Zwei Versorgungswerke aus Schleswig-Holstein stehen nach einem gescheiterten Immobilieninvestment in Frankfurt vor massiven Abschreibungen. Laut Handelsblatt belaufen sich die Verluste bereits auf über 50 Millionen Euro - mit weiteren Belastungen in den kommenden Jahren.
Zwei Versorgungswerke aus Schleswig-Holstein - die Apothekerversorgung und das Versorgungswerk der Zahnärzte - haben sich mit einem Immobilienprojekt im Frankfurter Bankenviertel finanziell übernommen. Laut Handelsblatt mussten beide im Jahr 2023 jeweils über 50 Millionen Euro abschreiben und rechnen für 2024 mit weiteren Verlusten. Die Apotheker konnten infolge der Abschreibungen keine Rentenerhöhungen vornehmen, während die Zahnärzte ihre Zinsänderungsreserven in Anspruch nehmen mussten.
Gegenüber dem Handelsblatt wollte sich keines der beiden Versorgungswerke äußern.
Hohe Risiken in der Immobilienfinanzierung unterschätzt
Die beiden Versorgungswerke investierten in das Büroprojekt Canyon an der Mainzer Landstraße im Frankfurter Bankenviertel - ein ambitioniertes Bauvorhaben mit 40.000 Quadratmetern Bürofläche und 14 Stockwerken. Das Investment bestand aus direkten Unternehmensbeteiligungen, Gesellschafterdarlehen und Mezzanine-Finanzierungen. Laut Handelsregister waren die beiden Investoren zunächst mit jeweils zehn Prozent an dem Projekt beteiligt. Doch durch steigende Zinsen und fehlende Mieter geriet das Projekt in finanzielle Schieflage.
Trotz bereits absehbarer Probleme erhöhten die Versorgungswerke laut Handelsregister ihre Anteile bis 2024 weiter: So erhöhte im Sommer 2023 das Versorgungswerk der Zahnärzte den Gesellschafteranteil auf 15 Prozent. Anfang Februar 2024 stieg der gemeinsame Anteil auf 35 Prozent - 15 Prozent für die Apothekerversorgung, 20 Prozent für die Zahnärzte.
Im Sommer 2024 musste das Projekt restrukturiert werden, und der angelsächsische Investmentmanager Tite Street Capital übernahm die Mehrheit. Die Anteile der Versorgungswerke schrumpften laut Handelsregister dadurch erheblich - die Apotheker halten momentan noch 5,04 Prozent, die Zahnärzte 7,56 Prozent.
Millionenverluste für beide Versorgungswerke
In einer außerordentlichen Kammerversammlung der Zahnarztversorgung Anfang September 2024 bezifferte der Aufsichtsausschussvorsitzende der Zahnarztversorgung, Thomas Kriens, die Verluste der Zahnärzte auf rund 46 Millionen Euro. Bereits Mitte 2024 hatte Kriens darauf hingewiesen, dass das Immobilienprojekt Canyon auch das Geschäftsjahr 2024 mit einer Belastung von 7,7 Millionen Euro beeinflussen werde.
Die genaue Höhe der Verluste für die Apotheker durch das Projekt Canyon ist nicht bekannt. Ein Hinweis könnte laut Handelsblatt jedoch im Geschäftsbericht 2023 der Apothekerversorgung zu finden sein. Dort wird erwähnt, dass es der Objektgesellschaft nicht gelungen sei, einen Ankermieter für eine geplante Bürogebäudeentwicklung in Frankfurt am Main zu gewinnen. Aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sei nicht mit einer Rückzahlung des gewährten Darlehens zu rechnen, sodass dieses inklusive Zinsen vollständig abgeschrieben werde.
Ob es sich dabei um das 25 Millionen Euro umfassende Gesellschafterdarlehen für das Canyon-Projekt handelt, bleibt unklar. Die Apothekerversorgung hat sich auf konkrete Nachfragen des Handelsblatt dazu nicht geäußert, ebenso wenig zu weiteren potenziellen Verlusten aus dem Projekt.
Während der neue Haupteigentümer Tite Street Capital optimistisch bleibt und das Projekt fortsetzen will, haben die Versorgungswerke also bereits hohe Verluste hinnehmen müssen. Ein Großteil der investierten Gelder ist verloren – die verbliebenen Gesellschafteranteile bieten nur noch eine geringe Hoffnung auf zukünftige Erträge.