Muss ein Makler etwas von Dramaturgie verstehen? Wir finden: ja, denn ein gewisser Spannungsbogen im Verkaufsgespräch ist unabdingbar, um den potentiellen Kunden vom Produkt zu überzeugen. Dafür gibt es Richtlinien, die einen positiven Ausgang des Gesprächs deutlich erhöhen. Ein einfaches Modell der Gesprächsstrukturierung stellen wir im achten Teil unserer Serie zur Gesprächsführung vor.
Im Theater ist ein Dramaturg oft Mädchen für alles. Er wirkt am Spielplan mit, assistiert dem Regisseur, wählt die Schauspieler aus. Er ist an der Öffentlichkeitsarbeit beteiligt, assistiert bei den Proben und bearbeitet auch schon mal den vorliegenden Dramentext, wenn dieser nicht den Vorstellungen entspricht. Vor allem aber muss der Dramaturg ein Theaterstück bis zur kleinsten Nebenrolle analysiert haben: wenn Szenen nicht ineinander greifen und das Zusammenspiel nicht funktioniert, dann liegt dies häufig in der Verantwortung des Dramaturgen. Manche sagen, ein guter Dramaturg sei wichtiger als ein guter Regisseur.
Im Verkaufsgespräch lassen sich ganz ähnliche Synergien wie am Theater entdecken. Der Kunde sollte natürlich der Regisseur eines Stückes sein: denn er entscheidet, welches Produkt er kaufen will, er weiß um seine Bedürfnisse und Wünsche. Aber der Kunde ist auch Zuschauer, der nicht nur beraten, sondern unterhalten werden will: schließlich gilt es für Sie als Makler, die Aufmerksamkeit des Kunden zu gewinnen, ihn zu interessieren und zu fesseln, das über einen längeren Zeitraum hinweg! Dann schlüpft der Makler schnell in die Rolle eines Entertainers, dann wird der Schreibtisch bzw. der Bürostuhl zur Bühne, und für den Versicherungsverkauf wie für das Theater gilt die oberste Prämisse: "du solltst nicht langweilen". Sie sollten schon wissen, welches Stück gespielt wird!
Aber wie gestalte ich das "Skript" für mein Verkaufsgespräch? Hierfür gibt es drei Grundregeln: Ein Gespräch soll abschlussorientiert, kundenorientiert und ökonomisch sinnvoll sein. Es existieren diverse Modelle, vom einfachen AIDA-Modell (attention, interest, desire, action bzw "Aufmerksamkeit, Interesse, Begehren, Aktion) bis hin zu mehrstufigen, arbeitsteiligen und sehr spezialisierten „Drehbüchern“. Mit unserem Dramaturgiekonzept können Sie vielleicht keinen Literaturnobelpreis gewinnen, aber es bietet eine grobe Orientierung für das Verkaufsgespräch:
Kontaktphase
Der berühmte erste Eindruck – also achten Sie darauf, welche verbalen und nonverbalen Signale Sie aussenden! An dieser Stelle legen Sie den Grundstein für die Vertrauensbasis aller folgenden Geschäftsabschlüsse. Ein bisschen Smalltalk zum „Warmwerden“ kann hier nicht schaden, aber halten Sie sich fern von aufgesetzter oder übertriebener Lässigkeit. Für den Smalltalk bieten sich Themen aus dem allgemeinen Wohn-, Lebens- oder Geschäftsbereich des Kunden an. Mögliche Einstiege wären demzufolge beispielsweise:
- „Was macht denn Ihr Hobby …, von dem Sie mir letztens berichteten?“
- „Wie läuft es auf Arbeit – immer noch so stressig?“
- „Wie steht es um die Vorbereitungen zur Hochzeit?“
Je nachdem, wie der Kunde auf Ihre Frage einsteigt, kann diese Phase sehr kurz aber auch etwas länger und ausführlicher ausfallen. Als nächstes sollten Sie zum eigentlichen Thema überleiten. Dafür bieten sich offene Fragen an, zum Beispiel solche Formulierungen:
- „Was kann ich denn heute für Sie tun?“
- „Wie kann ich Ihnen helfen?“
- „Was führt Sie denn zu mir?“
Analysephase
In dieser Phase geht es darum, dass Sie möglichst genau ermitteln, was der Kunde wünscht und braucht. Bevor Sie überhaupt etwas anbieten können, benötigen Sie einige Informationen über den Kundenbedarf. Fragen Sie dabei ruhig immer wieder nach, um das passende Produkt aus Ihrer Palette für den Kunden zu finden. Lassen Sie sich auch bei neuen Produkten nicht dazu hinreißen, es vorschnell zu präsentieren – auch wenn Sie gespannt und neugierig auf Kundenreaktionen sind. Im dümmsten Fall sagt der Kunde dann einfach „nein“ und dann wird es für Sie sehr viel schwieriger, ihm ein anderes, vielleicht sehr viel passenderes Angebot zu verkaufen. Wenn Sie alle Informationen zusammen haben und sich ein umfassendes Bild über die Wünsche, Anliegen und Erfahrungen, aber auch über Familien- und Vermögensverhältnisse des Kunden machen konnten, dann fassen Sie noch einmal kurz zusammen und lassen sich dies vom Gesprächspartner bestätigen. So werden eventuelle Missverständnisse aus dem Weg geräumt.
Angebotsphase
Jetzt geht es ganz konkret um das Produkt, dass Sie auf Basis der Informationen vom Kunden für ihn ausgewählt haben. Ihre Argumentation sollte sich immer an der zentralen Kundenfrage orientieren: „Was habe ich davon?“ Wichtig ist, dass sich der Kunde wirklich ein ganz genaues Bild machen kann, was er da kaufen kann, welche Leistungen er damit erhalten und welche Verpflichtung er eingehen würde. Lassen Sie ruhig auch den Kunden zu Wort kommen und Zwischenfragen stellen. Als selbstverständlich gilt, dass Sie Präsentationsmaterial zeigen können: Broschüren und Grafiken, um das abstrakte Thema "Versicherungen" etwas greifbarer zu machen. Aber beschränken Sie sich auf 1-2 Prospekte oder ähnliches, sonst kann es schnell passieren, dass sich der Kunde überladen fühlt. Wenn Sie Ihrem Gesprächspartner etwas zeigen, dann geben Sie ihm auch ein paar Augenblicke Zeit sich das anzuschauen. Anschauen und Zuhören können nur die allerwenigsten von uns gleichzeitig.
Argumentations- und Prüfungsphase
Nun sollten Sie gemeinsam mit dem Kunden überprüfen, ob das Produkt auch alle Bedürfnisse des Kunden erfüllt. Einstiegsfragen dafür wären zum Beispiel:
- „Ist das so, wie Sie es sich vorgestellt haben?“
- „Was halten Sie davon?“
- „Welche Bedenken haben Sie?“
Der Kunde wird Ihnen daraufhin vermutlich Fragen stellen und seine Bedenken darlegen. Es lässt sich hierbei unterscheiden in Einwände und Vorwände:
- Einwände: Der Kunde stellt ganz konkrete Fragen zur Leistung des Produktes. Das ist ein Signal dafür, dass er das Angebot ernst nimmt, Interesse daran hat, aber einfach noch ein paar Punkte offen sind. Steigen Sie noch einmal in die Argumentation ein und beseitigen Sie damit die Bedenken des Kunden. Solange noch Einwände im Raum stehen, sollten Sie auch noch nicht in die Preisverhandlung einsteigen.
- Vorwände: Der Kunde ist sich unsicher und will eigentlich (noch?) nicht wirklich kaufen. Oft werden dann finanzielle oder zeitliche Gründe vorgeschoben, die Entscheidung quasi vertagt. Nicht selten berufen sich Kunden auch darauf, erst noch mal Rücksprache halten zu wollen. Fragen Sie deshalb genau nach, an welchen Punkten der Kunde unzufrieden oder skeptisch ist. Häufig ist aber an dieser Stelle für Sie Ende der Fahnenstange, der Kunde hat dicht gemacht.
Abschluss
Wenn der Kunde verstärkt Kaufsignale zeigt, dann ist die „Kuh vom Eis“. Kaufsignale können beispielsweise sein:
- Kundenäußerungen wie „Ja, genau so mache ich das.“
- Fragen des Kunden nach Ihren persönlichen Erfahrungen
- Kunde greift zu den Unterlagen
- zustimmende Gesten des Kunden
Daraufhin sollten Sie noch einmal alles kurz und prägnant zusammenfassen, das Produkt empfehlen und sich die Bestätigung vom Kunden holen. Nun vereinbaren Sie noch einen ganz verbindlichen Verbleib, d.h. Sie vereinbaren die nächsten Schritte und können sich über einen neuen Kunden freuen.
Ute Bachmann