Die Wahlprogramme der großen Parteien versprechen viel für die Rente. Dabei bleiben sie in Bezug auf die Finanzierungskonzepte mindestens vage. So versuchen SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die GRÜNEN und AfD, Belastungen für Rentner zu vermeiden, aber verschieben die Kosten auf aktuelle und zukünftige Beitragszahler, so das ifo Institut.
Die Versprechen der Parteien zur Rente lassen unklar, wie diese finanziert werden sollen. Dies zeigt eine aktuelle Analyse im ifo Schnelldienst mit Bezug auf die Programme der SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und AfD. „Alle größeren Parteien sind offensichtlich darum bemüht, mögliche Belastungen für die Rentnerinnen und Rentner zu vermeiden und stattdessen die Last auf die aktuellen und kommenden Beitragszahler zu verlegen“, sagt Joachim Ragnitz, stellvertretender Leiter der ifo Niederlassung Dresden.
Das Wahlprogramm der SPD sieht ein dauerhaftes Rentenniveau von 48 Prozent vor, ohne die Lebensarbeitszeit verlängern zu wollen. Marcel Thum, Leiter der ifo Niederlassung Dresden, erklärt: „Mit dem Vorschlag werden die Kosten der Alterung ausschließlich der erwerbsfähigen Generation auferlegt, die diese über höhere Beiträge oder Steuern zu tragen hat“. Demnach würde der Beitragssatz bis 2045 um 1,5 Prozentpunkte auf 22,7 Prozent steigen.
Bündnis 90/Die Grünen sprechen sich ebenfalls für ein stabiles Rentenniveau sowie gegen ein höheres Renteneintrittsalter über 67 Jahre aus. Zudem sollen Beamte und Selbständige künftig in die Rente einzahlen, sowie eine kapitalgedeckte Vorsorge in Form eines „Bürger*innenfonds“ eingeführt werden. Dabei bleibe unklar, wie die kurzfristige Finanzierung der Renten sichergestellt werden kann. Ragnitz merkt an: „Insbesondere eine Ausweitung der Rentenversicherungspflicht auf Beamte würde kurzfristig zu einer Doppelbelastung der öffentlichen Haushalte führen, die dann sowohl die laufenden Pensionszahlungen als auch die Beiträge für das aktive Personal zu schultern hätten“.
CDU/CSU halten in ihrem Programm an der „Rente mit 63“ sowie am Renteneintrittsalter mit 67 Jahren ab 2031 fest. Das Rentenniveau sowie der Beitragssatz sollen „durch Wirtschaftswachstum“ stabil gehalten werden. Thum sagt: „Durch allgemeine Produktivitäts- und Lohnsteigerungen steigen zwar die Beiträge, aber letztlich auch der Rentenwert und damit die Ausgaben. Aus dem Finanzierungsproblem der deutschen Rentenversicherung kann man daher nicht einfach herauswachsen“. Die weiteren Vorschläge zur Stärkung von betrieblicher und privater Vorsorge, sowie eines Kapitalstocks aus staatlichen Mitteln für Kinder, würden die Rentenkassen erst ab 2070 entlasten.
Das Wahlprogramm der AfD zielt auf eine mittelfristige Erhöhung des Rentenniveaus auf gut 70 Prozent des letzten Nettoeinkommens ab. Finanziert werden soll dies durch eine Erhöhung des steuerfinanzierten Bundeszuschusses an die Rentenversicherung. Politiker sollen künftig ebenfalls in die gesetzliche Rente einzahlen. Beitragssatzerhöhungen sollen über Entlastungen bei der Einkommensteuer ausgeglichen werden. Die Vorschläge würden zu einer Umschichtung der Finanzierung der Rente führen und das Finanzierungsproblem durch die Rentenerhöhung sogar noch verschärfen, so das Urteil der ifo-Forscher. Der Effekt durch die Einbeziehung von Politikern in die Rentenversicherung sei darüber hinaus vernachlässigbar.
Die FDP hält sich mit konkreten Vorschlägen und Versprechungen zur Rente bisher zurück, deshalb ging dies nicht in die vorliegende Analyse mit ein.
Als langfristig wirksamer Weg, die gesetzliche Rentenversicherung zu stabilisieren, schlagen die Autoren vor, das Renteneintrittsalter an die Lebenserwartung anzupassen. So ließe sich das Verhältnis von Beitragszahlern zu Rentenempfängern angesichts der demografischen Schieflage annähernd stabil halten. Zudem empfehlen die Autoren, die Renten künftig lediglich an die Inflationsentwicklung anzugleichen, statt an die Zuwachsrate der Nettolöhne. Thum erläutert: „Sowohl die Koppelung des Rentenalters an die Lebenserwartung als auch die Inflationsindexierung der Renten sind Regelungen, die in anderen europäischen Ländern bereits erfolgreich eingeführt wurden. In Deutschland traut sich aktuell keine der großen Parteien an eine solche Reform heran“.
Im Jahr 2023 lagen die Gesamtkosten der Alterssicherung bei 429 Milliarden Euro und damit bei rund 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Bis zum Jahr 2038 würden die Ausgaben zur gesetzlichen Rentenversicherung gegenüber dem aktuellen Wert um mehr als 75 Prozent steigen, während die beitragspflichtigen Einkommen lediglich um 50 Prozent zunehmen.