Die im Rahmen des Regelwerks Basel III in Kraft tretenden neuen Liquiditätsvorschriften werden sich fühlbar negativ auf die Zinsspanne der deutschen Kreditinstitute auswirken. Dies ergab eine Umfrage, die „Allianz Global Investors“ im September 2011 in Zusammenarbeit mit der „Fachhochschule des Mittelstands (FHM)“ unter 125 Banken und Sparkassen durchgeführt hat. Zwar werden die entsprechenden Liquiditätsregeln von Basel III erst im Jahr 2014 in Kraft treten, dennoch sehen viele Institute bereits heute Handlungsbedarf.
Im Einzelnen ergab die Befragung, dass knapp die Hälfte der Institute eine Verringerung der Zinsspanne, also ihres Zinsüberschusses in Relation zur Bilanzsumme, um bis zu 0,1 Prozentpunkt erwartet. Ein weiteres Drittel geht von einem Rückgang um 0,1 bis 0,3 Prozentpunkte aus, und sechs Prozent der Kreditinstitute befürchten einen noch stärkeren Rückgang. Henning Schneider, Leiter Vertrieb Banken bei Allianz Global Investors: „Die Umfrageergebnisse bestätigen in der Breite unsere Einschätzung, dass die neuen Liquiditätsvorschriften einen großen Einfluss auf die Ertragssituation der deutschen Kreditinstitute haben werden. Denn hinter diesen eher kleinen Zahlen verbergen sich materiell große Auswirkungen. Im Verlauf der letzten Jahre ist die Zinsspanne der deutschen Banken kontinuierlich gesunken, 2009 lag sie im Schnitt bei 1,14 Prozent. Ein Rückgang um 0,1 Prozentpunkte bedeutet daher eine fühlbare Ertragsschmälerung.“ Im praktischen Beispiel: Für eine mittelgroße Kreditgenossenschaft mit einer durchschnittlichen Bilanzsumme von 620 Millionen Euro bedeutet dies eine Ertragseinbuße von über 600.000 Euro pro Jahr.
Um sich frühzeitig auf die drohenden Ertragsverringerungen vorzubereiten, steuert die große Mehrheit der befragten Institute bereits heute gegen. Fast die Hälfte (58 der 125 Häuser) gab an, auf der Suche nach neuen Ertragsquellen im Eigenanlagegeschäft, dem Depot A, zu sein. Weitere Anpassungsmaßnahmen sind der Umfrage zufolge eine aktive Veränderung der Bilanzstruktur (55 Institute) sowie eine Ausweitung des Kreditgeschäfts (42 Häuser). 17 Institute erklärten dagegen, Anlageentscheidungen im Rahmen des Depot A zunächst zurückzustellen (Mehrfachnennungen waren möglich).
Bei der aktuellen Unsicherheit, welche Wertpapiere im Rahmen von Basel III für die Liquidity Coverage Ratio, also zur kurzfristigen Liquiditätsdeckung, anerkannt werden, ist eine gewisse Zurückhaltung bei der Eigenanlage zwar verständlich – sie ist aber nicht zielführend. Schneider: „Angesichts des aktuellen Niedrigzinsumfelds und der traditionell stark in Richtung Staatsanleihen und Pfandbriefe ausgerichteten Anlagepolitik stehen die Erträge des Depot A derzeit ohnehin unter Druck. Daher – und vor dem Hintergrund der neuen Liquiditätsregeln – raten wir unseren Kunden, sich stärker dem Thema Diversifizierung der Eigenanlagen zu widmen. Ziel sollte sein, mit dem Teil der Eigenanlagen, der nicht unmittelbar zur Liquiditätssteuerung benötigt wird, risikokontrolliert eine höhere Rendite zu erzielen. Als global aufgestellter Vermögensverwalter mit Expertise in sämtlichen Anlageklassen und ausgewiesener Risikomanagement-Kompetenz steht Allianz Global Investors den Instituten hierbei zur Seite.“
In diesem Zusammenhang ist es der Umfrage zufolge für 56 Prozent der befragten Institute wichtig oder sehr wichtig, dass auch die in Investmentfonds gehaltenen liquiden Wertpapiere für die Liquidity Coverage Ratio anrechenbar sind. Das bisherige Basel-III-Regelwerk sieht hier bislang eine in Teilen unterschiedliche Behandlung von im Eigenbestand verwalteten bzw. von im Rahmen von Fondsanlagen gemanagten Wertpapieren vor, selbst wenn es sich um die gleichen Papiere handelt. Schneider: „Angesichts der Tatsache, dass knapp 10 Prozent aller Kapitalanlagen der Finanzinstitute in Investmentfonds investiert sind, ist die Forderung nach Anrechenbarkeit bei der Liquidity Coverage Ratio verständlich. Dies ist aber nicht nur eine Frage der Gleichbehandlung, sondern vor dem Hintergrund der Liquiditätseigenschaften von Investmentfonds auch inhaltlich begründet.“
Zusammenfassend zeigt die Umfrage, dass die anstehenden Neuerungen durch die Liquiditätsvorschriften von Basel III aus Sicht der Banken und Sparkassen als bedeutendes, die Profitabilität beeinträchtigendes Thema wahrgenommen werden. Dabei wird die Einführung der neuen Liquiditätskennziffern an sich und ihre Bedeutung nicht in Frage gestellt. Allerdings ist bei den befragten Instituten eine hohe Unsicherheit bezüglich der tatsächlichen Umsetzung auszumachen, und teilweise äußerten die Teilnehmer die Erwartung, dass Basel III in der jetzigen Form nicht kommen wird.