Neue Daten aus 30 Ländern belegen, dass Beschränkungen von Leerverkäufen nicht dazu beitragen, die Aktienkurse zu stützen und stattdessen die Marktliquidität reduzieren.
Einer neuen, breit angelegten Studie zufolge ist das Verbot von Leerverkäufen im Euroraum nicht geeignet, den Kursverlusten Einhalt zu gebieten und könnte „mehr schaden als nützen“.
Angesichts der Turbulenzen an europäischen Aktienmärkten führten die Aufsichtsbehörden in Frankreich, Italien, Spanien und Belgien am 11. August eine ganze Reihe von Beschränkungen ein, um die Aktienkurse zu stabilisieren und die Ordnung an den Aktienmärkten wieder herzustellen.
Eine Untersuchung der weltweiten Auswirkungen des während der Finanzkrise eingeführten Verbots von Leerverkäufen enthält jedoch Anhaltspunkte dafür, dass die jüngsten Maßnahmen den Aktienmärkten ernsthaften Schaden zufügen könnten.
In der größten Studie dieser Art untersuchte die zur City University London gehörige Cass Business School die Auswirkungen des Verbots in 30 Ländern. Dabei analysierte sie die Kursdaten von nahezu 17.000 verschiedenen Aktien im Zeitraum zwischen 2008 und 2009.
Alessandro Beber, Professor an der Cass Business School und einer der Verfasser des Berichts, führte dazu aus: „Unserer Studie zufolge hatte die reflexartige Reaktion der meisten Aufsichtsbehörden der Welt eindeutig negative Auswirkungen auf die Marktliquidität. Besonders deutlich zu spüren war dies bei Aktien mit einer relativ geringen Marktkapitalisierung, einer hohen Volatilität und ohne börsennotierte Optionen."
Was den Rückgang der Liquidität so gefährlich machte, sei die Tatsache, dass er zu einem Zeitpunkt erfolgte, an dem sich die Geld-Brief-Spanne aufgrund der Krise bereits stark ausgeweitet hatte und Anleger aufgrund der weitgehend eingefrorenen Rentenmärkte verzweifelt nach liquiden Wertpapiermärkten suchten, so Professor Beber.
Die Studienergebnisse bieten einen neuen zwingenden Beweis dafür, dass Beschränkungen von Leerverkäufen nicht dazu beitragen, die Aktienkurse zu stützen sondern stattdessen die Liquidität verringern und die Weiterleitung von Informationen an den Markt beeinträchtigen. Prof. Beber sieht darin „…eine deutliche Botschaft an die Aufsichtsbehörden, denen klar sein sollte, dass weitere Verbote von Leerverkäufen möglicherweise mehr schaden als nützen“.
Die Studie, die in der nächsten Ausgabe des angesehenen Journal of Finance veröffentlicht werden soll, bietet einen einmaligen Überblick über die Auswirkungen von Verboten gedeckter und ungedeckter Leerverkäufe in 30 Ländern.
Dem Bericht zufolge war Italien am härtesten von dem Verbot betroffen, gefolgt von Dänemark, Australien und der Schweiz. Professor Beber stellte fest, „…dass Länder, die aufgrund der Struktur ihrer Kapitalmärkte bereits unter Liquiditätsproblemen leiden, am stärksten durch das Verbot geschädigt wurden“.
Ebenfalls zu spüren, wenn auch weniger, war der Rückgang der Liquidität in Spanien, Belgien, Norwegen, Irland, den USA und Großbritannien, während die Niederlande, Südkorea und Österreich am wenigsten betroffen waren.
Professor Beber zufolge verfehlte das Verbot auch das Ziel, die Ordnung an den Aktienmärkten wiederherzustellen und Kurseinbrüche zu verhindern: „Im Gegensatz zu dem, was sich die Aufsichtsbehörden erhofften, zeigen die von uns gesammelten Daten, dass Verbote von Leerverkäufen die Kurse bestenfalls unberührt ließen und schlimmstenfalls zu ihrem Rückgang beitrugen.“
Er fügte hinzu: „Aus unserer Studie geht auch hervor, dass Aktienkurse durch das Verbot von Leerverkäufen langsamer auf neue Informationen reagieren. Durch die Einschränkung der Handelsaktivität gut informierter Börsenmakler, die über negative Unternehmensinformationen verfügen, verlangsamte das Verbot die Geschwindigkeit, mit der solche Nachrichten auf die Börsenkurse durchschlugen.”