Krisen kündigen sich an. Die Schwierigkeit besteht daran, die richtigen Indikatoren zu kennen und zu deuten.
Einer dieser Indikatoren ist z.B. der sogenannte "Tobin-Quotient", der aus dem Aktienkurs und dem Substanzwert eines Unternehmens gebildet wird. Er gibt das Verhältnis des Preises eines Vermögenswerts zu seinem inflationsbereinigten Buchwert an. Ist das Ergebnis kleiner als 1, ist die Firma an der Börse weniger Wert als ihr Substanzwert anzeigt. Die Aktien werden also unter Wert angeboten. Der "Tobin-Quotient" liegt laut dem Branchendienst dshort.com im Juni 2011 bei 1,19. Die Aktien sind also überbewertet. Ähnlich hoch lag der "Tobin-Q" zum letzten mal im Jahr 2000 als die IT- Blase platze.
Ein anderer Indikator ist der „Shiller-Index“. Er gibt das Verhältnis des Aktienkurses zu den durchschnittlichen Unternehmensgewinnen aus den letzten 10 Jahren - das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) - an. "Für den US-Markt ergibt das Shiller-KGV aktuell eine Überbewertung von rund 30%. Bei den europäischen Aktien ist die Überbewertung weniger signifikant. Teilweise erklärt sich dies allerdings aus der Zusammensetzung der europäischen Indizes und insbesondere durch das hohe Gewicht der Finanzwerte, die zwar billig erscheinen, dies jedoch nicht unbedingt sind, wie in jüngerer Zeit beispielsweise die Kapitalerhöhung der Commerzbank illustrierte“, sagt Guy Wagner, Chef-Volkswirt der Banque de Luxembourg.
Bis zum Juni diesen Jahres läuft in den USA das QE II, das zweite der Quantitative-Easing-Programme mit denen die Federal Reserve Bank (FED) mit ihrem Chef Bernanke versucht, durch den Ankauf von US-Staatsanleihen auf dem amerikanischen Aktienmarkt den Absturz der US-Ökonomie in eine zweite Rezession sowie das Abgleiten in eine Deflation zu verhindern.
Doch das Programm konnte nur mäßige Erfolge aufweisen - bis jetzt hat die US-Notenbank 600 Milliarden Dollar verwendet, um neue Staatsanleihen zu kaufen - damit konnte der US-Staatshaushalt in den letzten 12 Monaten finanziert werden.
Bis Juli wird die FED 2300 Mrd. Dollar in die US-Wirtschaft gepumpt haben, bei einer Staatsverschuldung von 14.3 Billionen US-Dollar.
Die FED versuchte, Investoren wieder in riskantere Anleihen zu locken. Investoren (Banken) handeln mit Treasuries (die Staatsanleihen werden vom Schatzamt der USA ausgeben und die Banken wissen wieviel die FED aufkaufen wird) - von den eingenommenen Geldern sollten wiederum Aktien oder Commodities gekauft werden.
Ein cleverer Schachzug: Die Rendite der Staatsanleihen stieg - Investoren verkauften diese und schichteten ihr Geld um; es standen wieder Gelder auf dem Aktienmarkt zur Verfügung. Nach Bekanntgabe durch die FED, dass das Programm Ende Juni auslaufen würde, fielen die Staatsanleihen im Zinssatz - aber nicht besorgniserregend.
Es bleibt zu hoffen, dass vor dem Verkauf der Staatsanleihen durch die FED der Zinssatz durch eben diese angehoben wird.
Anlass zur Sorge gibt jedoch die extrem hohe Arbeitslosigkeit in den USA. Trotz massiver Steuergeschenke an Familien und Unternehmen seit 2008, entwickelte sich der Arbeitsmarkt nicht wie gewünscht (im Mai diesen Jahres wuchs der Arbeitsmarkt der USA um 2/3 zu wenig) - es scheint, dass die Zeit für keynesianische Politik abgelaufen sei.
Die Schuldengrenze, welche sich die die USA selbst auferlegt hat, ist durchbrochen und es ist zu erwarten, dass bei Nicht-Einigung der US-Regierung diese ab Anfang August nicht mehr in der Lage sein wird, ihre Rechnungen zu begleichen.
Das „Anwerfen der Notenpresse“ wird diesmal nicht reichen und auch mit allen Tricksereien lässt sich das Problem der Überschuldung nur zeitlich verschieben.
Höchstwahrscheinlich wird einfach die Schuldengrenze angehoben - so reagierten die USA bisher auf ähnliche Herausforderungen. Ein Zahlungsausfall der USA würde die Weltwirtschaft schwer treffen und Wackelkandidaten in Europa mit sich reißen.
Wer soll das bezahlen...
Aber wie können sich die Staaten so viel Geld beschaffen? Das Wort dafür heißt Zinsraub - oder fein wissenschaftlich: finanzielle Repression. Versicherungen, Pensionskassen und Banken werden genötigt, Staatsanleihen zu kaufen.
Möglich wird das durch Regelungen wie Solvency II und Basel II und III. Ursprünglich sollten die Vorschriften helfen, die Finanzmärkte zu stabilisieren und sicherer zu machen. Nun deutet sich ein Missbrauch dieser Regularien an. Finanzinstitute müssen ihren Anteil an angeblich sicheren Staatsanleihen stetig erhöhen. In einigen Staaten kommen außerdem Obergrenzen für die Zinsen von Bankeinlagen und Kapitalkontrollen dazu.
Die Regierungen lassen also zu, dass die Inflation anzieht - so kommt es zu einer Vernichtung der Sparanlagen. Und die hochverschuldeten Länder, allen voran die USA, versuchen auf diese Weise ihre Verbindlichkeiten zu minimieren.
Die Verzinsung von 10-jährigen Staatsanleihen aus Deutschland liegt zur Zeit bei unter 3 Prozent; bei einer gerade stattfindenden Inflationsrate von 2,3 Prozent. Also eine Realrendite von weniger als 0,7 Prozent - vor Steuern.
Von den 3 Prozent „verschwindet“ noch gut 1/4 im Staatssäckel als Abgeltungssteuer. Das kommt einer Kaufkraftvernichtung gleich.
Bei dem in Deutschland stattfindenden Aufschwung müsste der Zinssatz sehr, sehr viel höher liegen. In Zeiten einer finanziellen Repression von fast allen großen Volkswirtschaften ist das eben anders und wird sich so schnell auch nicht ändern. Staatsansinnen kann es nur sein, den Zins niedrig zu halten. Wäre der europäische Leitzins angemessen erhöht worden, würde es Griechenland und Portugal (die Reihe ist nicht abschließend) noch schwerer fallen, ihre Schulden zurückzuzahlen.