Der "Schutzvereinigung deutscher Vermittler von Versicherungen und anderen Finanzdienstleistungen e.V." (SdV) hat sich im Rahmen der Konsultationen der BaFin für den grundsätzlichen Beibehalt des Provisionsabgabeverbots ausgesprochen.
Dass die gegenwärtigen einzelnen Bestimmungen des Verbots in Teilausprägungen anders gefasst bzw. modernisiert werden können und möglicherweise auch sollten, räumt der SdV dabei gleichzeitig ein.
Provisionsabgabeverbot: Verbraucher und Vermittler wären gemeinsam die Verlierer
Verbraucher würden zwar kurzfristig zu einem scheinbaren Vorteil gelangen durch den erhaltenen Provisionsanteil, langfristig jedoch in aller Regel erhebliche Nachteile erleiden. Durch einen Wettbewerb unter den Vermittlern um die höchste Provisionsweitergabe an den Kunden tritt die bedarfsgerechte Beratung zwangsläufig in den Hintergrund. Die Folge wären häufige Vertragsabschlüsse, die dem Bedarf des Kunden nicht entsprechen, befürchtete der SdV.
Zudem würden verstärkt besonders provisionsträchtige Produkte angeboten, um diesem Wettbewerb gerecht zu werden. Der Verbraucher zahlt also die zunächst erhaltene Provision letztlich aus seinem eigenen Portemonnaie, und zwar mit seinen höheren Beiträgen oder schlechteren Leistungen aus einem mit hohen Abschlusskosten belasteten Produkt. Und da er selten auch nur annähernd die gesamte Provision erhalten dürfte, geht diese Rechnung dann regelmäßig sogar erheblich zu seinen Lasten, da der über die Provisionsweitergabe hinausgehende Teil der Abschlusskosten durch ihn bezahlt werden muss.
Insbesondere kleinere Vermittlerunternehmen würden nicht unerheblich in ihrer Existenz bedroht, da ihnen durch die Weitergabe von Provisionen die Deckung ihrer betrieblichen und persönlichen Kosten nicht mehr möglich wäre.
Bisherige gesetzliche Vorgaben hatten des Weiteren stets das Ziel, für den Verbraucher mehr Transparenz in einer für ihn sehr komplexen Materie zu schaffen und ihm somit eine bessere Entscheidungsgrundlage zu geben. Aus diesem Grund hat der Vermittler beim ersten Geschäftskontakt über seinen Status zu informieren und anschließend auch die Beratung zu dokumentieren. Der Kunde erhält vor Abschluss der besprochenen Produkte sämtliche Unterlagen einschließlich des Produktinformationsblatts. Alle diese aus Verbrauchersicht sinnvollen neuen Regelungen fallen auch dadurch stark in ihrer Bedeutung und Wirkung, da der potenzielle Versicherungsnehmer nun mit einem Teil der Provision gelockt bzw. „gekauft“ werden kann.
Fällt das Provisionsabgabeverbot, wären Vermittler und Verbraucher gemeinsame Verlierer
Schwarzen Schafen unter den Vermittlern würde es jetzt besonders leicht gemacht, urteilt der SdV. Provisionen unter anderem für Lebensversicherungen werden bekanntlich diskontiert (bevorschusst). Für eine Police mit 200 € Monatsbeitrag über 30 Jahre Laufzeit wird eine Provision von etwa 3.000 € bezahlt, was rund 4 % der Beitragssumme entspricht. Wird z. B. die Hälfte dieser Provision an den Kunden gezahlt, weil dieser droht, sonst anderweitig abzuschließen, steht der abgebende Vermittler mit 1.500 € im Risiko: Zahlt der Kunde nicht mindestens 2 ½ Jahre lang Beiträge, muss der Vermittler an die Versicherungsgesellschaft mehr zurückzahlen, als ihm nach Provisionsabgabe überhaupt verblieben ist. Zahlt der Kunde nach Erhalt der Provision gar nicht, bleibt der Vermittler sogar auf einem Verlust von 1.500 € sitzen.
So wird der Vermittler auch zum ungewollten Kreditgeber an den Kunden: Es besteht durchaus die Gefahr, dass Menschen, die durch überzogenen Dispokredit, ratenrückständige Konsumentenkredite und unbezahlte Rechnungen nirgendwo mehr Geld bekommen, schnell auf die neue Möglichkeit der Geldbeschaffung kommen und Vermittlern hohe Vertragsabschlüsse anbieten gegen eine entsprechende Beteiligung an der Provision.
In Folge dieser unausweichlich bevorstehenden negativen Entwicklung wird es in naher Zukunft auch bei den Versicherern zu merklich erhöhten Forderungsausfällen kommen, da der Anteil vorzeitig stornierter Versicherungsverträge spürbar steigen wird und Rückforderungen unverdienter Provisionen gegen die betreffenden Vermittler deutlich öfter uneinbringlich sein werden. Diese Verluste gehen dann wiederum zu Lasten der Verbraucher, die ihre Versicherungsverträge laufend mit Beiträgen bedienen.
Versicherungsnehmer, die Abschlüsse im Rahmen der staatlich geförderten Altersversorgung tätigen, erhalten einen Teil dieser Förderung über den Umweg der Provisionsweitergabe sofort wieder ausgezahlt. Damit würde die staatliche Förderung teilweise ad absurdum geführt.
Vielfach wurde gegen das Verbot ins Feld geführt, dass Deutschland das einzige Land ist, in dem es ein solches Verbot gibt. Das widerstrebe den EU-Prinzipien, sagen die Befürworter der Abschaffung. Dabei sei daran erinnert, dass auch bei der Einführung der EU-Versicherungsvermittler-Richtlinie viele deutsche Besonderheiten berücksichtigt wurden, und das aus gutem Grund. Die deutsche Versicherungslandschaft ist nun mal über die letzten Jahrzehnte anders gewachsen bzw. hat sich anders ausgeprägt als in anderen Ländern und es ist daher gut so und im Sinne der deutschen Verbraucher, darauf Rücksicht zu nehmen. Es wäre ein Fehler, alles in ein einheitliches Korsett zu pressen. Das hilft niemandem und schadet mehr als es nützt.
Schließlich ist völlig ungeklärt, wie eine weitergegebene Provision steuerlich zu behandeln ist. Ist es beim abgebenden Vermittler Betriebsausgabe? Und wie wird die erhaltene Provision beim empfangenden Versicherungsnehmer besteuert?
Fällt das Provisionsabgabeverbot, wären Vermittler und Verbraucher gemeinsame Verlierer
Begünstigungsverbot beibehalten
Von ebenso großer Bedeutung ist die Beibehaltung des insbesondere für Versicherer geltenden Begünstigungsverbots.
Ohne ein solches Verbot wären insbesondere Versicherungsnehmer mit kleinvolumigen privaten Versicherungsverträgen benachteiligt bzw. der Begünstigung von für den Versicherer lukrativeren Geschäftsabschlüssen insofern schutzlos ausgeliefert, als dass die Begünstigung, die der Versicherer anderen Versicherungsnehmern gewährt, zu Lasten des Gesamtkollektivs und damit auch zu ihren Lasten ginge. Mit dem Verbot wird sichergestellt, dass auch Verbraucher mit niedrigem Einkommen und daher Vertragsabschlüssen mit entsprechend niedrigen Beiträgen in der Weise geschützt werden, als dass sie adäquat an den Erträgen des gesamten Versicherungskollektivs beteiligt sind bzw. zu-künftig dauerhaft bleiben.
Außerdem würde der Wegfall des Begünstigungsverbots zahlreiche Umgehungsmöglichkeiten für das Provisionsabgabeverbot öffnen.
Das Ziel und der Zweck des Provisionsabgabe- und Begünstigungsverbots dient also eindeutig und erheblich den Allgemeinwohlinteressen, die eine entsprechende Beschränkung von Rechten rechtfertigen.
Ebenso dient die Verbotsnorm erheblich dem Verbraucherschutz. Es gäbe keine anderen ebenso zielführenden Möglichkeiten, die entsprechenden Verbraucherinteressen gleichwertig oder gar besser zu schützen, so der SdV in seiner Stellungnahme.
Durch die Möglichkeit zur Weitergabe von Provisionen an den Versicherungsnehmer wird ein starker Fehlanreiz zum Abschluss von für den Versicherungsnehmer unvorteilhaften Verträgen geschaffen. Nur durch ein grundsätzliches Verbot zur Provisionsweitergabe kann derartigen Fehlanreizen entgegengewirkt werden.