Der unbereinigte Gender Pay Gap, wie er vom Statistischen Bundesamt (Destatis) erfasst wird, vergleicht den durchschnittlichen Bruttostundenlohn aller Frauen und Männer – unabhängig von Beruf, Branche, Qualifikation und Arbeitszeit. Dieser Wert zeigt die großen strukturellen Unterschiede am Arbeitsmarkt, da Frauen häufiger in schlechter bezahlten Berufen oder in Teilzeit tätig sind.
Der bereinigte Gender Pay Gap hingegen berücksichtigt Unterschiede in Beruf, Branche, Qualifikation und Arbeitszeit. Er zeigt, wie groß der Lohnunterschied bleibt, wenn Frauen und Männer vergleichbare Positionen mit ähnlicher Erfahrung einnehmen. Trotz dieser Bereinigung verdienen Frauen laut Destatis deutschlandweit noch immer sechs Prozent weniger als Männer – ein Hinweis auf strukturelle Ungleichheiten, die nicht allein durch äußere Faktoren erklärbar sind.
Bereinigter Pay Gap im Osten höher als im Westen
Überraschend ist, dass der bereinigte Gender Pay Gap im Osten sogar höher ist als im Westen, obwohl beim unbereinigten die Schere wesentlich mehr im Westen auseinander geht. In Zahlen bedeutet das: In Ostdeutschland liegt der bereinigte Gender Pay Gap bei acht Prozent, während er in Westdeutschland nur sechs Prozent beträgt. Was auf den ersten Blick paradox wirkt, hat mehrere Ursachen:
- Homogenere Lohnstruktur im Osten bei niedrigeren Löhnen insgesamt: In Ostdeutschland sind die Löhne insgesamt gleichmäßiger verteilt, und die Einkommensunterschiede zwischen verschiedenen Berufen und Hierarchieebenen sind geringer als im Westen. Männer und Frauen arbeiten dort zudem häufiger in denselben Berufen und auf vergleichbaren Positionen. In einer flachen Lohnstruktur wie im Osten fallen schon kleine Unterschiede im Stundenlohn deutlicher ins Gewicht. Diese Unterschiede sind im bereinigten Gender Pay Gap stärker sichtbar.
- Größere Gehaltsspannen zwischen verschiedenen Hierarchieebenen im Westen: In Westdeutschland gibt es eine viel breitere Einkommensspanne. Spitzenpositionen, die häufiger von Männern besetzt werden, treiben den unbereinigten Gap in die Höhe. Gleichzeitig fällt der bereinigte Wert geringer aus, weil Gehälter in mittleren Positionen stärker vereinheitlicht sind – insbesondere durch Tarifverträge.
- Höhere Vollzeitquote der Frauen im Osten: Frauen in Ostdeutschland sind häufiger in Vollzeit tätig als ihre Kolleginnen im Westen. Das erhöht zwar das Gesamteinkommen, legt aber auch unterschiedliche Vergütungen bei gleicher Tätigkeit offen, die sich nicht durch äußere Faktoren wie Beruf oder Arbeitszeit erklären lassen. Diese Unterschiede weisen auf strukturelle Ungleichheiten hin, die im bereinigten Gender Pay Gap deutlich sichtbar werden.
Fazit: Einfache Erklärungen reichen oft nicht aus
Die aktuellen Daten des Statistischen Bundesamts zeigen: Der Gender Pay Gap in Deutschland bleibt ein komplexes Phänomen. Zwar sinkt der unbereinigte Gender Pay Gap, doch regionale und strukturelle Unterschiede offenbaren Ungleichheiten, die sich nicht mit einfachen Erklärungen auflösen lassen.
Besonders der Vergleich zwischen Ost- und Westdeutschland beim bereinigten Gender Pay Gap zeigt, dass es auch im Osten noch viel zu tun gibt und dass die Unterschiede nach wie vor durch geografische, historische und arbeitsmarktbedingte Faktoren geprägt sind. Trotz der Fortschritte bleibt die Lohnlücke eine Herausforderung, die differenzierte Maßnahmen und langfristige Strategien erfordert. Eine Pressemeldung mit weiteren Daten ist auf der Destatis- Webseite verfügbar.