In den vergangenen Jahren ist immer wieder die Diskussion entbrannt, welche Zugangsvoraussetzungen für den Pflegeberuf erforderlich sind. In Anbetracht des drohenden Pflegenotstands in Deutschland war und ist die eindeutige Tendenz der Politik, die Zugangsvoraussetzung auf Hauptschulniveau abzusenken.
Die EU-Kommission hat währenddessen im Dezember 2011 in Brüssel einen Reformvorschlag zur Anerkennung von Berufsqualifikationen vorgestellt. Demnach sollen die Staaten die Zulassungsvoraussetzung für bestimmte Pflegeberufe von zehn auf zwölf Jahre Schulausbildung anheben.
Nach EU-Angaben ist das schon heute in 24 Mitgliedsstaaten der Fall. Nicht aber in Deutschland. In der Regel führen zwölf Jahre Schulzeit zum Abitur. Eine vergleichbare Ausbildung soll allerdings auch anerkannt werden können. Als Grund für den Vorstoß nannte die EU-Kommission die beruflich gestiegenen Anforderungen in den Pflegeberufen.
Im Jahr der Pflege, so vom Gesundheitsministerium für 2011 proklamiert, hat sich Minister Bahr gleich öffentlich zu den Plänen geäußert, dass diese das falsche Signal seien. Und er habe sich in Brüssel persönlich gegen diese Pläne gewehrt und würde das auch weiter tun. Seiner Auffassung nach müssten auch Haupt- und Realschülern die Möglichkeit haben, einen Pflegeberuf zu ergreifen. Häufig käme es vielmehr auf die soziale Kompetenz an, statt auf die verbrachte Zeit in der Schule.
Für den Vorstandsvorsitzenden des Bundesverbands Pflegemanagement Peter Bechtel erscheint dieses Statement als paradox, denn damit würden wir von einem Extrem ins andere fallen und somit keinen Schritt weiter kommen. „Vielmehr brauchen wir in der politischen und inhaltlichen Diskussion endlich eine Trennschärfe für den Begriff Pflege, der aktuell inflationär verwendet wird und die komplette Bandbreite, von der hauswirtschaftlichen Tätigkeit bis zur hochkomplexen Intensivpflege, abdeckt.
Ergänzend dazu muss die Frage beantwortet werden, welche Berufsgruppe im Gesundheitsversorgungssystem der Zukunft, welche Aufgaben und mit welcher Qualifikation übernimmt“, so Bechtel. Erst dann könne geklärt werden, welche Voraussetzungen erforderlich sind, um eine entsprechende Qualifikation zu erreichen und die übertragenen Aufgaben im Sinne einer qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung überhaupt zu erfüllen. Gleichzeitig würde diese Neuausrichtung dazu führen, dass die leidige und unergiebige Diskussion um Delegation, Substitution oder Allokation von ärztlichen Aufgaben endlich ein Ende fände. In diesem Kontext mache es auch Sinn, für die professionell Pflegenden mit Prozessverantwortung, als Zugangsvoraussetzung eine 12-jährige Schulbildung für das grundständische Pflegestudium zu fordern, Bechtel weiter.