Die SPD-Fraktion macht sich für den „flächendeckenden Aufbau der Honorarberatung“ stark. In ihrem Antrag vom 14.12.2011, welcher gestern dem Bundestag vorgelegt wurde, argumentiert die Oppositionspartei vor allem mit dem „Verbraucherschutz“: Eine provisionsunabhängige Beratung existiere bisher nur marginal. Das Eckpunktepapier des BMELV kritisierte die Fraktion dabei stark.
Die provisionsgetriebene Finanzvermittlung habe „große Schäden“ erzeugt, heißt es im Antrag der SPD. Die Angst der Bevölkerung um ihr Vermögen würde geschürt. Und dieses Vermögen umfasse immerhin insgesamt 19. Bio. Euro. Verluste desselben seien durch die Nutzung spekulativer Methoden zur Gewinnvermehrung begründet: ein Ergebnis von Fehlinformation und -beratung über Finanzanlageprodukte. Aus Provisionsgründen oder aufgrund der Chance auf Beförderung würden Vermittler gezielt nur bestimmte Finanzprodukte vertreiben.
Dennoch würde vor allem der Markt selbst jene Sparte der Beratung, die auf dem Provisionsmodell basiert, hervorbringen: Die Vergütung des Vermittlers sei an den Geschäftsabschluss und nicht die Beratungsleistung gebunden. Unabhängige Honorarberatung habe keine Marktkonkurrenz. Laut der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) waren im Versicherungsbereich Ende September 2011 lediglich 209 Berater auf Honorarberater registriert, überwiegend tätig für Unternehmen oder vermögende Kunden. Im Gegenzug arbeiten 250 000 Versicherungsmakler, -vermittler und vertreter auf Provisionsbasis, so die SPD.
Eine Frage des Vertrauens
Anleger würden vor allem der Vermittlerempfehlung vertrauen. Doch die Vermittler würden Konflikte mit eigenen Interessen kaum preisgeben: Wie eine Studie der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) zeigte, würden zwei von drei Banken und Sparkassen die Pflicht der Provisionsoffenlegung missachten (versicherungsbote.de berichtete).
Um das Vertrauen der Verbraucher wieder herzustellen, wurde im Zuge des 2. Finanzmarktstabilisierungsgesetzes die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) mit zusätzlichen Rechten zur Aufsicht über den Kapitalmarkt ausgestattet (versicherungsbote.de berichtete). Die BaFin überwache die vertriebenen Produkte, die Aufsicht der Makler und Vermittler unterliege allerdings den Gewerbeämtern bzw. der Industrie- und Handelskammern. Trotz dieser Mechanismen seien weiterhin unregulierte Anlageprodukte auf dem sogenannten „grauen Finanzmarkt“ vorhanden. Die SPD kritisierte, dass mit dem Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts das „Defizit in der Beaufsichtigung durch die Gewerbeämter beibehalten werden“ solle. Zusätzlich sollen diese weitere Aufgaben erhalten, die mit „organisatorische[r] oder gar finanzielle[r] Kompensation“ nichts zu tun hätten.
Berufsbild Honorarberater?
Auf Ablehnung der SPD-Fraktion stößt auch das Eckpunktepapier zur Honorarberatung vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) vom Juli 2011. Das hier vorgestellte Berufsbild des Honorarberaters sei noch unzureichend. Insbesondere die Durchleitung der Provisionen könne nach Auffassung der SPD zu Marktverzerrungen führen: Für den Kunden wäre dann die höchste Provision reizvoll wäre. Die SPD sieht in diesem Zusammenhang auch immense Probleme mit der Stornohaftung aufkeimen.
Die Forderungen des Bundestags an die Regierung sind umfassend: Honorarberater dürften keine Bestandsprovisionen erhalten und hätten sowohl über einen formalisierten Sachkundenachweis sowie über eine Berufshaftpflicht zu verfügen. Zudem müssten Anbieter dazu angehalten werden, Nettotarife für alle Produkte des Finanzmarktes einzuführen und diese im Produktinformationsblatt auszuweisen. Nur so sei die Marktfähigkeit einer Honorarberatung garantiert.
Die Entlohnung der Honorarberater könne auf Stundenbasis erfolgen. Ob letztlich entsprechende Gebührenordnungen notwendig seien, solle über einen Zeitraum von drei Jahren evaluiert werden. Aufsichtsberechtigt sei die BaFin. Doch beim Abschluss der der Finanzanlage soll der Honorarberater letztlich doch unterstützen können: Beratung und Abschluss zu trennen, sei „sinnwidrig“. Provisionsunabhängige Produkte (sprich, Nettotarife) würden die Unabhängigkeit der Beratung dabei gewährleisten.
Kein Wort verliert der Antrag über die bestehenden Versicherungsmakler, Vermittler und Vertreter und welche Auswirkungen die Einführung der Honorarberatung der Nettotarife für diese Branche haben könnte - die Frage, ob nun alle Vermittler Honorarberater werden müssen, steht nach wie vor im Raum.