Kurze Leine für Niedersachsens Hundehalter

In Niedersachsen verpflichtet das neue Hundegesetz die Hundebesitzer zum Abschluss einer Tierhalterhaftpflichtversicherung. Damit ist Niedersachsen das vierte Bundesland, das eine Versicherung von Hundehaltern verlangt. Außerdem müssen Hunde nun auch gekennzeichnet werden und neue Halter einen Sachkundenachweis erbringen.

Momentane Situation

Nach Berlin, Hamburg und Sachsen-Anhalt hat nun auch Niedersachsen nachgezogen und die Haftpflichtversicherung für Hundebesitzer zur Pflicht erhoben. Weitere Bundesländern kündigten an, ebenfalls eine Versicherungspflicht für Hunde einzuführen. Nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) sind rund 30 Prozent der in Deutschland erfassten Hunde im Moment nicht versichert. Dafür kommen folgende zwei Gründe in Frage:

  • Viele Hundebesitzer unterschätzen die Risiken und die damit verbundenen finanziellen Folgen. Grundsätzlich können Hundehalter nach Paragraf 833 Satz 1 des Bundesgesetzbuches für alle Schäden, die ein Hund verursacht in unbegrenzter Höhe haftbar gemacht werden. Und das kann schnell in die Tausende gehen, zum Beispiel wenn der Hund auf die Straße läuft und dadurch einen Unfall verursacht, einen Menschen verletzt oder eine Edelrassehündin in einem unbeobachteten Moment deckt. Der Besitzer muss im Ernstfall mit seinem gesamten aktuellen und zukünftigen Vermögen dafür aufkommen.

  • Vielen Hundebesitzern ist die Versicherung einfach zu teuer. Die Versicherungsbeiträge sind je nach Gesellschaft tatsächlich sehr unterschiedlich und reichen von 50 bis 150 Euro im Jahr, ohne Selbstbeteiligung.

Neue Gesetzeslage in Niedersachsen

Ende Mai wurde im niedersächsischen Landtag ein neues Hundegesetz verabschiedet, das „Gesetz zur Neufassung des Niedersächsischen Gesetzes über das Halten von Hunden und zur Änderung des Niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes“. Kernpunkte der neuen Regelungen sind diese drei Punkte:

  • Pflicht des Sachkundenachweis für neue Hundehalter
    Jeder zukünftige neue Hundehalter muss eine Art „Hundeführerschein“ vorweisen können. Ein Nachweis wird jedoch nicht erforderlich, wenn ein Halter belegen kann, dass er in den letzten 10 Jahren für mindestens zwei Jahre einen Hund besaß. Es besteht eine Übergangsfrist von 2 Jahren, das heißt bis zum 1.7.2013 müssen die Sachkundenachweise vorliegen.

  • Pflicht zur Kennzeichnung aller Hunde (Chippen) Ab 1.7.2011 müssen alle Hunde ab sechs Monaten in Niedersachsen einen Chip mit einer Kennnummer im Ohr haben. Die auf dem Chip gespeicherten Informationen dienen der Identifikation des Tieres und enthält Angaben zum Hund und vor allem auch zum Halter. Bei Rassehunden war das Chippen auch schon in der Vergangenheit weitestgehend üblich. Vielen Hundehaltern ist sicher auch bekannt, dass für die Einreise eines Hundes in andere Länder eine Chippflicht besteht. Durch den Chip können sowohl ausgesetzte als auch entlaufene Hunde einfacher wieder ihrem Besitzer zugeordnet werden.

  • Pflicht zum Abschluss einer Tierhalterhaftpflichtversicherung für Hundehalter Ebenfalls ab 1.7.2011 müssen alle niedersächsischen Hundehalter für ihren Vierbeiner, der älter als sechs Monate ist, eine Haftpflichtversicherung abschließen. Dabei ist es völlig egal, wie erfahren der Hundehalter ist oder welche Art Hund er hat, da auch kleine Hunde große Schäden anrichten können, beispielsweise wenn ein Yorkshire Terrier Schuld an einem Verkehrsunfall hat. Für diese Tierhalterhaftpflichtversicherung schreibt der Gesetzgeber Versicherungssummen vor: mindestens 500.000 Euro für Personenschäden und mindestens 250.000 Euro für Sachschäden.

Die Kontrolle über die Einhaltung des Gesetzes liegt bei den zuständigen Gemeinden. Wer sich nicht daran hält, muss mit satten Bußgeldern bis zu 10.000 Euro rechnen. „Das neue Hundegesetz stärkt den Tierschutz und hilft Beißunfälle in Zukunft zu vermeiden“, sagt der Landwirtschaftsminister Gert Lindemann (CDU). „Der Gesetzentwurf trägt den Sicherheitsbedürfnissen der Bevölkerung und den Ansprüchen nach artgemäßer und verhaltensgerechter Haltung der Hunde gleichermaßen Rechnung", so Lindemann weiter.

Anders als erst gefordert, enthält das neue Gesetz keine Rassenliste. Laut der Website des Ministerium ist die Einstufung eines Hundes als gesteigert aggressiv oder gefährlich, anknüpfend an die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Hunderasse, wissenschaftlichen Untersuchungen nach nicht gerechtfertigt. „Es gibt keine Rassen, die von vornherein gefährlich sind; das Problem liegt meist am anderen Ende der Leine“, sagt Marius Tünte, Sprecher des Deutschen Tierschutzbundes. Die Regelungen für gefährliche Hunde bleiben aber bestehen.

Unterschiede von Bundesland zu Bundesland

Der Umgang mit Hunden wird in Deutschland nicht auf Bundesebene festgelegt, sondern liegt bei den Ländern, die sogenannte Hundeverordnung erlassen. Dementsprechend gibt es regionale Unterschiede hinsichtlich der Einstufung bestimmter Rassen als gefährlich, damit verbundener Leinenzwang, Maulkorbpflicht und Versicherungspflichten. In Thüringen beispielsweise darf ein Rottweiler frei laufen, so lang er kein auffälliges Verhalten gezeigt hat. In Bayern dagegen darf ein Rottweiler nur nach bestandenem Wesenstest gehalten werden. Und in Hamburg muss ein Rotweiler-Besitzer eine Tierhalterhaftpflichtversicherung nachweisen, den Hund chippen lassen, stets Maulkorb anlegen und den Hund an der Leine führen.

Stiftung Warentest stellt eine gute Übersicht zur Verfügung, im Artikel „Unterschiede von Land zu Land“ finden Sie einen Link zur einer Deutschlandkarte und den Hundeverordnungen der einzelnen Bundesländer.

Potenzial für Versicherer und Makler

In Niedersachsen leben rund 25.000 Hundehalter und Schätzungen zufolge 400.000 Hunde. Geht man davon aus, dass rund 30 % der Hunde nicht versichert sind, so ist hier ein großes Potenzial für die Versicherungsbranche vorhanden. Da das Gesetz bereits ab 1.7.2011 gültig ist, sind viele Hundebesitzer gezwungen schnell zu handeln. Einige Versicherungsgesellschaften haben die Chance erkannt und bieten Sonderaktionen an.

Die Uelzener Tierversicherung zum Beispiel übernimmt bis zum 30.9.2011 für die ersten 2.000 neu abgeschlossenen Hundehalter-Haftpflichtversicherungen bis zu 25 Euro der Chip-Kosten. Das dürfte einigen Hundehalter sehr entgegenkommen, da ja nun beides – Versicherung und Chip – Pflicht in Niedersachsen ist.

Auch die Tierversicherung Agila reagiert auf die neuen gesetzlichen Regelungen mit einem extra Angebot: einer speziellen Hundehaftpflichtversicherung für Hundehalter mit Wohnsitz in Niedersachsen. Für 2,99 Euro im Monat bietet der Agila Haftpflichtschutz Niedersachsen eine Deckungssumme von 3 Millionen Euro für Sach- und Personenschäden und 250.000 Euro für Vermögensschäden. Damit liegen die Versicherungssummen deutlich über dem gesetzlich geforderten Mindestsummen. Im Gegensatz zu anderen Anbietern sind bei diesem Angebot von Agila Mietsachschäden und Schäden durch ungewollten Deckakt nicht Bestandteil des Versicherungsumfanges. Dafür macht Agila keine Unterschiede zwischen Rassen, für jeden Hund wird der gleiche Beitragssatz erhoben.

Einige wichtige Leistungspunkte

Der Versicherungsumfang variiert von Anbieter zu Anbieter. Je nach Versicherungsgesellschaft und Tarif unterscheiden sich die Leistungen besonders in diesen Punkten:

  • Übernahme von Mietsachschäden Ein Tier kann in einer Wohnung viel Schaden anrichten – etwa, wenn der teure Parkettboden beschädigt wird und ausgetauscht werden muss. Besonders ärgerlich ist ein solcher Schaden in gemieteten Wohnräumen. Eine Privathaftpflichtversicherung leistet in solchen Fällen jedoch nicht, hierfür ist eine Tierhalterhaftpflicht erforderlich. Wenn bekannt ist, dass der zu versichernde Hund gern mal in der Wohnung randaliert, sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass Mietsachschäden mitversichert sind – gegebenenfalls auch gegen Aufpreis.

  • Mitversicherung von Jungtieren Interessant wird diese Leistung, wenn sich Nachwuchs ankündigt: Welpen sind im Rahmen mancher Haftpflichtverträge über das Muttertier mitversichert, in der Regel 6-12 Monate. Denn auch ein kleiner Racker kann schon ordentlich Schaden anrichten – so süß er auch sein mag.

  • Mitversicherung von Schauvorführungen, Hunderennen und Hundeschlittenrennen Ganz gleich, ob ein Hund sein Herrchen oder Frauchen beim Slalom-, Gelände- oder Hürdenlauf stolz macht: wer regelmäßig mit seinem Tier an Sportveranstaltungen teil nimmt, sollte darauf achten, dass hierfür laut Vertrag Schutz besteht. Denn nicht in jeder Police sind Sportveranstaltungen mitversichert, und beißt der Hund einen Zuschauer, kann der Schaden schnell einen sechsstelligen Betrag erreichen. Große Unterschiede bestehen auch hinsichtlich des möglichen Gewinns: manche Versicherer schließen bereits Sachleistungen aus, so dass für die Aufrechterhaltung des Haftpflichtschutzes nicht einmal ein Pokal mit nach Hause genommen werden darf, während andere Anbieter einen Höchstbetrag nennen, der bei einem Wettbewerb erzielt werden darf.

  • Übernahme von Schäden aus ungewollten Deckakten Bei der Wahl ihrer Geschlechtspartner sind Hunde wenig wählerisch – doch wenn die stolze Rassehundedame von einem Mischlingsrüden begattet wird, werden manche Züchter ungemütlich. Bei Schadensersatzforderungen wegen Zuchtausfall zahlt die Versicherung, wenn „Schäden aus ungewollten Deckakten“ laut Vertrag garantiert sind.

  • Mitversicherung von Auslandsaufenthalten Nicht immer findet sich jemand, der im Urlaub auf den Hund aufpasst – und auf der Flaniermeilen der Cote dÁzur gehören Hunde mittlerweile zur Standardausstattung. Manche Verträge bieten jedoch nur in Deutschland oder in ausgewählten Ländern Schutz – hier ist genau in den Vertragswerken nachzulesen.


Ute Bachmann