Als 2007 die EU-Vermittlerrichtlinie umgesetzt wurde, befürchteten viele Vermittler Mehrbelastungen, die sich ungünstig auf das Geschäft auswirken könnten. Nach fast drei Jahren ließ der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) die Auswirkungen untersuchen.
Durchgeführt wurde die empirische Untersuchung vom Kompetenzzentrum Versicherungswissenschaften der Leibniz Universität Hannover unter Leitung von Professor Dr. Johann-Matthias Graf von der Schulenburg und Dr. Ute Lohse.
Kurz vor Inkrafttreten des Vermittlerrechts in 2007 und im ersten Quartal 2009 wurden schriftliche Befragungen durchgeführt. Die ausgewerteten Ergebnisse liegen nun vor.
Die Ergebnisse widersprechen zunächst der weitläufigen Meinung in der Vermittlerschaft, dass die Umsetzung der EU-Vermittlerrichtlinie zu einer spürbaren zeitlichen Mehrbelastung geführt hat.
Die statistische Auswertung der anonymen schriftlichen Befragungen ergab, dass die durchschnittliche Beratungsgesprächszeit sich nur um zwei auf insgesamt 65 Minuten erhöht hat. Auch die Vor- und Nachbereitungszeiten hätten sich nur um zwei Minuten, respektive gar nicht verändert.
„Damit zeigt sich, dass der zeitliche Aufwand in der individuellen Kundenberatung wissenschaftlich gesprochen nicht signifikant zunahm“, sagt BVK-Vizepräsident Thomas Billerbeck. „Allerdings hat die Studie einen eingeschränkten Aussagecharakter, denn aus ihr lassen sich keine Schlüsse über materielle Zusatzaufwendungen, z.B. in Form von Kosten für die Administration, Material oder die Registrierung ableiten.“
Für die befragten Mitglieder des BVK war die zeitliche Mehrbelastung gering. Daraus kann geschlossen werden, dass diese Vermittler bereits vor der Einführung des Vermittlerrechts gut vorbereitete und qualifizierte Beratungsgespräche durchführten.
Die ausgewerteten Daten bestätigen den BVK in seiner Einschätzung, dass das neue Vermittlerrecht durch seine gesetzlichen Vorgaben, wie Abschluss einer Vermögensschadenhaftpflicht-Versicherung, Nachweis der Sachkunde und Registrierungspflicht im Versicherungsvermittlerregister, zu Marktaustritten von in der Regel schlecht ausgebildeten, nebenberuflichen Versicherungsvertretern geführt hat. So hatte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) noch in seinem Jahrbuch 2007 etwa 300.000 Nebenberufler ausgewiesen. Doch tatsächlich sind im Versicherungsvermittlerregister mit Stand von Dezember 2009 nur noch rund 255.000 Vermittler - einschließlich der Nebenberufsvertreter - verzeichnet.
Die Studie untersuchte auch, ob es bedeutende Unterschiede in der Kundenbetreuung zwischen Einfirmenvertretern und Maklern gibt. Sie kam zu dem Schluss, dass Makler im Schnitt um 22 Minuten (2007) bzw. 27 Minuten (2009) längere Beratungsgespräche durchführen als ihre Kollegen, die Ausschließlichkeitsvertreter sind. Dafür ist die Abschlusswahrscheinlichkeit mit 6,3 Abschlüssen von 10 Angeboten höher als in der Ausschließlichkeit mit 4,8 Abschlüssen. Die Studie ermittelte auch, dass Ladengeschäfte keine Auswirkung auf den Vertriebserfolg haben.
2007 nahmen an der Untersuchung 742 Versicherungsvermittler teil, die über 1.394 konkrete Geschäftsvorfälle berichteten. Davon waren damals 91,1 Prozent Ausschließlichkeitsvertreter und 8,9 Prozent Makler. 2009 beteiligten sich 1.014 Berufskollegen, von denen 94,7 Prozent den Ausschließlichkeitsorganisationen und 5,3 Prozent den Maklern zuzurechnen waren. Sie machten Angaben zu 1.456 Kundenkontakten.
Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute