Bundesländer verlagern Finanzierung auf den Kapitalmarkt

Die deutschen Bundesländer finanzieren sich verstärkt über die Ausgabe von Anleihen und weniger über Kredite. Derzeit sind die Länder mit Anleihen von zusammen 300 Milliarden Euro am Kapitalmarkt verschuldet. Der Anteil der Bankdarlehen am Schuldenbestand geht dagegen zurück. Das sind die Ergebnisse der Studie „Branchenkompass 2012 Public Services“ von Steria Mummert Consulting in Zusammenarbeit mit dem F.A.Z.-Institut.

Die gute Konjunktur und damit verbundene höhere Gewerbesteuereinnahmen haben zwar zu einer verbesserten Einnahmesituation der Länder geführt, doch die Ausgaben steigen massiv. Dadurch ist die Gesamtverschuldung auf Länderebene auch 2011 weiter angestiegen.

Somit muss sich die öffentliche Hand weiter nach Finanzierungsmöglichkeiten umsehen. Dies wird jedoch immer schwieriger, denn die Banken gehen vorsichtiger mit Mitteln für klamme Kommunen und Länder um. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hat ein Limit für den Gesamtkreditbetrag eingeführt – bei mehr als 750 Euro pro Kopf der Bevölkerung bleibt der Geldhahn zu. Andere Banken zeigen sich durch Regulierungen wie Basel III noch zurückhaltender bei der Kreditvergabe. Da sie mehr Eigenkapital vorhalten müssen, ist der Kreditrahmen eingeschränkt.

„Bundesländer konkurrieren mit Unternehmen und Privatpersonen, die oftmals mehr Zinsen zahlen“, sagt Peter Krolle, Experte für Finanzen und Verwaltungssteuerung von Steria Mummert Consulting. „Daher müssen sie sich verstärkt nach Finanzierungsalternativen umsehen oder höhere Zinsen in Kauf nehmen.“ Das macht sich bereits bemerkbar: Der Anteil der Bankdarlehen am Schuldenbestand liegt durchschnittlich nur noch bei 50 Prozent. Die öffentlichen Verwaltungen nehmen stärker den Kapitalmarkt ins Visier. Dabei sind einige Bundesländer bereits sehr aktiv: In Hessen macht der Anteil der Anleihen bereits 70 Prozent aus.

Die Nachfrage nach den als sicher geltenden Bundesanleihen ist größer als bei den Anleihen der Länder. Gerade einige hoch verschuldete Länder zahlen gegenüber dem Bund einen Risikoaufschlag, der beispielsweise bei einer Anleihe mit fünf Jahren Restlaufzeit in Berlin 0,8 Prozentpunkte und in Nordrhein-Westfalen 0,6 Prozentpunkte beträgt. Um diese Unterschiede auszugleichen, fordern die Länder gemeinsame Anleihen. Diese derzeit diskutierten „Deutschlandbonds“ sollen dazu führen, dass hoch verschuldete Länder von dann günstigeren Zinsen profitieren.

„Die Länder sollten sich nicht auf niedrige Zinsen verlassen, sondern aktiv ihre Neuverschuldung eindämmen. Dafür müssen sie die Ausgaben senken, indem sie Prozesse optimieren und Aufgaben auf Effizienz überprüfen“, sagt Peter Krolle von Steria Mummert Consulting. Um die Effizienz zu steigern, wollen 86 Prozent der Befragten Aufgabenkritik betreiben, 73 Prozent setzen auf Prozessautomation und 72 Prozent auf IT-Konsolidierung. Mehr als die Hälfte der Verwaltungen will zur Effizienzsteigerung auf die Angebote öffentlicher Dienstleistungszentren (Shared Service Center) zurückgreifen.

Hintergrundinformationen: Im Januar und Februar 2012 befragte forsa für Steria Mummert Consulting 100 Entscheider aus 100 großen deutschen Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen zu den aktuellen Herausforderungen und den bis 2014 geplanten Maßnahmen, die die Effizienz in der Verwaltung erhöhen sollen. Schwerpunkte waren Verwaltungsmodernisierung, IT und E-Government, Kooperationen mit der privaten Wirtschaft und Bürgerbeteiligung. Die Interviews wurden mit der Methode des Computer Assisted Telephone Interview (CATI) durchgeführt.