Trotz günstiger Wirtschaftszahlen in diesem Jahr strotzen die Deutschen bei ihrer persönlichen Altersvorsorge nicht vor Optimismus. Vielmehr glaubt inzwischen jeder fünfte Berufstätige ab 50 Jahre, im Alter seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten zu können.
Dies ist der höchste Wert, der in der jährlichen Postbank-Studie „Altersvorsorge in Deutschland“ seit 2006 je gemessen wurde. Zugleich sinken die Ausgaben und die Bereitschaft für die private Altersvorsorge. Nur rund die Hälfte der jungen Berufstätigen unter 30 Jahren plant noch einen Ausbau der privaten Altersvorsorge. Das ist ein Negativrekord seit 2003. Wer aber die Vorsorge jetzt noch erweitern will, hat einen klaren Favoriten: Das Eigenheim! Jeder dritte vorsorgewillige Berufstätige plant den Bau oder Kauf der eigenen vier Wände. Fakt ist auch: Mittlerweile wollen mehr Berufstätige zur Altersvorsorge in Goldmünzen oder -barren investieren als etwa in eine private Riester-Rente.
Dr. Michael Meyer, Retailvorstand der Postbank , kommentierte die auf einer Pressekonferenz in Berlin vorgestellten Ergebnisse der Postbank-Studie so: „Die brisante Entwicklung verläuft parallel zur Verschuldungssituation in Europa. So sorgt sich aufgrund der hohen Verschuldung vieler EU-Staaten und der Krise des Euro fast jeder zweite Deutsche um seine Altersvorsorge“.
Verschuldung in Europa beunruhigt
Laut Postbank-Studie betrifft die größte Sorge der Bundesbürger eine Entwertung von Ersparnissen durch Inflation. Jeder dritte Deutsche befürchtet dies aktuell. Dass durch Zahlungen Deutschlands an andere Länder Geld für die staatliche Rentenkasse fehlt, beunruhigt 30 Prozent der Bundesbürger. Wie nachhaltig die Verunsicherung ist, zeigt ein weiteres Ergebnis: 43 Prozent aller Berufstätigen fragen sich mittlerweile, „welche private Anlageform überhaupt noch Sinn macht“. Und jeder Dritte hat seither stärkere Zweifel an der Sicherheit der privaten Altersvorsorge.
Ausbau der Altersvorsorge in Deutschland erlahmt
Mit der wachsenden Unsicherheit erlahmt der Ausbau privater Altersvorsorge in Deutschland. Fast vier von zehn Berufstätigen geben aktuell an, keinen Ausbau mehr zu planen. Und unter denen, die vorsorgen, hat sich die Höhe ihrer monatlichen Beiträge um sechs Prozent gegenüber 2010 auf derzeit 188 Euro im Monat reduziert. Besonders auffällig ist das Verhalten der jungen Berufstätigen im Alter von 16 bis 29 Jahren. Unter ihnen will nur rund die Hälfte noch weiter privat vorsorgen. Zum Vergleich: Vor dem bisherigen Höhepunkt der Finanzkrise 2008 waren es noch 65 Prozent. Und exakt ein Viertel der jungen Berufstätigen sagt jetzt ausdrücklich, nicht weiter vorsorgen zu wollen - ein Rekordwert in den Messungen der Postbank-Studien seit 2003 und eine Verdopplung allein gegenüber dem Jahr 2010.
Gold schlägt Riester-Rente
Die Suche nach einer vermeintlich sicheren Altersvorsorge lässt das Interesse an Goldbarren und -münzen stark steigen. Mit 13 Prozent plant mehr als jeder achte Berufstätige, der seine private Vorsorge noch ausbauen will, einen Goldkauf. Eine private Riester-Rente kommt hier auf nur zwölf Prozent. Spiegelbildlich ist dazu die Einschätzung, welche Anlageform als „besonders sicher“ gesehen wird. Hier kommt das Gold auf 39 Prozent und die private Riester-Rente auf nur 21 Prozent. Der sogenannte Wohn-Riester für die Anschaffung eines Eigenheims erreicht gar nur sieben Prozent der Nennungen. Allerdings: Vier von zehn Berufstätigen hörten in der diesjährigen Postbank-Befragung „jetzt zum ersten Mal von Wohn-Riester“.
Immobilien und die betriebliche Altersvorsorge sind die Gewinner
Jeder dritte Berufstätige, der seine Altersvorsorge noch erweitern will, plant hierzu den Erwerb einer eigenen Wohnung oder eines eigenen Hauses. Dies sind gut 50 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Wertschätzung des Eigenheims als „ideale Vorsorgeform“ ist besonders bei jungen Berufstätigen unter 30 und bei Berufstätigen in Ostdeutschland gewachsen. Hier schließen die Ostdeutschen mit 64 Prozent nun erstmals fast auf das Niveau im Westen auf, wo der Wert bei 68 Prozent liegt.
Wie das Statistische Bundesamt meldet, zeigt sich bei der Zahl der erteilten Baugenehmigungen im ersten Halbjahr 2011 gegenüber dem Vorjahr bereits ein deutlicher Anstieg um gut 25 Prozent. Es wurden damit bereits fast zwei Drittel des Gesamtvolumens von 2010 erreicht. Michael Meyer dazu: „Angesichts des wachsenden Interesses und zugleich äußerst günstiger Zinskonditionen könnten wir hier am Beginn eines längerfristigen stabilen Aufwärtstrends im Immobilienbereich stehen.“
Neben Sachwerten wie Immobilien oder Gold gibt es noch eine Vorsorgeform, die 2011 in allen Bereichen zulegen kann: Die Betriebliche Altersvorsorge (bAV). Als „Ideale Form der Alterssicherung“ wird sie aktuell von jedem Zweiten (48 Prozent) genannt. Glatt verdoppelt hat sich gegenüber dem Vorjahr auch die Zahl derer, die hierin jetzt vermehrt investieren wollen.
Michael Meyer zieht aus der Postbank-Studie zur „Altersvorsorge in Deutschland 2011/2012“ folgende Schlüsse:
1. Angebote zur privaten Altersvorsorge müssen stärker motivieren!
„Das Vorziehen staatlicher Förderung, etwa als attraktive „Sofort-Prämien“ bei Riester-Produkten gleich zu Beginn der Vertragslaufzeit, könnte verstärkte Anreize schaffen, insbesondere für berufstätige Frauen mit niedrigeren Einkommen, wo die Vorsorgeanstrengungen noch zu gering sind.“
2. Angebote zur betrieblichen Altersvorsorge ausweiten!
„Vermehrte Beratung in den Unternehmen aber auch eine breitere Palette von Angeboten sind hier erforderlich, die etwa auf unterschiedliche Einkommens- und Familiensituationen individueller eingehen.“
3. Die positive Stimmung zum Immobilienerwerb nutzen!
„Das Förderangebot des Wohn-Riesters ist kompliziert. Eine einfachere und schneller fühlbare Förderung könnte wie beim Ur-Produkt Riester-Rente hier deutlich höhere Nutzungszahlen bewirken.“