Machen wir und nichts vor, große Teile der griechischen Bevölkerung werden schneller verarmen, als uns lieb sein kann.
Die Vermögenden aber, und ich bitte die Grundzweideutigkeit des Wortes zu bedenken und es nicht einzig auf Geldvermögen anzuwenden, haben längst ihre Schäfchen und griechischen Bergziegen ins Trockene gebracht, sei es, dass sie sichere Anlageformate wählten, sei es, dass sie ihre Produktionsstandorte ins Ausland verlagerten. Kürzlich las ich einen Bericht über einen kleinen griechischen Schreinerbetrieb, der mit Mann und Maus vor den Zuständen ins benachbarte Bulgarien flüchtete.
Griechenland blutet also aus. Und dieser Prozess wird umso mehr beschleunigt werden, umso enger die Stellschrauben durch EU und nationaler Regierung gezogen werden. Gehaltskürzungen und Einschnitte im Rentensystem führen zu Steuermindereinnahmen. Der Staat ist so reich, wie die steuerzahlenden Bürger und Unternehmen.
In einer solchen miesen Situation wird der Bürger auch noch als Tanzbär am Nasenring vorgeführt. Erst heißt es, die Regierung machts. Dann bekommt der Regierungschef kalte Füße und sagt, er wolle einen Volksentscheid. Weil das Volk - „der große Lümmel“ (Heine) - aber unberechenbar ist, bekommt der Merkozy ganz plötzlich Angst, sein Diktat könne am Volkswillen scheitern und droht. Zumal die Geschichte den ganzen schönen G20-Gipfel überschattet. Na gut. Papandreou nahm seine Drohung, Volk zu befragen zurück.
Aber die Geschichte ist noch nicht ausgestanden. Das Ganze bekommt die Form eines Teufelskreis, und es wird zunächst aller Voraussicht nach die Republik Zypern mit hineingezogen, weil die zypriotischen Banken beim Schuldenschnitt am meisten verlieren werden. Aber davon spricht hier keiner, weil es nämlich Europa zwar als wirtschaftliche Einheit und als geographisches Phänomen gibt, aber eben nicht als Ort politischer Meinungsbildung und Heimat eines Volkssouveräns.
Wir werden diese Krise alle irgendwie überstehen. Wenn wir aber unsere demokratischen Strukturen nicht den europäischen Gegebenheiten anpassen, sondern in kleinlichen Nationalismen verharren, wird das nicht die letzte Krise gewesen sein, sondern der Ausdruck einer allgemeinen europäischen. Wir müssen ein europäisches Vermögen bilden. Denkvermögen und Geldvermögen.