MSK-Analyse: Sachversicherer stehen vor steigenden Kapitalanforderungen

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Steigende Klimaschäden, neue regulatorische Anforderungen und eine mögliche Pflichtversicherung für Elementarschäden erhöhen den Kapitalbedarf der Sachversicherer in Deutschland erheblich. Eine aktuelle Analyse von MSK zeigt, dass bis zu 80 Milliarden Euro zusätzlich erforderlich sein könnten.

Der Klimawandel, strengere regulatorische Anforderungen und eine mögliche Pflichtversicherung für Elementarschäden setzen die Wohngebäude- und Hausratversicherer in Deutschland zunehmend unter Druck. Eine aktuelle Analyse der aktuarischen Beratungsgesellschaft Meyerthole Siems Kohlruss (MSK) zeigt, dass der Kapitalbedarf in der privaten Sachversicherung um bis zu 80 Milliarden Euro steigen könnte – allein 30 Milliarden Euro davon resultieren aus verschärften Solvency-II-Anforderungen.

Dazu sagt Tommy Berg, leitender Berater bei MSK: „Versicherer stehen vor enormen finanziellen Herausforderungen. Doch die Branche kann die Anforderungen meistern. Die Solvency-II-Quote der Unternehmen lag 2023 bei durchschnittlich 264 %. Soll die Bedeckungsquote bei rund 260 % gehalten werden, ist ein zusätzlicher Kapitalbedarf von bis zu 80 Milliarden Euro erforderlich.“

Höhere Kapitalanforderungen belasten Versicherer

Nach Einschätzung von MSK entfallen rund 50 % des zusätzlichen Kapitalbedarfs auf klimabedingte Schäden und Inflation, die andere Hälfte auf regulatorische Vorgaben und eine mögliche Pflichtversicherung für Elementarschäden. Während die von der europäischen Versicherungsaufsicht EIOPA vorgeschlagene Neuberechnung des NatCat-Moduls in Deutschland vor allem das Hagelrisiko betrifft, könnte der Kapitalbedarf in der Kfz-Kaskoversicherung um fast 30 % steigen.

Die Einführung einer Pflichtversicherung für Elementarschäden ist zwar bisher nur von der Union explizit gefordert, doch auch SPD, Grüne und Die Linke stehen der Idee grundsätzlich offen gegenüber. In einer künftigen Bundesregierung könnte eine entsprechende Regelung also Teil des Koalitionsvertrages werden.

Ertragskraft reicht nicht aus – gezielte Tarifierung als Lösung

Die private Sachversicherung ist bereits heute stark kapitalintensiv. Um wirtschaftlich tragfähig zu bleiben, wäre eine Combined Ratio von rund 80 % erforderlich – ein Wert, der derzeit kaum erreicht wird, insbesondere in der Wohngebäudeversicherung. Eine gezieltere Tarifierung könnte laut Analyse helfen, die Profitabilität zu steigern: „Mithilfe künstlicher Intelligenz kann das adressgenaue Pricing eine Verbesserung der Schaden- und Kostenquote um zehn Prozent erreichen. Das kann für Versicherer allerdings erst der Anfang sein – und der ist längst überfällig“, sagt Florian Bohl, leitender Berater bei MSK.

MSK setzt dabei auf KI-gestützte Gebäudedaten, die eine genauere Risikoeinschätzung ermöglichen. Die Berechnungsmethodik berücksichtigt neben der Versicherungssumme auch risikorelevante Merkmale wie den Baumbestand in der Nähe eines Gebäudes oder eine detaillierte Starkregenzonierung. Diese differenzierte Risikobewertung könnte nicht nur die Combined Ratio verbessern, sondern auch helfen, die hohen Kapitalkosten zu erwirtschaften – ohne dabei den Antragsprozess für Kunden zu verkomplizieren.

Die Analyse zeigt: Ohne gezielte Maßnahmen zur Risikodifferenzierung und Kapitalentlastung könnten steigende Kosten die Sachversicherer vor große Herausforderungen stellen. Laut dem Geschäftsführer von MSK, Onnen Siems, müssen Versicherungsunternehmen ihr Angebot im Wohngebäudesegment langfristig überdenken. Dabei könne es auch zu Rückzügen aus dem Geschäftsbereich oder zu Fusionen kommen.