Am kommenden Freitag soll im Bundestag über die neue Pflegereform abgestimmt werden. Doch in der gestrigen Anhörung im Gesundheitsausschuss äußerten sich Gewerkschaften und Sozialverbände überwiegend kritisch gegenüber dem Gesetzesentwurf.
Der sogenannte „Pflege-Bahr“ ist - angelehnt an das Modell der Riesterrente - die staatliche Förderung einer privaten Pflegezusatzvorsorge. Anfang des Monats hatte das Bundeskabinett den Gesetzesentwurf zur „Neuausrichtung der Pflegeversicherung“ (PNG) verabschiedet. Am 1. Januar 2013 sollen die Neuerungen in der Pflegeversicherung in Kraft treten.
In der Anhörung im Bundestag begrüßte der PKV-Verband den Entwurf als „Schritt in die richtige Richtung.“ Als finanzielles Risiko bestünde für die Versicherungsunternehmen allerdings der Kontrahierungszwang: Kein Antragsteller darf aufgrund gesundheitlicher Risiken abgelehnt werden. Um dieses Kostenrisiko zu minimieren, regt der PKV-Verbandsdirektor Volker Leienbach die Einführung von „Pflegepools“ an. Durch diese könnten die Versicherer motiviert werden, staatlich geförderte Angebote in der Pflegezusatzversicherung zu machen.
Unabhängig vom Einkommen soll an Versicherte der gesetzlichen Pflegeversicherung künftig ein Betrag von 60 Euro jährlich zu ihrer Versicherungsprämie gezahlt werden, wenn eine private Pflegezusatzvorsorge abgeschlossen wird. Damit Versicherte eine geförderte Versicherung überhaupt anbieten können, seien die 60 Euro jedoch der Minimalbetrag: „Er sei gerade ausreichend, um den geförderten Tarif auch für solche Personen attraktiv erscheinen zu lassen, die gesund und deshalb für den Abschluss aufgrund des Kontrahierungszwangs nicht angewiesen sind“ so die Stellungnahme des PKV-Verbandes.
Gewerkschaften und Sozialverbänden empfinden Regelung als unsolidarisch
Die Förderung mit 60 Euro im Jahr ist lediglich für Pflegetagegeldvversicherungen vorgesehen und ergeben eine Förderung von 5 Euro pro Monat. Für eine solche Absicherung müssen aber mindestens 10 Euro Versicherungsprämie gezahlt werden. Marco Frank vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) bemängelte, dass mit der Regelung das „Solidarsystem mit den Füßen getreten“ werde. Insbesondere Geringverdiener würden mit einer Förderung von fünf Euro pro Monat „nicht in die Lage versetzt, sich eine private Pflegevorsorge zu leisten“.
Inwieweit sich der Einzelne eine solche Versicherung leisten könne, werde durch den Entwurf nicht berücksichtigt, so Gernot Kiefer vom GKV-Spitzenerband. Auch die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) zweifelt an der Attraktivität der Policen für Personen mit schwachem Einkommen. Der Bund der Versicherten (BdV) befürchtet, sich die Zulagen und die Verwaltungskosten für das Zulagensystem letztlich aufheben. Auch der von der PKV angeregte „Pflegepool“ koste zusätzlich Geld, das in die Tarife eingerechnet werden müsse, so der BdV.