Bildungsbericht warnt vor negativen Auswirkungen des Betreuungsgeldes

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Ein neuer Bildungsbericht von Bund und Ländern warnt vor der Einführung des Betreuungsgeldes. Die frühkindliche Bildung könnte demnach vernachlässigt werden, das erforderliche Geld anderswo fehlen.

Das Betreuungsgeld ist heftig umstritten – am Freitag war die erste Lesung über das Projekt im Bundestag gescheitert, weil die Oppositionsparteien der Abstimmung fernblieben. Auch droht Horst Seehofer mit dem Bruch der Regierungskoalition, falls die Kritik aus den eigenen Reihen nicht verstummt. Doch nun erhalten alle Skeptiker neue Nahrung. Im neuen Bildungsbericht von Bund und Ländern wird offenbar vor einer Einführung des Betreuungsgeldes gewarnt.

Studien belegen Nutzen frühkindlicher Bildung in Betreuungseinrichtungen

Die Nachrichtenagentur dpa zitiert aus einem Papier, dass am Freitag in Berlin vorgestellt werden soll. Der Bildungsbericht war gemeinsam vom Bundesministerium und der Kultusministerkonferenz (KMK) der Länder in Auftrag gegeben wurden. Darin verweisen die Wissenschaftler auf aktuelle Untersuchungen, wonach ein Nutzen von frühkindlichen Betreuungsangeboten eindeutig belegt werden kann.

So verfügten Kinder, die vor ihrer Einschulung mindestens drei Jahre eine Kita besuchten, in der vierten Grundschulklasse beim Lesen und Textverständnis in der Regel über einen Lernvorsprung von einem Schuljahr. Dieser Lernvorsprung sei auch „auffällig“ bei Kindern aus bildungsfernen Elternhäusern und Migranten-Familien. Wesentliche Profiteure von einem Kita-Besuch seien laut Bericht jedoch Kinder aus Familien mit hohem Bildungsniveau, die ohnehin eine Förderung durch ihre Eltern erhalten – etwa durch Vorlesen, Wortspielen und Geschichten erzählen.

Insofern müsse von einer doppelten Benachteiligung gesprochen werden, wenn Kinder aus bildungsfernen Familien weder in der Familie noch in einer Betreuungseinrichtung gefördert werden. Und tatsächlich bemängeln die Wissenschaftler, dass zu viele Kinder „sprachförderbedürftig“ sind – Etwa ein Viertel aller Drei-bis Sechsjährigen weise deutliche Defizite im Sprachgebrauch auf. Dies gelte insbesondere für Kinder mit nicht-deutscher Familiensprache und aus bildungsfernen Familien. Ein Kindergartenbesuch könnte gerade diesen Kindern bessere Chancen bieten.

Forderung nach Ausbau frühkindlicher Bildungsangebote

Als Konsequenz empfiehlt der Bildungsbericht, Kindestagesstätten verstärkt auszubauen und zu fördern. Und auf die Einführung des Betreuungsgeldes zu verzichten, denn die wichtige frühkindliche Bildung könnte damit geradezu verhindert werden. Das Geld für die Betreuungsprämie würde anderswo fehlen: Speziell die Qualität der Kita-Einrichtungen müsse weiter erhöht werden, um Sprachdefiziten vorzubeugen. Schon jetzt stellt die Betreuung von Unter-Dreijährigen Bund und Länder vor gewaltige finanzielle Probleme.

Die Bundesregierung plant jedoch das Gegenteil: Um den Rechtsanspruch auf Betreuung ab 2013 zu gewährleisten, zielt der 10-Punkte-Plan von Familienministerin Kristina Schröder zum Ausbau der Kitas eher auf eine Herabsetzung der Betreuungsqualität. Schon ein 6wöchiger Crashkurs soll ausreichen, um zukünftig als Erzieher tätig werden zu dürfen. Kritiker befürchten zudem, dass viele Kitas restlos überfüllt sein werden – und auch deshalb die Betreuungsqualität in öffentlichen Einrichtungen leidet.