Die Kfz-Versicherer stehen erheblich unter Druck. Hohe Schadenkosten, Fachkräftemangel und schleppende Digitalisierung stellen die Branche vor massive Herausforderungen. Welche Schritte notwendig sind zeigt ein Whitepaper auf.
Unfälle passieren schnell – doch die anschließende Schadenregulierung entwickelt sich für viele Versicherte zunehmend zur Geduldsprobe. Denn die deutschen Kfz-Versicherer kämpfen mit erheblichen Rückständen, ineffizienten Prozessen und massiv steigenden Schadenkosten. Das zeigt eine Analyse von SPS und Wavestone. In ihrem Whitepaper werden Auswege skizziert.
Fachkräftemangel und Rückstände verschärfen die Krise
Ein Kernproblem der Versicherer bleibt der gravierende Fachkräftemangel. Denn die Gesellschaften finden kaum noch qualifizierte Schadensachbearbeiter. Hinzu kommen hohe Krankenstände und der demografische Wandel. Während viele erfahrene Mitarbeiter in den Ruhestand gehen, bleibt qualifizierter Nachwuchs rar. „Die Altersstruktur im Innendienst verdeutlicht den Handlungsbedarf – Nachwuchsprogramme allein reichen nicht mehr aus“, heißt es im Whitepaper.
Als Folge verlängern sich die Bearbeitungszeiten erheblich. Viele Schadenmeldungen bleiben wochenlang unbearbeitet, Kunden erleben Verzögerungen von sechs Wochen und mehr. Dadurch sinkt die Zufriedenheit. Als Resultat davon ziehen rund 40 Prozent der Kunden laut Studien einen Anbieterwechsel nach enttäuschender Schadenregulierung ernsthaft in Betracht.
Steigende Kosten verschärfen die Belastung
Parallel steigen die durchschnittlichen Schadenkosten massiv: Zwischen 2019 und 2023 um 24,2 Prozent auf 3.334 Euro pro Schadenfall. Haupttreiber sind steigende Werkstattpreise, teurere Ersatzteile sowie Extremwetterereignisse. Gleichzeitig verharrt die Anzahl der Schäden auf niedrigem Niveau. Dennoch geraten die Margen unter Druck: Die Combined Ratio im Kfz-Geschäft liegt 2024 bei besorgniserregenden 106 Prozent. Zum Vergleich: Im Jahr 2020 betrug der Wert 90,6 Prozent.
Während die Versicherer im Neugeschäft bereits weitgehend auf automatisierte Prozesse setzen, hinkt die Digitalisierung im Schadenmanagement deutlich hinterher. Die meisten Prozesse sind weiterhin von manuellen Tätigkeiten geprägt. Von der Schadenmeldung bis zur Schadenauszahlung liegt der Automatisierungsgrad bei den meisten Versicherern aktuell im einstelligen Prozentbereich. Eine aktuelle McKinsey-Studie beziffert den Automatisierungsgrad je nach Schadenart durchschnittlich zwischen vier und 40 Prozent.
Schuld daran sind unzureichende Datenqualität, veraltete IT-Systeme und fehlende Schnittstellen. „Alle träumen von der Dunkelverarbeitung, aber das ist nicht möglich, wenn die Datenqualität schon mal schlecht ist“, beschreibt Simon Moser, CEO von Muffintech, die Problematik in einer Branchenbefragung von SPS und den Versicherungsforen Leipzig treffend.
Vor diesem Hintergrund könnte die Auslagerung von wichtigen Arbeitsschritten stärker in den Fokus rücken. Externe Dienstleister können Routineaufgaben übernehmen, Lastspitzen abfedern und gleichzeitig die Bearbeitungsqualität sichern. Beim so genannten Business Process Outsourcing (BPO) differenziert das Whitepaper verschiedene Strategietypen unter den Versicherern:
- Strategische Outsourcer, die BPO konsequent nutzen
- Zögerliche Tester, die erste Pilotprojekte starten
- Opportunistische Outsourcer, die selektiv auslagern
- Inhouse-Verfechter, die auf vollständige Eigenbearbeitung setzen
So könnten nicht nur flexible Kapazitätssteuerung ermöglicht und Kosten gesenkt werden. Auch die Servicequalität könnte dadurch gesichert werden. Zudem könnten spezialisierte Anbieter die Verbesserung der Datenqualität unterstützen und das ist wiederum eine essentielle Grundlage für zukünftige Automatisierungs- und KI-Projekte.
Erfolgsfaktor Datenmanagement und KI
Das Whitepaper zeigt zudem: Der Erfolg digitaler Transformationsprojekte hängt maßgeblich von einer sauberen Datenbasis ab. Ohne strukturierte und konsistente Daten bleiben Automatisierungsinitiativen Stückwerk. Pilotprojekte mit KI müssen daher frühzeitig durch intelligente BPO-Modelle unterstützt werden, um Fehlschläge zu vermeiden.
Wer Prozesse klug outsourct, gezielt automatisiert und konsequent auf Datenqualität setzt, kann nicht nur Kosten senken, sondern auch Kundenzufriedenheit und Zukunftssicherheit steigern.