Lange angekündigt, nun endlich umgesetzt: Mit einem bundesweit einmaligen Modellprojekt können sich Mieter, Hausbesitzer und Unternehmer ab sofort informieren, wie stark ihr Gebäude durch Naturgefahren wie Starkregen, Sturm und Blitzschlag bedroht ist. Einen Wermutstropfen gibt es jedoch: Auf dem Online-Portal zuers-public.de werden vorerst nur die Daten für den Freistaat Sachsen angezeigt.
Die Cospudener Seenlandschaft im Süden von Leipzig hat sich zu einem beliebten Ort für Touristen und Einheimische entwickelt. Doch wer sich dort ein Haus bauen will, zwischen Auenwäldern, Radwegen und nahe dem Segelboot-Hafen, der muss hohe Versicherungsprämien für eine Wohngebäude- oder Elementarschadenversicherung einplanen. In Blau getaucht zeigt sich das gesamte Gebiet auf der Online-Plattform zuers-plubic.de: Mit Hochwasser ist hier durchaus zu rechnen!
Lange war sie angekündigt, nun endlich startet die Webseite „Zürs public“ ihren Betrieb. Hier können sich Mieter, Hausbesitzer und Gewerbetreibende online informieren, wie stark ihr Gebäude durch Hochwasser gefährdet ist. Aber auch über die Wahrscheinlichkeit anderer Naturrisiken wie Starkregen, Blitzschlag und Sturm gibt die Webseite Auskunft: Mit wenigen Mausklicks bekommen Interessierte das Risiko für ihren Wohnort angezeigt. Träger des bundesweit einmaligen Projektes sind der Freistaat Sachsen und die deutsche Versicherungswirtschaft.
Verständliche Informationen für jedermann
Es ist kein Zufall, dass „Zürs public“ in Sachsen startet. Immer wieder sorgten hier Überschwemmungen für hohe Schäden, das Elbhochwasser im Jahr 2002 machte als „Jahrhunderthochwasser“ Schlagzeilen. Zuletzt trat die Elbe 2010 in der Region um Görlitz über die Ufer – und zerstörte neben Bahnanlagen, historischen Bauten und Wohnhäusern auch die Lebensgrundlage vieler Menschen. Besonders bitter: Oftmals waren Gebäude betroffen, die vor wenigen Jahren mit öffentlichen Geldern wieder aufgebaut worden waren.
Zürs public soll nun den Menschen das Naturgefahrenrisiko bewusst machen und sie dazu motivieren, vorbeugende Maßnahmen zu treffen. „Mit Zürs public erkennen die Sachsen das Naturgefahrenrisiko auf einem Blick und können es dadurch besser bewerten“, erklärt Bernhard Gause, Mitglied der Hauptgeschäftsführung beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). „Jeder soll sich schnell und ohne Vorkenntnisse informieren können.“
Zürs public soll bundesweit Verbreitung finden
Zunächst startet das Internetportal „Zürs public“ als öffentliche Testversion nur in Sachsen – Doch nach erfolgreicher Testphase soll es im gesamten Bundesgebiet Verbreitung finden. Langfristiges Ziel der Versicherungswirtschaft sei es, bundesweit einfache, einheitliche und verständliche Informationen über die örtliche Hochwassergefahr zur Verfügung zu stellen, heißt es in einer Pressemeldung des GDV. Das Webportal ist hierbei Teil einer übergreifenden Informationskampagne für mehr Naturgefahrenschutz, die vom Land Sachsen, der Verbraucherzentrale Sachsen sowie der deutschen Versicherungswirtschaft nach dem Görlitzer Hochwasser 2010 angeregt wurde.
Ganz selbstlos ist das Projekt von Seiten der Versicherungswirtschaft allerdings nicht: Auch über den richtigen Versicherungsschutz sollen sich die Besucher des Portals Gedanken machen. „Viele Sachsen sind nach den Sommer-Hochwassern 2010 aktiv geworden und schützen ihr Hab und Gut jetzt auch gegen Überschwemmung und Starkregen“, erklärte Gause bereits in einer früheren Pressemitteilung. „Dennoch haben 54 Prozent der Hausbesitzer keinen ausreichenden Versicherungsschutz, wenn deren Häuser und Wohnungen durch Starkregen oder Hochwasser überfluten“. Speziell die Elementarschadenversicherung soll mit dem Projekt beworben werden - Eine Wohngebäudeversicherung allein würde nur unzureichenden Schutz bieten.
Vielen Menschen in Görlitz wird dies wenig nützen, denn nach dem dritten Hochwasser in wenigen Jahren ist es in der Region vielerorts unmöglich, sein Hab und Gut gegen Hochwasserschäden abzusichern – die Assekuranz gewährt in besonders gefährdeten Gebieten schlichtweg keinen Schutz mehr. So blieb den geschädigten Hauseigentümern bereits nach der Katastrophe 2010 nur die Möglichkeit, für den Wiederaufbau ein zinsverbilligtes Sonderdarlehen des Staates Sachsen aufzunehmen und somit den Gang in die Verschuldung zu wählen. Ein Argument, das GDV-Mitglied Gause nicht zählen lassen würde: 99 Prozent der Wohngebäude in Deutschland seien problemlos gegen Naturgefahren versicherbar, argumentiert Gause auf der Webseite des Versicherungs-Dachverbandes.
Hintergrundinformationen: Das Zonierungssystem für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen (ZÜRS Geo) ist ein geografisches Informationssystem der deutschen Versicherungswirtschaft, um das Naturrisiko Hochwasser risikogerecht kalkulieren zu können. Seit der ersten ZÜRS-Geo-Version wurden bis heute mehr als 20 Millionen Hauskoordinaten in das System eingespeist, rund 200.000 Kilometer Fließgewässer in das System integriert und Überschwemmungsdaten bei mehr als 200 Wasserwirtschaftsbehörden in allen Bundesländern gesammelt. Mit der öffentlichen Testversion ZÜRS public werden jetzt erstmals Hochwasserdaten von ZÜRS Geo der Öffentlichkeit zugänglich gemacht – zunächst beschränkt auf Daten des Freistaates Sachsen.