Eine deutliche Mehrheit der Deutschen (85 Prozent) empfindet den Gedanken als unangenehm, in einen Gerichtsprozess verwickelt zu werden. 61 Prozent halten es für ziemlich oder sehr unangenehm (24 Prozent als etwas unangenehm). In dieser Gruppe sind Frauen (69 Prozent), über 60-Jährige (74 Prozent) und Personen mit einfacher Schulbildung (70 Prozent) überproportional stark vertreten. In der Folge möchte eine knappe Mehrheit (51 Prozent) einen Gerichtsprozess möglichst vermeiden. Das sind Ergebnisse des "Roland Rechtsreports", einer Studie der "Roland Rechtsschutz-Versicherungs-AG" in Zusammenarbeit mit dem "Institut für Demoskopie Allensbach", die in diesem Monat erstmals in Berlin vorgestellt wurde.
„Die Aussage, dass die Deutschen prozessfreudig seien, ist durch die Ergebnisse unserer Studie nicht zu belegen“, sagt Gerhard Horrion, Vorstandsvorsitzender der "Roland Rechtsschutz-Versicherungs-AG".
Die Bürger machen deutliche Unterschiede, gegen wen sie einen Prozess führen würden. Die Hürden für einen Gerichtsprozess gegen die eigene Familie sind besonders hoch. „Viele Streitigkeiten könnten durch Mediation beigelegt werden. Das würde nicht nur die Gerichte entlasten, sondern auch der weit verbreiteten Abneigung gegen einen Gerichtsprozess entgegenkommen“, so Horrion weiter.
Bürger würden auf „ihr Recht“ verzichten
Je enger die emotionale Bindung an den Kontrahenten ist, desto konfliktscheuer sind die Deutschen: 76 Prozent würden nicht gegen enge Familienangehörige vorgehen, wie beispielsweise Eltern oder Kinder, selbst wenn sie sich im Recht fühlen. Gegen einen ehemaligen Partner oder eine ehemalige Partnerin würden nur noch 22 Prozent darauf verzichten, das eigene Recht durchzusetzen.
Gegen beauftragte Handwerker, Unternehmen, bei denen etwas bestellt wurde, Geschäftspartner und Vermieter zeigen die Deutschen jedoch wenig Scheu: Nur fünf Prozent würden hier einem Gerichtsverfahren aus dem Weg gehen.
Mediationsverfahren bevorzugt
44 Prozent der Deutschen würden bei einer rechtlichen Auseinandersetzung ein Mediationsverfahren einem Gerichtsverfahren vorziehen. 36 Prozent sind zudem unentschieden oder konnten keine Angabe machen, ob sie generell ein Gerichts- oder Mediationsverfahren bevorzugen würden.
Danach gefragt, für welche Arten von Rechtsstreitigkeiten ein Mediationsverfahren besser geeignet sei, sprechen sich für den Nachbarschaftsstreit mit 87 Prozent, für die Verletzung der Persönlichkeitsrechte mit 76 Prozent, für den Streit um das Sorgerecht mit 60 Prozent und für Mietstreitigkeiten mit 53 Prozent jeweils eine Mehrheit aus. Am Ende der Liste findet sich die Auseinandersetzung um staatliche Baumaßnahmen, hier glauben lediglich 17 Prozent, dass eine Mediation besser geeignet ist als ein Gerichtsverfahren.