Immer mehr Beschäftigte gehen in Deutschland vorzeitig in den Ruhestand und müssen teils drastische Einbußen bei der Rente in Kauf nehmen. Dies berichtet heute die „Süddeutsche Zeitung“ mit Bezug auf Statistiken der Deutschen Rentenversicherung. Gewerkschaften und Sozialverbände warnen vor einer Verschlimmerung der Altersarmut, sollte die Rente auf 67 Jahre angehoben werden.
2010 bekamen knapp 647.000 Versicherte erstmals eine Altersrente ausgezahlt. 47,5 Prozent von ihnen oder knapp 320.000 Ruheständler mussten dabei jedoch Abschläge akzeptieren, da sie nicht bis zu ihrem 65. Lebensjahr arbeiteten. Die Zahl der vorzeitigen Ruheständler hat sich dabei deutlich erhöht: Vor fünf Jahren waren es noch 41,2 Prozent Frühpensionäre, im Jahr 2000 sogar nur 14,5 Prozent. Im Schnitt gingen die Frührentner drei Jahre und zwei Monate früher in den Ruhestand.
Gestiegen sind auch die Abschläge, die Frührentner bei ihren Altersbezügen in Kauf nehmen müssen. Im Durchschnitt fiel ihre Rente um monatlich 113 Euro geringer aus, als wenn sie bis zur Regelaltersgrenze gearbeitet hätten. Damit wuchsen die Abschläge im letzten Jahrzehnt um knapp 80 Euro im Monat an.
Ulrike Maschner, Vorsitzende des Sozialverbandes VdK Deutschland, warnte vor einer Verschärfung der Altersarmut, wenn die Rente auf 67 Jahre angehoben werde. Für viele Ältere sei es mittlerweile illusorisch, ohne oder mit geringen Abschlägen in Rente zu gehen, erklärte sie gegenüber der Süddeutschen. „Derzeit bieten weder der Arbeitsmarkt noch die Personalpolitik der Unternehmen Anhaltspunkte dafür, dass ein Arbeiten bis zur Regelaltersgrenze zur Normalität wird.“ Ähnlich äußerte sich Annelie Buntenbach, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB. „Solange die Beschäftigten kaum eine Chance haben, bis 65 zu arbeiten, ist die Rente mit 67 ein reines Rentenkürzungsprogramm.“
Noch dramatischer ist die Lage bei Rentnern, die aufgrund einer Krankheit oder Behinderung eine Erwerbsminderungsrente erhalten. Bei ihnen stieg der Anteil der Neurentner mit Abzügen von 39,7 Prozent im Jahr 2001 auf 96,3 Prozent in 2010. Im Schnitt erhalten diese Rentner 695 Euro monatlich und beziehen ihr erstes Ruhegeld erstmals mit 50 Jahren.
Laut Süddeutscher Zeitung führt die Rentenversicherung den steigenden Anteil von Neurentnern mit Abschlägen auf den demographischen Faktor sowie auf gesetzliche Reformen zurück. So seien schlicht mehr Versicherte als Neurentner zu verzeichnen, die ab dem 60. Lebensjahr eine vorgezogene Altersrente beziehen können. Mit den 1992 eingeführten Abschlägen für eine vorzeitige Pensionierung müssen Frührentner seit spätestens 1997 eine Kürzung der Altersbezüge akzeptieren.