Deutschland war das OECD-Land, das in 2010/2011 den größten Anstieg der Migration zu verzeichnen hatte. Auch die Beschäftigungssituation von Migranten hat sich stärker verbessert als in den anderen OECD-Ländern. Dies geht aus der aktuellen Ausgabe des Internationalen Migrationsausblicks der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hervor, der heute in Berlin und Brüssel vorgestellt wurde.
Infolge der Wirtschaftskrise ist die Migration in die OECD-Länder 2010 erneut gesunken. Insgesamt wanderten 4,1 Millionen Migranten dauerhaft in die OECD-Staaten ein, ein Rückgang von 2.5% gegenüber 2009 (Bericht zum Download).
Der Rückgang machte sich vor allem in den europäischen Ländern, die von der Wirtschaftskrise stark betroffen waren, bemerkbar. So sank die Zuwanderung nach Irland um 55%, nach Griechenland um 31%, nach Portugal um 17% und nach Spanien und Italien jeweils um 10%. Besonders die Personenfreizügigkeit, d.h. die Migration aus der erweiterten EU, ist in diesen Ländern stark zurückgegangen. Innerhalb der EU ging die Personenfreizügigkeit seit Beginn der Krise 2007 um mehr als 450 000 Personen zurück und war damit für rund 75% des OECD-weiten Rückgangs der Migration verantwortlich.
In Deutschland 10 Prozent mehr Zuwanderer
In Deutschland stieg hingegen die dauerhafte Migration in 2010 gegen den OECD-Trend um 10% an. Die vorläufigen Zahlen für 2011 weisen auf eine weitere kräftige Steigerung der Migrationsflüsse hin. Insgesamt war Deutschland das OECD-Land, das in den vergangenen beiden Jahren das stärkste Wachstum der Migration zu verzeichnen hatte. Vorläufige Zahlen weisen auch OECD-weit auf einen Wiederanstieg der Migration in 2011 hin – die Talsohle des Migrationsgeschehens war somit in 2010 erreicht.
Auch die Arbeitsmarktsituation der Migranten hat sich in Deutschland in den letzten Jahren positiv entwickelt. Seit 2008 ist die Beschäftigungsquote der Migranten um 4 Prozentpunkte auf 66.5% gestiegen – deutlich mehr als bei den Nichtzuwanderern (deren Beschäftigungsquote um 1.5 Prozentpunkte anstieg). Dies ist das höchste Wachstum in der OECD, die global einen Rückgang des Anteils der Migranten in Beschäftigung von über 3 Prozentpunkten verzeichnete. Das Wachstum der Beschäftigung in Deutschland war besonders bei zugewanderten Frauen stark ausgeprägt.
Trotz des jüngsten Anstiegs der Migration werden demographiebedingt bereits um 2015 die Abgänge aus der Bevölkerung im Erwerbsalter in Deutschland größer als die Zugänge sein, so der Bericht. Nur in Japan und der Tschechischen Republik wird sich der Rückgang des Arbeitskräftepotentials auf dem Arbeitsmarkt ähnlich früh bemerkbar machen.
Die meisten Zuwanderer stammen aus EU-Ländern
Der überwiegende Teil der Migration nach Deutschland stammt aus der erweiterten Europäischen Union. Polen, Rumänen, Bulgaren und Ungarn stellen die grössten Gruppen der Neuzuwanderer. Die Bedeutung der Türkei, die über viele Jahre das wichtigste Ursprungsland war, ist damit weiter gesunken.
Menschen, die nicht aus der erweiterten EU kommen, und die unter die sogenannte gesteuerte Arbeitsmigration fallen, machen in Deutschland nur rund neun Prozent der Zuwanderung aus. Absolut gesehen konnte Deutschland 2010 aber dennoch über 20.000, überwiegend hochqualifizierte, Arbeitskräfte außerhalb der erweiterten EU gewinnen.
Die Arbeitsmigration von außerhalb der EU macht jedoch nur einen kleinen Teil der hochqualifizierten Migration nach Deutschland aus; auch viele Flüchtlinge und Familienmigranten haben einen Universitätsabschluss. Insgesamt sind im vergangenen Jahrzehnt nach Schätzungen der OECD rund eine halbe Million hochqualifizierte Migranten nach Deutschland gekommen.
Mehr Menschen wandern in die EU ein als in die Vereinigten Staaten
Der Bericht enthält erstmals auch Zahlen zur dauerhaften Einwanderung in die Europäische Union. In 2010 sind rund 1,2 Millionen Migranten aus Nicht-EU Ländern in die EU eingewandert, verglichen mit einer Million in die Vereinigten Staaten. Arbeitsmigration macht 40% der Zuwanderung in die EU aus, aber nur 6% der Zuwanderung in die Vereinigten Staaten, wo drei Viertel der Zuwanderung über Familienmigration erfolgt.
Nur jeder dreizehnte Migrant, der in 2010 in die EU kam, migrierte nach Deutschland. Vor allem Asiaten wandern verhältnismäßig selten nach Deutschland ein. Sie machen nur 2% der zugewanderten Bevölkerung in Deutschland aus, der niedrigste Wert in der OECD. OECD-weit ist fast jeder dritte Migrant aus Asien, 40% davon sind hochqualifiziert.