Bundestagswahl 2025: Parteien vernachlässigen Aktienkultur und Altersvorsorge

Quelle: Initiative Minderheitsaktionäre

Die Wahlprogramme der Parteien bieten kaum tragfähige Konzepte für eine zukunftsfähige Altersvorsorge. „Offenbar sind Altersvorsorge und Kapitalmarkt für Politiker toxische Themen“, kritisiert Robert Peres, Vorsitzender der Initiative Minderheitsaktionäre. Im Gastbeitrag analysiert er, welche Pläne die Parteien verfolgen, warum sich viele Vorschläge als unausgereift erweisen – und wieso eine echte Aktienkultur weiterhin auf sich warten lässt.

Am 23. Februar 2025 findet die vorgezogene Bundestagswahl in Deutschland statt, die durch das Auseinanderbrechen der Ampelregierung notwendig geworden ist. Dass diese Wahl extrem wichtig für die künftige Entwicklung unseres Landes ist, betonen nicht nur die wahlwerbenden Parteien, sondern auch viele Beobachter im In- und Ausland. Deutschland befindet sich in einer wirtschaftlichen Abwärtsbewegung. Wachstumsimpulse werden schmerzlich vermisst, auf die großen gesellschaftlichen Herausforderungen wie etwa die alternde Gesellschaft gibt es nach wie vor keine befriedigenden Antworten und Konzepte. Leider überlagert die Debatte über die öffentliche Sicherheit und zulässige Wahlkampfstrategien die alles entscheidende Frage: Können wir uns die Zukunft leisten?

Neben einer aktiven Wachstumspolitik hat daher vor allem eine grundlegende Reform der Altersvorsorge und eine spürbare Stärkung des Kapitalmarktes höchste Priorität. Die Initiative Minderheitsaktionäre hat daher die Programme der wahlwerbenden Parteien dahingehend untersucht und ein erstes Fazit gezogen.

Analyse fällt ernüchternd aus – Laut Scholz bleibt die Rente stabil

Aus Sicht der Aktionäre fällt die Analyse der Wahlprogramme im Hinblick auf Altersvorsorge, Aktienkultur und Vermögensaufbau ernüchternd aus. Offenbar trauen sich die Politiker wieder mal nicht an diese Themen heran, sie wirken auf die Volksvertreter quasi toxisch. 40 Prozent der Wähler sind über 60 Jahre alt. Jeder geplante Abzug oder jede Verschiebung des Rentenalters würde zu massiven Stimmverlusten führen. Die SPD führt die alte Blüm-Maxime „Die Rente ist sicher“ fort, indem sie langfristig das Rentenniveau auf 48 Prozent festschreiben will. Eine Erklärung, wie das finanziert werden soll, bleiben Olaf Scholz und Hubertus Heil schuldig. Da die SPD eine Lockerung der Schuldenbremse anstrebt, läuft es wohl darauf hinaus, dass die Rentenkasse weiter massiv bezuschusst werden soll – auf Kosten der jüngeren, arbeitenden Bevölkerung. Gleichzeitig wird von Experten eine Steigerung der Beiträge über 22 Prozent erwartet. Generationengerecht ist das nicht. Das Wirtschaftswachstum möchten die Sozialdemokraten mit Investitionen in Wirtschaft, Bildung und Infrastruktur ankurbeln. Realisiert werden soll dieses Vorhaben über einen „Deutschlandfonds“, der staatliches und privates Kapital bündelt und zunächst 100 Milliarden Euro umfassen soll. Einen ähnlichen Vorschlag hatte auch Union-Kanzlerkandidat Friedrich Merz gemacht unter der Annahme, dass ja viele Milliarden auf den Sparkonten der Deutschen „lagern“ würden. Inwiefern hier die Rendite überhaupt eine Rolle spielt und wie das Ganze konkret aussehen soll, dazu ist weder bei der SPD noch bei der Union etwas zu lesen.

CDU/CSU: Nichts zur Verbesserung der Aktienkultur

Die derzeit in den Umfragen führende Union hat neben ihrem Wahlprogramm eine „Agenda 2030“ vorgelegt, mit der sie die Wirtschaft ankurbeln und wieder für das notwendige Wachstum in Deutschland sorgen will. Leider findet sich in beiden Unterlagen der CDU als auch der CSU nichts über die Rechte von Aktionären oder die Verbesserung der Aktienkultur. Für Kinder bzw. Jugendliche zwischen 6 und 18 Jahren plant die Union zwar eine „Frühstart-Rente“ – ein privatwirtschaftlich organisiertes Depot, in das zunächst der Staat Geld einzahlt. Angelehnt an das „Kinderstartgeld“, welches vom Sachverständigenrat vorgeschlagen wurde, sollen Minderjährige ab sechs Jahren pro Monat 10 Euro bekommen, um diese in Wertpapieren anzulegen. Diese Idee ist grundsätzlich nicht schlecht, ermutigt sie junge Menschen doch früh, den Umgang mit Aktien zu lernen. Ein Beitrag zu Lösung des demografischen Problems der umlagefinanzierten Rente ist dieses Vorhaben allerdings nicht. Bereits jetzt überweisen die Steuerzahler über 110 Milliarden Euro im Monat an die Rentenkasse, da die Beiträge nicht ausreichen. Nicht alles wird sich durch wirtschaftliches Wachstum lösen lassen. Notwendig ist eine spürbare Hinwendung zum Kapitalmarkt. Nicht nur durch die private Hand, sondern auch parallel über den Einbezug einer Aktienrente in das gesetzliche System. Dieses in anderen Ländern erfolgreiche Vorgehen wird jedoch hier vom linken Spektrum und den Gewerkschaften abgelehnt.

FDP erneuert Pläne zur Einführung einer Aktienrente

Lediglich die FDP erneuert in ihrem Programm ihre bereits in der Ampelregierung vorgetragenen Pläne zur Einführung einer gesetzlichen Aktienrente nach schwedischem Vorbild, welche von vielen Experten als dringend notwendig erachtet wird. Daneben soll auch die private Altersvorsorge über die Einführung eines sogenannten Altersvorsorgedepots gestärkt werden. Diese Maßnahme nach Vorbild des amerikanischen 401k-Depots haben wir als Initiative Minderheitsaktionäre von Anfang an unterstützt. Dieses Depot sollte steuerlich gefördert sein und den langfristigen Vermögensaufbau für die Altersvorsorge ermöglichen – auch für alle Selbstständigen. Im Wahlprogramm der FDP steht: „Wir Freie Demokraten wollen Deutschland von einem Land der Sparer zu einem Land der Aktionäre machen. Dazu bedarf es einer Kultur des langfristigen Investierens. Wir wollen eine nationale Finanzbildungsstrategie, um die finanzielle Bildung in der Breite der Gesellschaft zu verbessern, beispielsweise durch ein bundesweites Pflichtfach an allgemeinbildenden Schulen.“ Das sollte unbedingt umgesetzt werden. Gerade die mangelnde Finanzbildung in Deutschland verhindert eine vernünftige und in der Breite eigenständige Vermögensplanung in unserem Land. Auch steuerliche Verbesserungen sind wichtig, um die eigene Vorsorge zu ermöglichen. Als Maßnahmen nennen die Freien Demokraten etwa die Wiedereinführung einer Spekulationsfrist bei der Veräußerung von Wertpapieren.

Bündnis 90/Die Grünen: Können drängende Probleme nicht sinnvoll angehen

Die Grünen, angeführt von Kanzlerkandidat Robert Habeck, möchten einen sogenannten „Deutschlandfonds“ einrichten, der dem „Investitionsstau im dreistelligen Milliardenbereich“ begegnen soll. Er soll Bund, Länder und Kommunen im Bereich Infrastruktur unterstützen, keine laufenden Ausgaben decken. Die Schuldenbremse wollen die Grünen „sinnvoll modernisieren“. Dieses Vorhaben ist also deckungsgleich mit jenem der SPD, außer dass die Gelder des Staates nach Nachhaltigkeitskriterien angelegt werden sollen. „Klima- und umweltschädliche Subventionen“ will die Partei abbauen. Zum Thema Altersvorsorge findet sich im grünen Wahlprogramm, dass Menschen, die über die Regelaltersgrenze hinaus erwerbstätig sein wollen, „Anreize für längeres Arbeiten“ geboten werden sollen. Als „ersten Schritt auf dem Weg zu einer Bürgerversicherung“ sollen auch Abgeordnete und perspektivisch Beamte in die gesetzliche Rente einzahlen. Ein „öffentlich verwalteter Bürger*innenfonds, der Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt“, soll „geringe und mittlere Renten stärken“. Auch hier handelt es sich um reine Absichtserklärungen. Wie sollen eine solche Bürgerversicherung oder ein solcher Bürgerfonds aussehen? Werden Rentenbeiträge dort eingezahlt? Können die Rentner über ein Vermögen verfügen? Wird die Staatskasse entlastet? Diese Punkte werden im Wahlprogramm nicht adressiert. Längeres Arbeiten allein wird nicht die Lösung sein. Vom Kapitalmarkt ist im Programm keine Rede, nur von Dirigismus und Planwirtschaft. Damit werden die Grünen die drängenden Probleme nicht sinnvoll lösen.

AfD und BSW folgen Beispiel Österreichs

Die Alternative für Deutschland (AfD) und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) legen ebenfalls Pläne zur Reform der Rente vor. Beide orientieren sich am österreichischen System, wo auch Beamte, Freiberufler und Politiker in die Rentenkasse einzahlen. Das BSW will das Rentenniveau auf etwa 53 Prozent anheben, die AfD gar auf 70 Prozent. Rosige Zeiten also für Boomer. Die zusätzlichen Belastungen sollen durch höhere Bundeszuschüsse ausgeglichen werden, und damit, dass versicherungsfremde Leistungen nicht mehr entnommen werden sollen. Das macht rechnerisch allerdings wenig Sinn, denn die Belastung der Arbeitnehmer wird trotzdem extrem ansteigen. Zumal das BSW eine Mindestrente von bis zu 1.500 Euro anstrebt. Wer soll das bezahlen? Der große Unterschied zwischen der AfD und dem BSW wird bei der Einbeziehung des Kapitalmarkts deutlich: Ähnlich wie die FDP will die AfD ein gefördertes Aktiendepot à la USA einführen, das zusammen mit den Arbeitgebern vermögenswirksame Leistungen vor Besteuerung anlegen lässt. Darüber hinaus schlägt die AfD vor, für jedes neugeborene (deutsche) Kind einen Fondssparplan für die Altersvorsorge einzurichten, quasi als Startkapital. Hier ist von einer Gesamtförderung von über 21.000 Euro die Rede bis zum 18. Lebensjahr. Gänzlich ablehnend gegenüber einer Aktienrente ist das BSW. Für Sahra Wagenknecht soll es keine „Casino-Rente“ geben.

Solide Finanzierung der Altersvorsorge nicht ohne Aktien oder ETFs

Die meisten Experten sind sich aber einig, dass eine solide Finanzierung der Altersvorsorge für die Deutschen nicht ohne Aktien oder ETFs gehen kann. Es ist aufgrund der demografischen Situation notwendig, direkt nach der Regierungsbildung im Frühjahr einen spürbaren Richtungswechsel hin zu mehr staatlich gefördertem Vermögensaufbau sowie deutlich besseren Rahmenbedingen für die private Vorsorge einzuleiten. Die Ideen in den Wahlprogrammen deuten nicht energisch genug in diese Richtung. Einzig die FDP hat durchdachte und gut finanzierte Vorschläge vorgelegt. Ob sie diese dann auch in Regierungsverantwortung umsetzen darf, scheint derzeit fraglich. Klar ist: Die Politik muss endlich handeln. Und zwar möglichst rasch und konsequent – unabhängig davon, wer letztlich regieren wird.