Das Thema „Gesetzliche Krankenkasse“ wird auch für den Versicherungsvertrieb immer bedeutsamer. Zusammen mit dem Online-Dienst gesetzlichekrankenkassen.de hat der Versicherungsbote eine mehrteilige Serie gestartet, in der wir die gesetzlichen Krankenkassen und ihre Leistungsunterschiede sowie die Chance als Türöffner im Vertrieb intensiv beleuchten. Im neunten Teil der Serie beschäftigen sich unsere Gastautoren Thomas Adolph und Matthias Eislöffel mit der Erstattung von Naturheilverfahren.
Die moderne Medizin hat die Lebenserwartung und auch –qualität der Menschen deutlich erhöht. Dennoch stehen viele dem Gesundheitswesen skeptisch gegenüber. Man fühlt sich den Ärzten mit ihrem „Fachchinesisch“ ausgeliefert, schreckt vor Apparaten und Schläuchen im Krankenhaus zurück und weiß nicht, welche Nebenwirkungen Medikamente (vor allem, wenn man mehrere auf einmal nehmen muss) hervorrufen können.
Eine „sanfte Medizin“ mittels alternativer Heilmethoden und Naturheilverfahren gewinnt daher für viele Menschen immer mehr an Bedeutung. Die Gesetzlichen Krankenkassen übernehmen hier inzwischen für eine ganze Reihe solcher Verfahren die Kosten, allerdings gibt es auch viele Naturheilverfahren, deren Wirkung äußerst umstritten ist. Und: Auch Naturheilpräparate können Nebenwirkungen haben! Eine Studie von Neurowissenschaftlern hat beispielsweise ergeben, dass die regelmäßige Einnahme von Ginkgo-Präparaten, auf deren Kraft schon Johann Wolfgang von Goethe schwörte, das Risiko eines Schlaganfalls erhöhen kann.
Heilmittelkatalog und Negativliste: Für was dürfen die Kassen zahlen?
Dabei ist von Gesetzes wegen her kaum vorgeschrieben, was die Kassen hier dürfen oder nicht. Ganz klar leisten dürfen die gesetzlichen Krankenkassen für Akupunktur – aber nur bei chronischen Rücken- und Knieschmerzen, ansonsten nicht. Ein gewisser Spielraum für weitere Leistungen ist aber durchaus vorhanden. Sei es eine traditionelle indische Ayurveda-Massage mit ätherischen Ölen oder eine alternative Krebstherapie - manche Kassen sehen auch hierfür eine Leistung vor.
Klarer geregelt ist dagegen, wofür die Kassen nicht leisten dürfen. Hierzu hat der „Gemeinsame Bundesausschuss“, ein Selbstverwaltungsgremium von Ärzten und Krankenkassen eine Negativliste erstellt, in der z.B. auch gerade die so häufig gewünschten Heilpraktikerleistungen enthalten sind – für diese dürfen Gesetzliche Krankenkassen somit nicht leisten! Wer also von seiner Kasse Leistungen für Naturheilverfahren und alternative Heilmethoden erhalten will, muss immer zu einem zugelassenen Arzt mit entsprechender Zusatzausbildung gehen oder eine private Zusatzversicherung abschließen, die Heilpraktikerkosten übernimmt.
Einige Verfahren sind inzwischen in den sogenannten „Heilmittelkatalog“ aufgenommen und damit zur Regelleistung geworden, d.h. sie müssen von allen Kassen bezahlt werden. Hierzu gehören z.B. Kryotherapie, Chirotherapie und Elektrotherapie.
Bei der Kyrotherapie werden zum Beispiel bestimmte Kältetechniken eingesetzt, um rheumatische Erkrankungen zu lindern und Tumore oder Warzen zu entfernen. Dies kann etwa durch erfolgen, dass ein Kühlmittel direkt in das Gewebe eingebracht wird, meist Stickstoff bei -196 Grad. Oder der Patient wird gleich für mehrere Minuten in eine Kältekammer bei -110 Grad eingeschlossen. Das medizinische Verfahren, in den 70er Jahren von dem japanischen Arzt Toschima Yamauchi entwickelt, wird jedoch nicht nur für Heilzwecke angewandt – Befürworter argumentieren, es soll auch die Leistungsfähigkeit von Managern erhöhen und die Sexualität anregen. Die Grenzen zwischen Medizin und Lifestyle-Produkt sind dabei oft fließend.
Kassen haben Nachholbedarf bei Naturheilverfahren
Theoretisch dürfen die Kassen für alles leisten, was nicht vom „Gemeinsamen Bundesausschuss“ verboten wurde. Doch häufig zahlen die Kassen nur für Naturheilverfahren, die von diesem Ausschuss ausdrücklich empfohlen werden. Dabei könnten die Kassen, etwa im Rahmen sogenannter „Modellversuche“, auch die Kosten für andere Methoden übernehmen, praktisch wird dies aber kaum genutzt.
Einige Kassen bieten allerdings Wahltarife bei denen zumindest Medikamente der „besonderen Therapierichtungen“ übernommen werden. Allerdings bindet sich der Versicherte damit für ein Jahr an die Kasse und muss i.d.R. zusätzlichen Beitrag zahlen.
Dagegen haben mittlerweile viele Kassen im ambulanten Bereich für bestimmte Naturheilverfahren (vor allem bei der sehr stark nachgefragten Homöopathie) im Rahmen der „Integrierten Versorgung“ Verträge mit qualifizierten Ärzten geschlossen und können ihren Versicherten so wirklich eine verbesserte Versorgung (ohne Aufpreis) anbieten.
Der „Genehmigungsvobehalt“ des Gemeinsamen Bundesausschusses für Naturheilverfahren gilt übrigens nicht bei stationären Behandlungen im Krankenhaus. Hier dürfen die Kassen auch für Verfahren leisten, die sie ambulant in der Arztpraxis nicht übernehmen dürfen.
Versicherte, die eine Kasse suchen, die für ein bestimmtes Naturheilverfahren leistet, sollten daher unbedingt vorher mit der Kasse sprechen. Eine große Hilfe bieten den Versicherten hier Vergleichsportale wie z.B. www.gesetzlicheKrankenkassen.de bzw. www.kassensuche.de. Hier finden die Versicherten kostenfrei eine Gegenüberstellung der Leistungen der Krankenkassen und viele weitere Informationen zum Krankenversicherungssystem, zu gesetzlichen Leistungen, Zusatzversicherungen sowie Hinweise zum Kassenwechsel mit Musterschreiben.
Im nächsten Teil unserer Serie geht es dann um Auslandsreisen und den Zahnbereich.
August 2012, Thomas Adolph & Matthias Eislöffel/Überarbeitung: Mirko Wenig