Die Versicherer stehen auch in diesem Jahr vor großen Herausforderungen. Dabei stehen insbesondere große digitale und regulatorische Projekte im Mittelpunkt, erklärt Dirk Weske, Vorstand der PPI AG. In seiner Kolumne für Versicherungsbote wagt er einen Ausblick, welche großen Themen die Versicherungswirtschaft im Jahr 2025 umtreiben wird.
Das bewegte Jahr 2024 ist Geschichte. Zeit also, den Blick nach vorne zu richten und auf das Versicherungsjahr 2025 zu schauen. Der Markt steht nie still, und so kommen auch im Jahr 2025 viele neue Herausforderungen auf die Versicherungsbranche zu. Einige der wichtigsten Themen, die aus meiner Sicht auf keiner Vorstandsagenda fehlen dürfen, habe ich Ihnen hier zusammengetragen.
Digitale Resilienz
Direkt zu Beginn des Jahres, am 17. Januar, tritt der Digital Operational Resilience Act in Kraft. „DORA die Schreckliche?“ habe ich an dieser Stelle vor fast einem Jahr gefragt. Denn für die Versicherungsbranche bedeutet die Umsetzung von DORA eine große Herausforderung und, nach meinem Eindruck, sind vielerorts lange noch nicht alle Schritte in Richtung digitaler Resilienz und nachhaltiger Abwehr von Cyberrisiken gegangen. Die Anforderungen werden hier weiter steigen, nicht nur, weil die Angreifer besser werden, sondern auch weil die Aufsicht hier sicherlich zukünftig einen Schwerpunkt legen wird.
Transformation der IT-Altsysteme
Viele Versicherer werden weiterhin mit der Transformation ihrer IT-Kernsysteme zu kämpfen haben. Veraltete Systeme bremsen viele Neuerungen aus. Insbesondere die Notwendigkeit eines erhöhten Automatisierungsgrads vor dem Hintergrund steigender Arbeitskosten und des demografischen Wandels wird die Einführung neuer Systeme beschleunigen. Auch die Abkündigung des weitverbreiteten Dokumentensystems von DOPiX bedeutet für viele Versicherer, dass sie ihre IT-Landschaft anpassen müssen.
Künstliche Intelligenz (KI)
KI ist gekommen, um zu bleiben. Beinahe wöchentlich überraschen neue Modelle mit ihrer sprunghaften Entwicklung. Die Versicherungsbranche ist bereits aktiv daran, KI produktiv einzusetzen, um Prozesse zu optimieren und den Fachkräftemangel zu dämpfen (Ich berichtete in einer früheren Kolumne). Von einer flächendeckenden Nutzung, die das Potenzial der Technologie voll ausschöpft, sind wir allerdings noch weit entfernt. Diese Transformation wird die Versicherer noch Jahre beschäftigen. Gerade deshalb bestehen für die Schnellen erhebliche Potentiale, sich Wettbewerbsvorteile zu erarbeiten.
FIDA
Mit FIDA (Financial Data Access) kommt Open Insurance nach Deutschland: Erstmals sollen Dritte in einem gesetzlich geregelten Rahmen Zugriff auf Kundendaten erhalten und diese gezielt nutzen dürfen. Für Versicherungen ist hier die Entwicklung eines Schnittstellen-Standards relevant. Diese wird aktuell von zwei Parteien vorangetrieben, die jeweils ihre eigenen FIDA-Schemes entwickeln möchten: BiPRO und FRIDA. Bis die Schemes stehen und der Markt entschieden hat, welches der beiden Schemes sich durchsetzt oder ob beide dauerhaft koexistieren, wird 2025 vorbei sein. Doch auch hier gilt es, nicht nur die Entwicklung genau zu beobachten, sondern auch frühzeitig Chancen der Open Insurance zu ergreifen.
Request-to-Pay
Die Testphase des GDV zu DICOMPAY, die Request-to-Pay-Initiative der Versicherer, läuft Anfang dieses Jahres aus. Damit steht für 2025 der sukzessive Rollout in der Finanzwirtschaft auf dem Zeitplan. In der Versicherungsbranche wird Request-to-Pay sicherlich über eine reine Bezahlfunktion hinausgehen, wobei das Anfügen der Versicherungspolice direkt an die Zahlungsaufforderung nur der offensichtlichste aller Use Cases für Versicherungen ist. Es wird sehr spannend zu sehen, welche kreativen Ideen sich rund um dieses neue Verfahren etablieren werden.
Vollständig ist diese Liste natürlich nicht. Neben diesen fünf gibt es zahlreiche weitere Themen. So bleibt die weitere Entwicklung auf dem Kfz-Versicherungsmarkt herausfordernd und wir werden mit ziemlicher Sicherheit auch eine neue Regierung sehen. Hier wird die Branche sicherlich besonders darauf schauen, welche neuen Impulse zur Reform der Alterssicherung gesetzt werden. In der Summe überwiegen aber aus meiner Sicht die Chancen. Gegenüber „Es muss viel getan werden“ bevorzuge ich daher ein „Es kann viel verändert werden“. Ich freue mich darauf!