Laut EU-Richtlinie Solvency II müssen Versicherungsunternehmen für Aktieninvestments bis zu 49 Prozent Eigenkapital hinterlegen, für Anlagen in Immobilien hingegen nur 25 Prozent. Eine Folge: Auf der Suche nach rentablen und gleichzeitig sicheren Anlageformen nehmen Versicherungsunternehmen immer häufiger die Immobilienfinanzierung in den Blick.
Dort machen sie den Banken Konkurrenz, die sich infolge der für ihre Branche verschärften Regulierungsvorgaben – Stichwort Basel III – in diesem Geschäftsfeld bereits zurückhalten. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Marktbeobachtung von Steria Mummert Consulting.
„Das Regulierungspaket Basel III hat unter anderem die quantitativen und qualitativen Anforderungen an das von den Banken für jeden ausgegebenen Kredit vorzuhaltende Eigenkapital verschärft. Die befürchtete Kreditklemme blieb bisher zwar aus, doch die Banken verhalten sich zunehmend vorsichtiger bei der Kreditvergabe“, sagt Dr. Ulrich Meyer, Leiter Financing and Core Banking bei Steria Mummert Consulting.
Das eröffnet den Assekuranz-Unternehmen auf der Suche nach höherverzinsten Anlageformen neue Möglichkeiten. Schon heute haben die deutschen Erstversicherer zusammen rund zehn Milliarden Euro an Unternehmen verliehen. Zusätzlich refinanzieren Versicherer bereits in großem Umfang Immobilienfinanzierer oder investieren selbst in Immobilien. Inzwischen bieten alle Versicherungen darüber hinaus Immobilienfinanzierungen und viele auch Bausparprodukte an. Diese setzen sie mit eigenen Mitteln oder einem Partner-Modell um.
Für den Aufbau des Deckungsstocks der Assekuranz-Unternehmen gelten strenge Regeln hinsichtlich Streuung, Sicherung und Rentabilität, die durch Immobilieninvestments meist erfüllt werden. Bei flacher Zinsstruktur, Unsicherheiten an den Anlage- und Aktienmärkten sowie Risiken bei Staatsanleihen bieten direkte Immobilienfinanzierungen im aktuellen Umfeld einen akzeptablen Weg zur Kapitalanlage. Sie bieten bei überschaubarem Risikoprofil und geringer Markteintrittsbarriere eine Möglichkeit, die hohen Passivüberhänge (niedrigeres Kreditvolumen als Einlagenbestand) der Banken abzubauen. Zudem müssen Versicherungen für Aktieninvestments nach Solvency II bis zu 49 Prozent Eigenkapital hinterlegen, für Immobilienengagements hingegen nur 25 Prozent.
„Banken sollten sich nicht zu sehr auf geübte Nachfragemuster verlassen“, warnt Dr. Meyer, „Herr Kaiser hat zwar keinen Zutritt zur Private-Banking-Klientel von Banken, aber große Makler führen jahrzehntelange Kundenbeziehungen sowie eine internationale Präsenz ins Feld, die vielen regionalen Kreditinstituten unerreichbar ist.“ Zudem hat die Assekuranz teilweise einen deutlichen Vorteil auf der Konditionenseite, da Banken erhebliche Passivüberhänge haben. Langfristige Immobilienfinanzierungen sind für Banken eine der wenigen Möglichkeiten, die Lücke zwischen kurzfristigen Passiva und langfristigen Aktiva zu schließen, ohne Risiken bei der Meldepflicht zu generieren.
Für Versicherer sind private Baufinanzierungen generell ein gutes Cross-Selling-Produkt, ohne gleich einen kompletten Allfinanzansatz umsetzen zu müssen. Zudem treten Versicherungen seit Jahren mit dem kombinierten Versprechen „Sicherheit und Vermögen“ auf. „Das wirkt auf die Sicherheit der Bauprojekte bezogen sympathischer als der Ansatz der Banken, den Ausfall der Kreditbedienung abzusichern“, erklärt Dr. Meyer. „Um ihren Marktanteil gegen die Versicherungen zu verteidigen, sollten Banken auf ein individualisiertes Angebot setzen.“