Allianz-Chef Oliver Bäte: „Die Bezahlbarkeit von Versicherungen raubt mir den Schlaf"

Quelle: allianz.com

Doch auch in der Kfz-Versicherung – das zweite Beispiel, das Bäte nennt – scheinen begrenzte Leistungen ein Weg der Kostensenkung zu sein: Bäte nennt zum Beispiel die freie Werkstattauswahl, die zum Disput steht. Dabei wird klar, wie angespannt die Lage in der Branche ist: Kein Versicherer war 2023 kostendeckend, und die durchschnittliche Combined Ratio erreichte mit 112,24 Prozent ein Rekordhoch. Treiber dieser Entwicklung sind nicht nur immer teurere Reparaturen durch komplexe Fahrzeugtechnik wie Sensoren und digitale Systeme, sondern auch die wachsende Zahl an Extremwetterereignissen, die erhebliche Schäden verursachen. Der aggressive Preiswettbewerb während der Wechselsaison verschärft die Situation zusätzlich.

Trotzdem hebt sich die Allianz positiv ab. Mit einer durchschnittlichen Prämie von 295,25 Euro je Vertrag – fast 100 Euro mehr als die HUK-Coburg (197,99 Euro) – generiert sie deutlich höhere Einnahmen. Dies erlaubt es der Allianz, trotz eines kleineren Vertragsbestands (14,7 Millionen gegenüber 24,4 Millionen bei der HUK) den Abstand bei den gebuchten Bruttoprämien gegenüber dem größten Konkurrenten zu verringern: 2023 lag dieser Abstand bei 417,07 Millionen Euro, verglichen mit 519,97 Millionen Euro im Jahr zuvor. Gerade diese Fähigkeit, höhere Prämien am Markt durchzusetzen, ist ein entscheidender Vorteil, der die Allianz von vielen Wettbewerbern unterscheidet.

Auch bei der Schaden-Kosten-Quote zeigt die Allianz eine bemerkenswerte Resilienz: Die Combined Ratio der Allianz Versicherungs-AG lag bei 105,67 Prozent – zwar oberhalb der Kostendeckungsgrenze, aber dennoch stabiler als bei 39 von 50 Wettbewerbern, deren Ergebnisse schlechter ausfielen. Im Vergleich dazu erreichte die HUK-Coburg Allgemeine eine Quote von alarmierenden 112,93 Prozent. Selbst die kleinere Allianz Direct – traditionell ein Sorgenkind – zeigt Fortschritte: Ihre durchschnittliche Prämie stieg auf 260,21 Euro, was ihre Position stabilisierte, auch wenn die Combined Ratio mit 120,22 Prozent weiterhin eine Belastung bleibt (Versicherungsbote berichtete).

Neben der Begrenzung der freien Werkstattwahl gibt es weitere Vorschläge zur Kostensenkung – zum Beispiel Telematik-Tarife, bei denen das Fahrverhalten der Kunden analysiert wird. Sicheres und vorausschauendes Fahren wird mit Rabatten belohnt, was langfristig sowohl die Unfallzahlen als auch die Schadenkosten reduzieren könnte. Dieser Ansatz wirft jedoch Datenschutzfragen auf – und wird aus diesem Grund von einigen Kunden skeptisch betrachtet. Ein weiterer Ansatz ist das verstärkte Nutzen von Gebrauchtteilen bei der Reparatur (Versicherungsbote berichtete).

Vorschläge für die Wohngebäudeversicherung

In der Wohngebäudeversicherung gibt es ebenfalls Ansätze, um die finanziellen Belastungen zu bewältigen. Neben den generellen Prämienanpassungen diskutieren Versicherer zusätzliche Ansätze:

  • Flexiblere Tarife mit Selbstbeteiligung: Versicherer bieten Kunden die Möglichkeit, ihre Prämien durch höhere Selbstbeteiligungen oder angepasste Deckungssummen zu senken. Dies kann für Hausbesitzer eine effektive Möglichkeit sein, ihre Versicherungsbeiträge aktiv zu beeinflussen. Allerdings birgt dies das Risiko, dass im Schadenfall höhere Kosten auf die Versicherungsnehmer zukommen, was zu finanziellen Engpässen führen kann.
  • Förderung präventiver Maßnahmen: Präventive Investitionen wie Rückstausicherungen oder der Einsatz feuerfester Materialien verringern das Risiko von Schäden durch Naturkatastrophen oder Leitungswasser. Solche Maßnahmen werden zunehmend von Versicherern gefördert, um langfristig Schadensquoten zu senken. Die Herausforderung besteht jedoch darin, Hausbesitzer von der Notwendigkeit solcher Maßnahmen zu überzeugen und finanzielle Anreize zu schaffen, damit diese Investitionen getätigt werden.
  • Gezielte Rückversicherungsverträge: Die Rückversicherung ist ein zentrales Instrument, um extreme Schwankungen durch Großschäden wie Hochwasser oder Stürme abzufedern. Diese Verträge ermöglichen es Erstversicherern, ihre Belastungen besser zu kontrollieren. Allerdings führt die steigende Anzahl von Naturkatastrophen auch hier zu höheren Kosten für Rückversicherer, die wiederum an die Erstversicherer weitergegeben werden. Dies könnte die Effektivität dieser Maßnahme langfristig einschränken.
  • Effizienzsteigerung durch Digitalisierung: Die Digitalisierung bietet enormes Potenzial, Kosten zu senken und Prozesse zu beschleunigen. So können digitale Technologien in der Schadensregulierung eingesetzt werden, um Schäden schneller zu erfassen und zu bearbeiten. Automatisierte Prozesse verringern zudem Verwaltungskosten. Die Einführung solcher Technologien erfordert jedoch erhebliche Investitionen, und nicht alle Versicherer verfügen über die notwendigen Ressourcen, um diese Transformation vollständig umzusetzen.