Die deutschen Versicherer erwarten auch in diesem Jahr einen außerordentlichen Beitragsanstieg. Infolge erneut hoher Einmalbeiträge in der Lebensversicherung geht der "Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft" (GDV) von einem Zuwachs von 4,7 Prozent aus. Das würde einem Gesamtbeitrag von 180 Mrd. Euro entsprechen. Damit nehmen die Beitragseinnahmen bereits das zweite Mal infolge der hohen Einmalbeiträge zu.
Während das Gewicht der Lebensversicherung (inkl. Pensionskassen und Pensionsfonds) 2010 einschließlich der Einmalbeiträge um 6,8 Prozent zulegen könnte, ist für die Krankenversicherung ein Zuwachs von 6,0 Prozent zu erwarten. Für die Schaden- und Unfallversicherung ist von einer leichten Beitragszunahme von 0,7 Prozent auszugehen.
Versicherer stärken Verbraucherinteressen
Die Versicherungswirtschaft hat im zurückliegenden Jahr intensiv an weiteren Verbesserungen des Verbraucherschutzes gearbeitet.
Ziel eines neuen Verhaltenskodexes ist es, in der Breite eine hohe Qualität beim Vertrieb von Versicherungsprodukten sicherzustellen. GDV-Präsident Rolf-Peter Hoenen: „Wir wollen damit auch Praktiken entgegenwirken, die gegen Kundeninteresse sind. Versicherer, die sich dem Kodex unterwerfen, wollen sich daran künftig messen lassen.“
Weitere Neuerungen sind eine empfohlene Checkliste für die bedarfsgerechte Kundenberatung sowie die geplante Einführung einer einheitlichen Kostenkennziffer für Altersvorsorgeprodukte.
Gestärkt wird außerdem der Ombudsmann, der künftig für Beschwerdewerte bis zu 10.000 Euro (bisher 5.000 Euro) außergerichtlich und gebührenfrei schlichten kann (versicherungsbote.de berichtete).
Versicherer fordern Rückkehr zu „normalem“ Zinsumfeld
Insbesondere die Lebensversicherer und ihre Kunden spüren die anhaltende Niedrigzinspolitik der Notenbanken zur Unterstützung des Bankensektors.
Für die Versicherer und ihre Kunden bedeutet die expansive Geldpolitik derzeit niedrigere Erträge auf die Kapitalanlagen. Die Branche ist aufgrund ihrer versicherungstechnischen Ertragskraft zwar in der Lage, das aktuelle Niedrigzinsniveau auch längerfristig gut durchzuhalten und für die Versicherten abzufedern. Die Rückkehr zu einem „normalen“ Zinsumfeld ist dennoch dringend geboten. „Es kann nicht sein, dass Lebensversicherungskunden und andere Sparer mit Einbußen bei ihrer privaten Altersvorsorge für eine bessere Ertragslage der Banken zahlen“, so Hoenen.
Versicherungsregulierung muss Unternehmen stärken
Deutlichen Nachbesserungsbedarf sehen die deutschen Versicherer bei der Umsetzung der europäischen Versicherungsaufsicht Solvency II, bei der es u. a. um die künftige Eigenkapital-Ausstattung der Unternehmen geht.
„Solvency II ist alternativlos. Aber es muss so umgesetzt werden, dass der deutsche Versicherungsmarkt gestärkt und nicht geschwächt wird. Solvency II darf kein Instrument zur Marktkonsolidierung sein" so Hoenen.
Große Sorgen bereiten vor allem die ausufernden Berichtspflichten, die speziell kleine und mittlere Unternehmen stark belasten.
Der GDV fordert daher deutliche Vereinfachungen bei der Berichterstattung sowie den Risikomodellen und dem Risikomanagement. Von großer Tragweite ist auch die künftige Bewertung langfristiger Garantien der Lebensversicherer. Die derzeit geplante Umsetzung hätte zur Konsequenz, dass zukünftig langfristige Zinsgarantien erheblich teurer oder nicht mehr angeboten würden. „Nach den gerade gemachten Erfahrungen mit der Finanzkrise, bei der viele Menschen viel Geld verloren haben, kann das nicht tatsächlich gewollt sein“, so Hoenen.
Versicherungswirtschaft im Überblick [PDF] Quelle: GDV