betriebliche Krankenversicherung (bKV) hat sich in den letzten Jahren zu einem echten Hoffnungsträger entwickelt. Immer mehr Unternehmen nutzen dieses Instrument, um qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen und zu binden. Sarah Hoch, Leiterin Beratung bKV Maklervertrieb der Gothaer, gibt Auskunft über den derzeitigen Stand und Zukunftsperspektiven.

Versicherungsbote: Frau Hoch, wie effektiv sind Gesundheitsprogramme in der betrieblichen Krankenversicherung (bKV) tatsächlich, um die Mitarbeiterbindung langfristig zu stärken? Sehen Sie hierbei messbare Erfolge oder ist das eher ein theoretisches Konzept?

Sarah Hoch: Das Schöne an der bKV ist, dass sie für Mitarbeitende sofort und mehrmals im Jahr erlebbar ist. Sie profitieren dabei nicht nur von einer besseren medizinischen Versorgung, sondern werden auch direkt finanziell entlastet. Hinzu kommt: Das Gesundheitsbewusstsein unserer Gesellschaft hat einen enormen Schub erhalten. Damit gewinnt auch die bKV weiter an Bedeutung. Das belegen auch unsere Zahlen: Allein im letzten Jahr konnte die Gothaer Kranken ihr Neugeschäft in diesem Segment um rund 48 Prozent steigern.

Inwieweit berücksichtigen die bKV-Angebote die unterschiedlichen Bedürfnisse der Mitarbeiter, insbesondere hinsichtlich Geschlecht, Alter und gesundheitlicher Vorbelastung?

Gerade die Budgettarife berücksichtigen aufgrund ihrer breiten Leistungsvielfalt die individuelle Situation der Mitarbeitenden. Denn sie können mehrmals im Jahr die für sie passenden Leistungen nach Bedarf selbst auswählen, sei es die professionelle Zahnreinigung, die Kostenübernahme für eine Sehhilfe oder die Behandlung beim Heilpraktiker. Und das Beste: Durch den kollektiven Versicherungsschutz erhalten alle Mitarbeitenden unabhängig von Alter, Geschlecht oder Gesundheitszustand den gleichen Versicherungsschutz.

Wie sehen Sie die Zukunft der betrieblichen Krankenversicherung im Kontext einer zunehmend digitalisierten Arbeitswelt und dem Trend zu Remote-Arbeit, also Arbeit unabhängig vom Standort?

Die Gesundheit der Mitarbeitenden wird auch in diesem Kontext nicht an Bedeutung verlieren. Direkte Auswirkungen auf die bKV sehe ich daher nur dahingehend, dass wir uns mit neuen Krankheitsbildern beschäftigen müssen. Wichtig ist zudem, dass wir als Versicherer Informationen zur bKV und zu den Gesundheits- und Assistanceleistungen über die digitalen Kanäle des jeweiligen Unternehmens für jeden einfach zugänglich zur Verfügung stellen. Bei der BarmeniaGothaer erfüllen wir dies über die Service- und Gesundheitswelt in unserer Kunden-App, aber auch über das Angebot eines digitalen Gesundheitsportals für unsere Firmenkunden. Darüber hinaus sollten digitale Assistance- und Serviceleistungen wie telemedizinische Dienste oder die Bereitstellung von Gesundheitsservices via App zunehmend berücksichtigt werden und in die Lebenswelt der Mitarbeitenden integriert werden.

Welche Anpassungen sind notwendig, um auch künftig die Attraktivität der bKV als Instrument zur Mitarbeiterbindung zu erhalten und auszubauen?

Die Zukunft der bKV wird stark von ihrer Anpassungsfähigkeit an neue Arbeitsrealitäten und den medizinischen Fortschritt abhängen. Hier hat sich das Leistungsangebot mit den verschiedenen Tarifen und zugehöriger Gesundheits- und Assistanceleistungen ständig weiterentwickelt. Es ist daher unsere Aufgabe als Versicherer, flexibel aufgestellt zu sein. Für mich steht fest: Die bKV muss auch eine von anderen Sachbezügen getrennte steuerliche Förderung erhalten. Denn es kann nicht sein, dass die Gesundheit der Mitarbeitenden mit anderen Sachbezügen wie einem Tankgutschein konkurrieren muss.

Wie gehen Sie mit der Herausforderung um, dass nicht alle Mitarbeiter möglicherweise das volle Potenzial der angebotenen Gesundheitsprogramme nutzen? Gibt es spezielle Maßnahmen, um die Teilnahme zu fördern und sicherzustellen, dass alle Mitarbeiter von den Programmen profitieren können?

Wir unterstützen unsere Firmenkunden individuell mit einer Vielzahl von Kommunikationsmitteln, um ihre Mitarbeitenden über das Angebot zu informieren. So erhält jeder Mitarbeitende ein Starter-Kit, in dem alle Leistungen rund um die bKV, aber auch die dahinter stehenden Prozesse kurz und einfach dargestellt sind. Darüber hinaus wollen wir den Mitarbeitenden den Zugang zu den Leistungen so einfach wie möglich machen. Dafür haben wir in unserer Kunden-App eine exklusive Content-Welt geschaffen, über die sie bei der Nutzung der App alle Leistungen angezeigt bekommen und sehr einfach auf die Services zugreifen können. Natürlich bieten wir auch an, Unternehmen bei Informationsveranstaltungen laufend zu unterstützen.

Einige Kritiker argumentieren, dass bKV-Programme vor allem ein Instrument zur Kostensenkung für Unternehmen sind, indem sie Mitarbeiter ermutigen, gesünder zu leben und dadurch krankheitsbedingte Fehlzeiten zu reduzieren. Wie reagieren Sie auf diese Kritik und wie stellen Sie sicher, dass die Gesundheitsprogramme in erster Linie dem Wohlergehen der Mitarbeiter dienen?

Ich bin überzeugt, dass die bKV für die Unternehmen ein integraler Bestandteil ihrer Fürsorgepflicht gegenüber ihren Mitarbeitenden ist. Denn unabhängig vom gewählten Tarif geht es letztlich darum, die Gesundheit der Belegschaft zu fördern. Natürlich profitiert aber letztlich auch der Arbeitgeber davon. Und das ist durchaus legitim. Neben der Stärkung der Arbeitgebermarke verfolgen Unternehmen auch wirtschaftliche Ziele. Gerade in kleinen und mittleren Unternehmen haben Fachkräftemangel, hohe Fluktuation oder lange Ausfallzeiten der Mitarbeitenden zum Teil gravierende Folgen – für den Arbeitgeber, aber auch die Mitarbeitenden. Für mich ist die bKV daher ein ‚Win-Win‘ für Arbeitgeber und Belegschaft.

Welche Pläne hat die BarmeniaGothaer Krankenversicherung, um die bKV-Programme weiterzuentwickeln und an die sich ändernden Bedürfnisse der Arbeitswelt anzupassen? Gibt es neue Initiativen oder Innovationen, die Sie in naher Zukunft einführen möchten?

Im Zuge des Zusammenschlusses mit der Barmenia steht für uns natürlich im Vordergrund, das Beste aus beiden Welten zusammenzuführen und das Produktportfolio zu harmonisieren. Mit der Einführung unserer neuen Budgettarife inklusive der sich stetig weiterentwickelnden Service- und Assistance-Leistungswelt so wie der Integration der betrieblichen Gesundheitsförderung in die bKV, haben wir aber in den vergangenen Jahren sehr gute Vorarbeit geleistet. Für die Zukunft wird es darum gehen, Unternehmen die Möglichkeit zu geben, individuelle Gesundheitskonzepte zu schnüren, digitale Gesundheitsangebote weiter zu integrieren, aber auch die psychische Gesundheitsvorsorge und Präventionsprogramme in die bKV zu integrieren. Dazu werden Versicherer auch immer wieder gezielt neue Kooperationen und Partnerschaften eingehen.

Hintergrund: Das Interview ist zuerst in der Ausgabe 02/2024 des Fachmagazins Versicherungsbote erschienen – in der Sonderausgabe „Versicherungsbotin“. Die Fragen stellte Björn Bergfeld. Das Magazin kann hier kostenfrei abonniert werden.