„Wir ermutigen unsere Vertriebspartner, die Scheu vor dem Thema Pflege abzulegen“

Quelle: Thomas Wiesemann@Allianz

Während viele Anbieter sich aus der gesetzlich geförderten Pflegezusatzversicherung zurückziehen, bietet die Allianz weiterhin den Pflege-Bahr an. Dr. Thomas Wiesemann, Vorstand für den Maklervertrieb, erklärt, warum der Pflege-Bahr als ergänzende Absicherung wichtig bleibt und wie die Allianz die Menschen zu mehr privater Vorsorge motivieren will.

Versicherungsbote: Die gesetzlich geförderte Pflegezusatzversicherung, auch bekannt als 'Pflege-Bahr', wurde ursprünglich eingeführt, um Versorgungslücken in der Pflegeversicherung zu schließen. Wie beurteilen Sie heute die Wirksamkeit und den aktuellen Stand der Pflegevorsorge in Deutschland?


Thomas Wiesemann: Die Pflegelücke über zusätzliche private Vorsorge zu schließen, ist sehr sinnvoll. Denn die verpflichtenden Pflegeversicherungen der GKV und PKV, in die alle einzahlen, waren von Anfang an nur als Teilabsicherung konzipiert. Um den Großteil ihrer Absicherung im Pflegefall müssen die Menschen sich selbst kümmern. Viele verdrängen das jedoch oder wissen es schlichtweg nicht.

Nur rund vier Millionen haben überhaupt eine private Pflegezusatzversicherung abgeschlossen, bei derzeit ungefähr fünf Millionen Pflegebedürftigen. Und bis 2055 sollen laut Bundesministerium für Gesundheit rund sieben Millionen Menschen pflegebedürftig sein. Die Zahl der Abschlüsse reicht also angesichts dieses Bedarfs noch lange nicht aus.

Die Allianz hält, trotz des allgemeinen Rückzugs vieler Wettbewerber, weiterhin am Pflege-Bahr fest – allerdings stagniert das Niveau im Neugeschäft. Was sind die Gründe für dieses anhaltende Engagement? Und wie sehen Sie die Rolle der Allianz in einem sich verkleinernden Markt?

Ich sehe uns als Versicherer, gemeinsam mit den Vermittlern, in der Pflicht, die Menschen darüber aufzuklären, wie wichtig private Vorsorge für die Pflegeabsicherung ist. Die Statistik zeigt, dass drei von vier Personen im Laufe ihres Lebens pflegebedürftig werden. Damit haben wir ein bedeutendes Risiko, das sich mit einer entsprechenden Zusatzversicherung langfristig absichern ließe.

Dabei bieten wir bei der Allianz die ganze Bandbreite der Möglichkeiten für eine Pflegeabsicherung an, sei es das klassische Pflegetagegeld, das von Ihnen angesprochene geförderte Produkt, eine Pflegerente – oder eine Kombination. Jedes Angebot hat dabei seine Berechtigung.


Wir ermutigen alle unsere Vertriebspartner, die Scheu vor dem vermeintlich schwierigen Thema Pflege abzulegen. Unsere aufmerksamkeitsstarken Pflege-Kampagnen dienen hier zudem als gute Aufhänger, Kundinnen und Kunden unkompliziert anzusprechen.

In der Beratung ist es wichtig, genau zuzuhören und nachzufragen, wie die Menschen sich ihr Leben vorstellen, sollten sie einmal auf Hilfe angewiesen sein – und dann gemeinsam die passenden Lösungen vor dem Hintergrund der individuellen Kundensituation zu finden.

Sehen Sie für die gesetzlich geförderte Pflegezusatzversicherung bei der Allianz eine Zukunft? Und was müsste sich ändern, damit die Produkte auch für Anbieter wieder attraktiver werden?

Die geförderte Pflegezusatzversicherung ermöglicht es, eine Absicherung für alle Kundinnen und Kundinnen anzubieten – es gibt keine Gesundheitsprüfung und keine Altersgrenze. Wichtig ist dabei zu wissen: Sie dient als ergänzende Mindestabsicherung für den Pflegefall, bietet aber keinen Rundumschutz.


Grundsätzlich geht es uns nicht darum, auf ein bestimmtes Produkt hin zu beraten, sondern auf die hohe Bedeutung des Themas aufmerksam zu machen. Und dann die Lösung zu finden, die den Wünschen und Bedürfnissen unserer Kundinnen und Kunden am besten entspricht.

Dabei machen wir die Erfahrung, dass die meisten unserer Versicherten, die eine Pflegezusatzversicherung abschließen, sich für unser klassisches “PflegetagegeldBest” entscheiden. Neben hohen Geldleistungen beinhaltet dieser Tarif zusätzliche, umfangreiche Pflege-Assistanceleistungen, die den Betroffenen und ihren Familien Unterstützung bei der Organisation der Pflege im Alltag bieten.

Mit diesem Ansatz sind wir erfolgreich: Mehr als jede dritte neu abgeschlossene Pflegezusatzversicherung kam 2023 aus unserem Haus. Damit sind wir Marktführer.

Was sind Ihre Forderungen an heutige politische Akteure, um private Pflegevorsorge in Zeiten steigender Pflegekosten und steigender Eigenanteile zu stärken?

Wir brauchen grundsätzlich eine viel stärkere kapitalgedeckte Finanzierung der Pflege, um sie zukunftsfest zu machen und unser gesamtes Gesundheitssystem zu stabilisieren.

Private Pflegezusatzversicherungen ermöglichen es den Menschen, sich in einem kapitalgedeckten System umfassend und zu bezahlbaren Beiträgen für den Pflegefall abzusichern. Sie sind generationengerecht, anstatt die Kosten wie im Umlageverfahren auf die nachfolgenden Generationen abzuwälzen. Darüber hinaus sind die Leistungen, anders als in der gesetzlichen Pflegeversicherung, vertraglich garantiert und können nicht reduziert werden.

Ebenfalls sinnvoll wäre ein Ausbau betrieblicher Lösungen. So könnte eine betriebliche, vom Arbeitgeber finanzierte Pflegezusatzversicherung die Pflegevorsorge vieler Menschen auf ein zusätzliches, kapitalgedecktes Standbein stellen. Um diese Lösung weiter voranzutreiben, wäre eine eigene staatliche Förderung wünschenswert.