Die VPV Lebensversicherung meldet für 2024 ein starkes Wachstum von fast 50 Prozent – vor allem dank ihres neuen Parkdepots und erfolgreicher Wiederanlage-Strategie. Vorstandschef Klaus Brenner spricht im Interview über digitale Prozesse, internationale Expansion und nachhaltige Kapitalanlagen. Für 2025 peilt der Versicherer Stabilität statt Gewinnmaximierung an.
Versicherungsbote: Die Beitragssumme in der Lebensversicherung ist 2024 um fast 50 Prozent gestiegen – welche strukturellen Maßnahmen waren entscheidend für diesen außergewöhnlichen Wachstumssprung?
Klaus Brenner: Einer unserer drei Erfolgsfaktoren in unserer Strategie ist die Stabilisierung und das Wachstum in der Lebensversicherung. Wir treiben dies insbesondere mit einem Fokus auf die Wiederanlage in Leben und einem Ausbau unseres Maklergeschäfts im Inland, aber auch im Ausland wie Island. Dies zeigt sich auch in einem starken Wachstum von 29 Prozent im Neugeschäft nach laufenden Beiträgen, woran auch unsere Ausschließlichkeitsvermittlerinnen und -vermittler einen hohen Anteil haben.
Unser neues Produkt, das VPV Parkdepot, in Teil unseres Wiederanlageprozesses und wurde hervorragend vom Markt angenommen. Es steuert 85 Millionen Euro zu unserem Neugeschäft nach Einmalbeitrag bei.
Wie nachhaltig schätzen Sie den Erfolg des Parkdepots ein, das maßgeblich zum Einmalbeitragswachstum beigetragen hat – ist dieses Modell auch langfristig tragfähig?
Das Parkdepot ist ein wichtiger Bestandteil unseres Wiederanlageprozesses. Dieses Produkt werden wir auch zukünftig unseren Kundinnen und Kunden anbieten. Das Neugeschäft teilt sich derzeit recht gleichmäßig zu je 50 Prozent auf wiederangelegte Gelder sowie neu angelegtes Geld auf. In diesem Jahr wollen wir unser Produktangebot um eine moderne und flexible Klassik ergänzen und damit einen weiteren Baustein für eine sorgenfreie Ruhestandsplanung liefern.
Der Geschäftsbericht prognostiziert für 2025 ein stagnierendes Ergebnis nach Steuern – welche Risiken sehen Sie konkret, die dieses Ergebnis beeinflussen könnten?
Dies ist eine bewusste, geschäftspolitische Entscheidung. Als Versicherungsverein müssen wir keine Ausschüttungspolitik betreiben, sodass der gleiche Jahresüberschuss wie 2024 unser Ziel ist. Wir nutzen die Gelder lieber, um auf Basis unserer für 2025 erneut angehobenen Überschussbeteiligungen unsere Versicherungsnehmerinnen und -nehmer in den Mittelpunkt zu stellen. Grundsätzlich bestehen bei einem Lebensversicherer die Risiken im Wesentlichen aus der Kapitalmarktentwicklung.
In der Lebensversicherung wird für 2025 mit einem leichten Anstieg der Abschluss- und Verwaltungskosten gerechnet – welche Maßnahmen sollen hier gegengesteuert werden?
Wir rechnen mit einem Anstieg der Abschlusskosten aufgrund des geplanten Wachstums und der damit einhergehenden Provisionen. Mit Blick auf die Verwaltungskosten wird der anstehende Tarifabschluss zu Steigerungen führen. Wesentliche Aktivitäten, die insbesondere unsere Verwaltungskosten positiv beeinflussen sollen, finden sich rund um das Schlagwort „Digitalisierung“ – sei es die Erneuerung unserer Anwendungslandschaft, bereits viele produktive Anwendungsfälle der robotergesteuerten Prozessautomatisierung (RPA), der Ausbau unserer Customer Self Service Strecken und das Thema Dunkelverarbeitung.
In Island hat die VPV ein neues Produkt für die bAV eingeführt. Welche Rolle spielt das Auslandsgeschäft strategisch für die Zukunft der VPV?
Der Ausbau des Maklergeschäfts im In- und Ausland ist Teil unserer Strategie. Wir nutzen hier gerne sich bietende Opportunitäten, wie das bAV-Geschäft in Island zeigt.
Die Combined Ratio der VPV Allgemeine lag 2024 bei 90,6 Prozent – wie wollen Sie diesen erfreulichen Wert in einem Umfeld steigender Schadenkosten verteidigen?
Unsere Combined Ratio wurde im vergangenen Jahr maßgeblich durch ein gutes Schadenjahr in der Wohngebäudeversicherung beeinflusst. Diese weist eine Bruttoschadenquote von 74,3 Prozent aus. Mit einem Beitragsanteil von 37 Prozent wirkt sich dies entsprechend positiv auf die gesamte Combined Ratio aus. Außerdem betreiben wir ein aktives Schaden- und Bestandsmanagement. Das bedeutet, dass wir unsere Schäden über Rahmenvertragspartner steuern, unsere Tarife risikoadäquat bepreisen sowie in unserem Bestand Beitragsangleichungen und Sanierungen vornehmen.
Der Konzern rechnet mit einem deutlichen Anstieg der Schadenaufwendungen und Betriebskosten im Jahr 2025. Welche Maßnahmen planen Sie, um dem entgegenzuwirken?
Bei den Schadenaufwendungen gehen wir in der Planung von einem sogenannten „normalen Schadenjahr“ aus. Die Betriebskosten werden aufgrund unseres geplanten Wachstums und des zu erwartenden Tarifabschlusses steigen.
Ihr Geschäftsmodell ist stark auf den personengebundenen Vertrieb ausgerichtet. Wie bewerten Sie diese Abhängigkeit in einem zunehmend digitalen Marktumfeld?
Unser personengebundener Vertrieb ist Teil unserer Strategie. Wir sind überzeugt, dass dies auch in der Zukunft unser maßgeblicher Vertriebsweg sein wird. Wir nutzen aber natürlich digitale Möglichkeiten, um unseren Vertrieb bestmöglich zu unterstützen. Sei es unsere digital gestützte neue Wiederanlage-Journey oder die zunehmenden Angebote für den Customer Self Service. Für uns ist dies die richtige Mischung und wir fühlen uns damit gut aufgestellt.
Der Kapitalanlageerfolg im Bereich Lebensversicherung war 2024 stark belastet durch nicht realisierte Verluste. Welche Anpassungen planen Sie bei der Kapitalanlagestrategie, um die Volatilität zu reduzieren?
In unserer Kapitalanlagestrategie sind zwei Dinge wesentlich. Zum einen liegt die Duration derzeit aktuell bei gut fünf Jahren und wir betreiben bereits seit vielen Jahren erfolgreich ein aktives Cashflow Matching. Unsere stillen Lasten waren zum Jahresende bei -0,7 Prozent.
Sie betonen den hohen Nachhaltigkeitsanteil in Ihren Kapitalanlagen. Welche Rolle spielen ESG-Ratings konkret bei Ihren Investitionsentscheidungen und wie reagieren Sie auf zunehmende regulatorische Anforderungen?
Die Ausrichtung nach ESG-Kriterien ist seit vielen Jahren ein fester Bestandteil unserer Kapitalanlagestrategie. Wir setzen dafür einen Filter nach dem UN Global Compact an und haben diesen noch weiter verschärft. Dieser Filter ist relevant bei Käufen und Umschichtungen. Wir wollen eine Ziel-ESG-Quote von über 85 Prozent erreichen.