Die Umsetzung der VVG-Reform und der Dienstleistungsrichtlinie haben die Kosten für Vertrieb, Kundenberatung und administrative Prozesse stark steigen lassen. Besonders die Personenversicherer sind vom Kostenanstieg betroffen, so das Ergebnis der Studie "Branchenkompass Versicherungen Spezialausgabe" von Steria Mummert Consulting und dem F.A.Z.-Institut.
Die Unternehmen haben in zahlreiche Maßnahmen investiert, um beispielsweise den neuen strengeren Beratungspflichten gerecht zu werden: 84 Prozent haben sowohl die Innendienstkräfte als auch die Vertriebspartner geschult.
Die Hälfte hat ein Kundenmanagement-System eingeführt, um die Kundensituation besser einschätzen und vertrieblich nutzen zu können. Bis die gesetzlichen Regelungen vollständig in den Versicherungsalltag integriert sind, benötigt es allerdings noch Zeit:
Weniger als die Hälfte der Entscheider ist überzeugt, dass sich die Mitarbeiter die neuen Prozesse gut angeeignet haben.
In erster Linie haben die Versicherungsunternehmen 2010 daher das Ziel, den Kostenanstieg in Beratung und Vertrieb zu bremsen. Maßnahmen zur Automatisierung spielen hierbei eine entscheidende Rolle und wurden bereits eingeleitet.
So haben mehr als drei Viertel der Entscheider Prozesse bereits ganz oder größtenteils standardisiert, um die Effizienz insbesondere bei Wachstumsstrategien zu steigern. Beispiele sind die Dokumentendigitalisierung (75 Prozent) und die Synergiehebung in einzelnen Servicebereichen (55 Prozent).
Da fast alle Versicherer ihre administrativen Bereiche verstärkt optimieren, kann man davon ausgehen, dass viele künftig ein ähnliches Effizienzniveau erreichen werden. Die Erzielung von Wettbewerbsvorteilen allein über die Prozesseffizienz gestaltet sich somit zunehmend komplizierter. Daher wird sich der Wettbewerb zur Neupositionierung in den Kernbereichen Produkte und Vertrieb abspielen.
Hierzu wollen die Unternehmen insgesamt eine deutlich höhere Vertriebseffektivität erreichen: So intensivieren 82 Prozent der Entscheider ihre Vertriebsunterstützung. Dabei spielen beispielsweise internetbasierte Verkaufssysteme für Versicherungsprodukte eine Rolle, die direkt an das Bestandssystem des Versicherers angebunden sind. 66 Prozent der Versicherer planen zudem Maßnahmen zur Entlastung der Vermittler von bürokratischen Arbeiten, wie etwa der Bearbeitung eines Kundenauftrags.
Neben der Erreichung der operativen Effizienz und Effektivität gilt es, sich auch strategisch wetterfest zu machen, damit die Optimierungsmaßnahmen langfristigen Nutzen zeigen. Daher wollen die Versicherungsunternehmen ihre Betriebsmodelle so flexibel gestalten, dass sie zukünftig trotz Konjunkturrückgang oder gesetzlicher Neuerungen ihre Marktstellung halten können.
Dazu gehört der Abgleich zwischen strategischen Zielen und betrieblicher Umsetzung. Hier sieht fast die Hälfte der Befragten Verbesserungsbedarf beim Messen und Steuern der Kundenzufriedenheit sowie bei einer serviceorientierten Architektur. Auch eine bessere abteilungsübergreifende Vernetzung wird gefordert: So sehen 43 Prozent der Entscheider noch Optimierungspotenzial in der unternehmensweiten Kommunikation der strategischen Ziele. 39 Prozent der Unternehmen kritisieren zudem die mangelnde spartenübergreifende betriebliche Steuerung. Nur wer auch seine Strategie in die Optimierung einbezieht, wird Nachhaltigkeit und damit eine starke Marktstellung erreichen.
Hintergrundinformationen
Im November 2009 befragte forsa 100 Führungskräfte aus den größten Versicherungsunternehmen in Deutschland zu den Auswirkungen der VVG-Novelle, zur Prozessoptimierung und zu ihrer Geschäftsstrategie. Die Topentscheider vertreten die Geschäftsbereiche Personenversicherer und Schaden-/Kompositversicherer. Interviewpartner waren Vorstandsvorsitzende, Geschäftsführer, Leiter der Bereiche Finanzen, Unternehmensentwicklung, Vertrieb und Marketing. Die Befragungen wurden mit der Methode des Computer Aided Telephone Interviewing (CATI) durchgeführt.