Gender Pay Gap: am höchsten in der Versicherungs- und Finanzbranche

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Nicht alle Branchen sind gleichermaßen von hohen Lohnunterschieden betroffen. Einige Wirtschaftszweige weisen einen deutlich geringeren Gender Pay Gap auf, wie die neuen Destatis-Zahlen zeigen – oft mit spezifischen strukturellen Gründen:

  • Verkehr und Lagerei: Drei Prozent – In dieser Branche fällt der Gender Pay Gap äußerst gering aus. Der Grund dafür ist jedoch weniger eine bessere Bezahlung von Frauen, sondern die geringe Anzahl weiblicher Beschäftigter. Männer stellen hier die überwiegende Mehrheit, und die wenigen Frauen arbeiten oft in denselben Tätigkeiten und Gehaltsklassen wie ihre männlichen Kollegen, was den Unterschied statistisch klein erscheinen lässt.
  • Gastgewerbe: Sechs Prozent – Auch hier fällt der Gender Pay Gap vergleichsweise gering aus. Die Einkommen in dieser Branche sind generell niedriger und homogener, sodass große Gehaltsunterschiede seltener auftreten.
  • Erziehung und Unterricht: Neun Prozent – Diese Berufe sind klassisch weiblich geprägt, weshalb der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen gering bleibt. Allerdings ist auch hier der geringe Gender Pay Gap kein Zeichen völliger Gleichstellung, sondern eher Ausdruck einer geschlechterhomogenen Struktur.

Geschlechtsverteilung als entscheidender Faktor

In Branchen mit geringem Gender Pay Gap ist häufig die Geschlechterverteilung die entscheidende Ursache. Wo entweder überwiegend Frauen oder überwiegend Männer beschäftigt sind, bleibt die Lohnlücke statistisch kleiner, da es schlicht weniger Vergleichsmöglichkeiten zwischen Männern und Frauen gibt.

Auch Einkommensunterschiede zwischen den Branchen hoch

Nicht nur der Gender Pay Gap, sondern auch die generelle Gehaltsstruktur unterscheidet sich erheblich zwischen einzelnen Branchen. So gehören die Finanz- und Versicherungsbranche sowie der Bereich Information und Kommunikation zu den Wirtschaftszweigen mit den höchsten Durchschnittsgehältern, während das Gastgewerbe oder die Erziehungsberufe am unteren Ende der Einkommensskala liegen. Im Gastgewerbe beträgt das durchschnittliche Bruttomonatseinkommen oft nur 2.000 bis 2.500 Euro, während in der Finanzwirtschaft durchschnittliche Gehälter von 4.000 bis 5.000 Euro keine Seltenheit sind. Auch Tarifbindung und Unternehmensgröße spielen eine Rolle. Große Unternehmen zahlen oft höhere Gehälter und haben klarere Gehaltsstrukturen als kleine Betriebe, was die Lohnungleichheit reduzieren kann.

Erste Schritte zur Reduzierung der Lohnlücke: Die Allianz-Initiative als Beispiel

Einige Unternehmen haben die Problematik der Gehaltsunterschiede erkannt und erste Schritte unternommen, um gegenzusteuern. Ein Beispiel ist die Allianz, die sich das Ziel gesetzt hat, Gehaltstransparenz zu fördern und Frauen in Führungspositionen gezielt zu unterstützen. Die Allianz überprüft regelmäßig die Gehälter von Männern und Frauen, um unbegründete Unterschiede aufzudecken und zu korrigieren. Gleichzeitig sollen Mentoring-Programme und die Förderung von flexiblen Karrieremodellen Frauen dabei helfen, Managementpositionen zu erreichen und ihre berufliche Entwicklung langfristig zu sichern (Versicherungsbote berichtete).

Doch solche Ansätze allein reichen nicht aus, um die immensen Gehaltsunterschiede zwischen Spitzenpositionen und administrativen Tätigkeiten vollständig auszugleichen. Ein Investmentmanager oder Vorstandschef kann ein Jahresgehalt von mehreren Millionen Euro erzielen, während Mitarbeiterinnen in kundenorientierten oder unterstützenden Funktionen oft nur 30.000 bis 40.000 Euro jährlich verdienen. Der unbereinigte Gender Pay Gap in der Versicherungsbranche spiegelt somit nicht nur den Unterschied zwischen den Geschlechtern, sondern auch das hierarchische Gefälle innerhalb der Branche wider.

Wichtig dabei: Auch Männer in unteren Hierarchieebenen sind von niedrigeren Gehältern betroffen. Das Problem verschärft sich jedoch, weil Frauen überproportional häufig in diesen geringer bezahlten Tätigkeiten arbeiten, während Männer deutlich öfter Spitzenpositionen oder spezialisierte Fachrollen besetzen. Diese ungleiche Verteilung ist ein wesentlicher Grund für den hohen unbereinigten Gender Pay Gap in der Branche. Der bereinigte Gender Pay Gap könnte genauer zeigen, wie groß die Unterschiede auf vergleichbaren Positionen und mit ähnlicher Qualifikation tatsächlich sind. Aktuelle branchenspezifische Daten hierzu liegen jedoch leider nicht vor.

Ein möglicher Lösungsansatz sind Gehaltsbänder – klar definierte Spannen für bestimmte Positionen, die eine obere und untere Verdienstgrenze festlegen. Sie schaffen mehr Transparenz und verhindern große Gehaltsabweichungen, die häufig durch individuelle Verhandlungen entstehen. Frauen sind hier oft im Nachteil, weil sie laut Studien seltener aktiv höhere Gehälter oder Boni einfordern. Gehaltsbänder reduzieren diese Unterschiede und sorgen für eine gerechtere Verteilung der Gehälter über alle Hierarchieebenen hinweg. Langfristig könnten sie helfen, die strukturellen Lohnunterschiede innerhalb der Branche abzubauen.