Die Europolitik ist ein wenig aus dem Blick gerückt, denn eine Bande faschistischer Mörder hat die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Zwei Staaten des Euroraums aber haben inzwischen neue Regierungen. Ganz ohne Wahl.
Der demokratische Souverän wurde in Griechenland und Italien zeitweise abgeschaltet, weil die alten Regierenden auf ganzer Strecke versagt haben. Jetzt herrschen dort Technokraten. Nun gut, man kann sagen: die politischen Systeme beider Staaten waren marode, im einen ein dauerregierender Medienmogul mit merkwürdigen Freunden und auf der anderen Seite Dauerregenten der zweiten Generation im steten Wechsel.
Das erinnert mich an eine andere Situation. Ich studierte Ende der achtziger Jahre mit einigen Griechen zusammen, die sich schon damals regelmäßig über Papandreous Vater ärgerten, und auch in der DDR hatten seinerzeit vergreiste Witzfiguren das Sagen, auch da gab es Massendemonstrationen und der Staat war wirtschaftlich am Ende. Der Weg des Ostens aus dem politischen und wirtschaftlichen Tief verlief alles andere als glatt, und er ist noch nicht zu Ende gegangen.
Immer noch liegen gerade in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern ganze Landstriche brach. Aber dieser Weg war von Anfang an demokratisch legitimiert. Über den Einigungsvertrag mit dem jeweiligen Nachbarn stimmten gewählte Parlamente ab und auch die, welche den Vertrag ausarbeiteten wurden von gewählten Regierungen bestimmt und waren alles andere als kalte Technokraten.
Daran mag es liegen, dass der Vertrag Mängel hat, und da ein demokratisches Gebilde ein Interessenwirrwar ist, wird fast jeder einen anderen Sachverhalt als Mangel konstatieren. Aber aus dem Einigungsvertrag heraus ist ein demokratisches Miteinander entstanden. So etwas stelle ich mir auch für Europa vor. Solch einen „mangelhaften“ Einigungsvertrag, der die Kritiker nicht ruhen lässt, und Europa gerade durch eine permanente Selbstkritik vereint. Ich fürchte, dass Technokraten etwas deratig souverän Unvollkommenes nicht hervorbringen können.